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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Ädile.« Er warf einen Blick zur Bühne. »Ihr ändern, übt weiter! Ihr habt nur noch wenige Tage, um eure Rollen einzustudieren!«
    »Sind die Sitzkissen gekommen?« fragte ich und ließ den Blick über dieBankreihen schweifen. »Ich habe Sitzkissen bestellt, edle Ware aus ägyptischem Leinen, ausgestopft mit ungesponnener Wolle. Kein Gras oder Heu! Nein, frisch geschorene Schafswolle.«
    »Dafür ist es noch viel zu früh, Ädile«, warnte mich Syrus.
    »Sie würden bloß naß werden. Die Lieferung der Kissen sollte ein oder zwei Tage vor dem Fest eintreffen.«
    »Nun, wenn sie bei der ersten Aufführung nicht da sind, werden Köpfe rollen.« Ich war wild entschlossen, diese Kissen zu haben, weil jeder sie für unglaublich extravagant halten würde. In Wahrheit handelte einer meiner Klienten mit Wolle und Tuch, und wenn die Vorstellung zu Ende war, konnte er die Kissen wieder in ihre Einzelteile zerlegen und mir wenigstens drei Viertel meiner Auslagen zurück erstatten. Und das beste war, daß die Kissen Cato erzürnen würden. Er schäumte jedesmal vor Wut, wenn eine Neuerung auftauchte, die den Menschen das Leben bequemer machte.
    Wir kamen in einen Gang unter der Bühne, während Syrus sich und seine Arbeit lobte. »Ädile, ich habe die Szene umgeschrieben, in der König Ptollmaios versucht, in Crassus' Haus einzudringen. Er überrascht jetzt nicht mehr Crassus im Bett mit Caesars, sondern General Gabinius im Bett mit Crassus' Frau!«
    Ich nickte. »Nach allem, was man aus Ägypten hört, ist Gabinius ungemein erfolgreich. Höchste Zeit für ein wenig Verleumdung, Hohn und Spott.«

    Syrus strahlte zufrieden. »Genau das dachte ich auch. Zu viel Lob weckt die Eifersucht der Götter, also tun wir ihm im Grunde einen Gefallen.« Syrus war der bedeutendste Vertreter eine neuen Ausprägung der politischen Satire. Sie galt als skandalös, und diverse Senatoren hatten bereits versucht, sie verbieten zu lassen, doch beim Plebs war sie ungeheuer beliebt, so daß die Tribunen darauf achteten, daß entsprechende Gesetze nicht verabschiedet wurden. Wer konnte, engagierte Syrus, um seine politischen Gegner und Feinde verunglimpfen und erniedrigen zu lassen. Früher oder später würde irgend jemand ihn dafür bezahlen, mich zum Objekt seiner Betrachtung zu machen, und das war etwas, worauf ich mich gar nicht freute.
    »Wie kommen die Proben für Agamemnon voran?« fragte ich ihn. Syrus verzog das Gesicht, als hätte er in etwas Saures gebissen. »Es ist nicht der Agamemnon von Aischylos, sondern die Antigone von Sophokles, wie du dich erinnern wirst.«
    »Ach ja, ich verwechsel die alten Knacker jedesmal. Für mich hören sie sich alle gleich an, aber meine Frau ist ganz verrückt nach ihnen. Die Proben laufen doch gut, oder?«
    Er schloß die Augen. »Ganz wunderbar, Ädile. Tränen, Mitleid undEntsetzen werden an der Tagesordnung sein.« Ich konnte nicht erkennen, warum das von Belang war, sondern fragte nur aus Höflichkeit. Die Tragödie wollte sowieso keiner sehen, mit Ausnahme von ein paar Gelehrten wie Cicero vielleicht, einigen hochgeborenen Damen sowie den widerstrebenden Gatten, die sich hatten mit schleifen lassen. Der Plebs liebte die Komödien und Satyrspiele, den Mimus und die Volkspossen der Fabula Atella, und ich hatte vor, sie ihnen in reichem Maße zu präsentieren. So radikal wie Pompeius wollte ich dabei allerdings nicht sein. Er hatte auf der Bühne große Tiere und Armeen in nachgestellten Schlachten auf einander prallen lassen. So etwas war gefährlich, und die Idee hatte sich ohnehin als Reinfall erwiesen. Derlei Aktivitäten gehörten anständigerweise in die Arena, nicht ins Theater, und was das anging, war die römische Öffentlichkeit extrem konservativ.
    Wir erreichten eine Außengalerie, die die Kulissenschieber des Theaters benutzten. Sie verlief entlang der geraden Seite des Halbkreises und war mit Taurollen, Farbeimern, Teilen eines Kranes, mit dem man Götter auf die Szenerie herablassen konnte, und dergleichen vollgestopft. Auf mich wirkte das Ganze wie das reinste Chaos, aber für die Leute, die etwas davon verstanden, war es so ordentlich wie die Anordnung auf einem in See stechenden Schiff.
    »Sieh mal dort hinunter, Adile«, sagte Syrus, beugte sich über das Geländer und wies mit dem Finger nach unten. Das tat ich, ebenso wie Hermes. Die Rückseite des Theaters grenzte fast unmittelbar an den Fluß, und die Galerie, auf der wir standen, ragte über das schlammige Ufer wie ein

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