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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Haussklaven beansprucht?«
    »Das habe ich vergessen zu fragen«, gestand er.
    »Hervorragender Wein übrigens. Mit Julia hat sich dein Weinkeller merklich gebessert.«
    »Hat dieser Gaius Folius irgendwelche Beweise für seine Identität vorgelegt?«
    Er zog die Brauen hoch. »Das zu fragen ist mir auch nicht eingefallen. Ist das üblich?« Er kaute auf einer Olive herum und spuckte den Kern ineine Schüssel, die sich rasch mit Obstschalen und Käserinden füllte.
    »Mein alter Freund, du hast mich dorthin geschickt, um die Leichen zu untersuchen, nicht, um für dich als staatlicher Freigelassener zu fungieren.«
    »Wie dem auch sei«, sagte ich. Man mußte Asklepiodes die Dinge auf seine Weise machen lassen. Er konnte launisch sein wie ein griechischer Tragödien-Schauspieler. »Es ist bedauerlich, daß du keine Gelegenheit hattest, sie anzusehen.«
    »Trotzdem war mein Besuch nicht völlig unfruchtbar«, erwiderte er mit listigem Lächeln.
    »Inwiefern?« fragte ich ungeduldig.
    »Ich habe mit den Gehilfen des Bestatters gesprochen, den Männern, die die Leichen waschen, frisieren, schminken, ihre Wunden verdecken und so weiter, um sie für die Bestattung zu verschönern. Es sind überaus versierte Männer, die auf ihre Weise fast genauso viel über Verletzungen wissen wie Chirurgen und Ärzte. Ich habe sie nach dem Zustand der Leichen von Lucius Folius und seiner Frau gefragt.«
    »Und?«
    »Die Leichenwäscher haben mir berichtet, daß die Körper keinerlei Platzwunden oder schwere Hautabschürfungen aufwiesen. Sie hätten durchaus an Erstickung sterben können wie viele andere Opfer, nur daß sie keinerlei Zeichen von Kampf aufwiesen.«

    »Kampf?« fragte ich.
    »Ja. Menschen, die ersticken, wehren sich, sofern sie nicht bewußtlos sind, panisch gegen den Erstickungstod, und schlagen und treten auf alles ein, was ihnen im Weg ist. Wenn es sich dabei um relativ unnachgiebige Baumaterialien wie Holz, Stein oder Backstein handelt, führt das häufig zu tiefen Schürfwunden an Händen, Füßen, Ellenbogen und Knien.« »Das klingt logisch.« Der Gedanke an ein derart entsetzliches Sterben ließ mich erschaudern. Im Vergleich dazu erschien mir der Tod durch einen gallischen Speer beinahe angenehm. »Der Friseur hat mir gesagt, daß sie keinerlei Schürfwunden am Kopf hatten und daß die Schädelplatte unter der Haut nicht geborsten war. Wären die Leichen in den Keller gestürzt und so heftig auf dem Kopf aufgeschlagen, daß ihr Hals gebrochen wurde, wäre eine tiefe Schädelfraktur die logische Folge.«
    »Das heißt«, sagte ich, »ihr Hals wurde gebrochen, bevor sie in den Keller gestürzt sind.«
    »Exakt. Was durch ein weiteres seltsames Indiz bestätigt wird.« Der Wein hatte ihn aufgetaut, und er verfiel unwillkürlich in seinen enthusiastischen Gelehrtenton.
    »Du mußt wissen, daß ich mich hier zu einem Gebiet äußere, das nicht in meinen konkreten Erfahrungsbereich fällt. Als Arzt für Gladiatorenhabe ich es in aller Regel mit ganz frischen Wunden zu tun. Trotzdem habe ich mich natürlich mit den Schriften von Gelehrten befaßt, die jeden Aspekt der Medizin berühren, habe Vorlesungen bei den bedeutendsten Ärzten gehört und mit vielen von ihnen lange und ausführliche Diskussionen geführt, so daß mir die Disziplin der forensischen Pathologie nicht völlig unvertraut ist.«

    »Was ist denn das?« fragte ich.
    »Die Untersuchung von Veränderungen, die nach dem Tod in einem Körper vonstatten gehen. Es gibt nur wenige Experten auf dem Gebiet.« »Das kann ich mir lebhaft vorstellen«, sagte ich. »Die meisten Leute bezahlen einen Arzt, damit er sie wieder gesund macht, nicht dafür, daß er ihre Verwesung überwacht.«
    »Es ist ein verbreiteter Irrglaube, daß Leichen unmittelbar nach ihrem Tod lediglich verwesen«, belehrte er mich. Ich dachte an die Stinkenden Gruben. »Aus meiner jüngsten Erfahrung kann ich dir versichern, daß sie tatsächlich verwesen.« Ich goß meinen Becher noch einmal voll.
    »Das tun sie in der Tat, und aus diesem Grund pflegen wir nur ein oder zwei Tage nach dem Tod verstreichen zu lassen, bis wir die Leichen verbrennen. Doch es gibt eine durchaus regelmäßige und vorhersagbare Abfolge von Zuständen, die eine Leiche im Zuge ihrer stofflichen Auflösung durchläuft und anhand derer sich interessante Schlüsse ziehen lassen. Die Gehilfen des Bestatters haben mir beispielsweise berichtet, daß die Leichen von Lucius Folius und seiner Frau an der Rückenpartie verfärbt

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