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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Haufen Holz, der von Sekunde zu Sekunde weiter abgetragen und in Einzelteilen davon geschwemmt wurde. Plötzlich sah ich in den Strudeln unter mir inmitten von zerborstenen Balken ein weißes, entsetztes Gesicht, das zu mir hoch starrte. Dann war Marcus Aemilius Scaurus im Tiber verschwunden, verschluckt von den reißenden Fluten, begraben unter den Bruchstücken seines eigenen größenwahnsinnigen Prachtbaus.
    Von überall hörte ich die Menge wieder und wieder etwas skandieren, als würde sie ein Wagenrennen oder einen Gladiatorenkampf verfolgen. Ich hob den Blick zum Ostufer, das aussah wie ein Unterkiefer, aus dem ein Zahn herausgebrochen war. Nach und nach verstand ich auch, was dieLeute riefen: »Tiber! Tiber! Tiber!« Ja, der erste und ewige Meister, Vater Tiber, war wieder einmal siegreich gewesen.
    Julia fand mich im provisorischen Hauptquartier der Ädilen, das ich auf der Terrasse des Tempels des Jupiter Optimus Maximus eingerichtet hatte. Ich hatte die Berichte meiner Mitbeamten entgegen genommen, während Asklepiodes meine zahlreichen kleinen Wunden verband. Cato hatte Justus in Schutzhaft genommen, seine Spürhunde hatten eine heiße Spur von Harmodias und erwarteten, ihn in Kürze zu ergreifen.
    Gleichzeitig ließ er die Privatunterkünfte von allen Männern auf Lucilius' Liste beobachten. Zu meiner nicht geringen Befriedigung würde ich den Namen eines ehrbaren Mannes reinwaschen.
    Julia hatte meine beste Toga und einen Barbier zum Rasieren mitgebracht. Vorher hatte ich schon die Gelegenheit genutzt, mich kurz in einem Pferdetrog zu waschen.
    »Warum mußt du immer solche Sachen machen, mein Lieber?« fragte sie, während Hermes ihr half, mich präsentabel zu machen. Sie schlang ihre Arme um mich, und ich protestierte.
    »Du weißt doch, wie unseresgleichen über öffentliche Zuneigungsbekundungen denkt«, sagte ich.
    Sie lächelte. »Ja, der alte Cato wird von einem Schlaganfall getroffen zu Boden sinken.«
    »Nun, in diesem Fall …« Ich packte sie und drückte ihr zum Entsetzen des halben versammelten Senats einen fetten Kuß auf die Lippen. »Am seltsamsten ist« sinnierte ich, während sie versuchte, mein Haar zu verschiedenen Frisuren zu legen, »daß es bei all den Verbrechen, dem Betrug und der Gier dieser verabscheuungswürdigen Männer am Ende die Liebe eines Sklaven war, die alles zum Einsturz gebracht hat.«
    Sie hielt überrascht inne. »Was meinst du damit?«
    »Liebe und Verzweiflung«, sagte ich. »Es war der Sklave, der sich Antaeus nannte. Als man ihn fand, konnte er kaum sprechen. Zuletzt sagte er etwas wie ›Gala … Gala …‹ und dann ›verflucht‹. Er hat versucht, den Namen des armen Mädchens Galatea zu stammeln. Offenbar hat er sie geliebt. Einer der Männer, Scaurus, Messala, Folius oder alle drei zusammen haben die beiden zu dem Mord an Lucilius angestiftet; danach wurde sie im Haus des Folius wie eine Gefangene gehalten. Sie muß sogar versucht haben zu fliehen, denn als ich ihre Leiche gesehen habe, trug sie den Halsring einer Ausreißerin. Antaeus hat versucht, Scaurus dazu zu bewegen, ihn und das Mädchen aus diesem Haus weg zu kaufen, doch der wollte nicht.
    Das Mädchen war zum jüngsten Opfer bei den Spielen des Paares geworden.
    Also beschloß der Sklave, sie zu töten und das Ganze als Einsturz einer Insula zu tarnen. Er bohrte Löcher in die Stützbalken, die er mit Kerzen verstopfte für den Fall, daß jemand in den Keller kam, bevor er fertig war. Vielleicht hatte Messala ihm die Freiheit versprochen, wenn er die Folii erledigte, die für alle zu einer Peinlichkeit geworden waren.
    Vielleicht hat er es auch aus eigenem Antrieb getan. Vielleicht hatte er geplant, das Mädchen davon zu tragen, während hinter ihnen das Haus einstürzte. Aber in jener Nacht haben die beiden ihre Spiele ein wenig zu weit getrieben, und das Mädchen starb unter ihren Peitschenhieben. Da beschloß unser Sklave, die Sache zu Ende zu bringen. Erst brach er ihnen für den unwahrscheinlichen Fall, daß sie überleben sollten, das Genick, was er als Ringer gewiß höchst effizient beherrschte. Dann bohrte er einfach so lange weiter, bis es vorbei war. Er muß sehr überrascht gewesen sein, als er aufwachte und noch lebte.«
    »Wie schrecklich!« rief Julia und verzog das Gesicht, bevor sie, den Sinn stets aufs Praktische gerichtet, fragte: »Wird dich das von deiner Familie entfremden?«
    »Ich weiß es nicht, und es ist mir auch ziemlich egal. Der Plan mit Pompeius wird mit oder ohne

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