Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
fort, »kam ein Bote. Mein Mann empfing ihn und erklärte mir kurz darauf, daß er noch einmal ausgehen und sich mit einem Mann treffen müsse, der ihm wichtiges und für seinen Fall entscheidendes Beweismaterial präsentieren wolle. Ich drängte ihn, ein paar Sklaven als Eskorte mitzunehmen, weil es bald dunkel werden würde. Er sagte, er würde sich für den Heimweg einen Fackelträger mieten, obwohl sich die Sache auch leicht bis zum Morgengrauen hinziehen könnte. Das war das letzte Mal, daß ich ihn gesehen habe.«

    »Hat er dir gesagt, wer diese Person sein könnte?« fragte ich.
    »Nein, nur daß die Sache wichtig wäre und keinen Aufschub duldete.«
    Das war frustrierend, obwohl mir klar war, daß ich schon unwahrscheinliches Glück gehabt hatte, überhaupt so viel von ihr zu erfahren. Die meisten römischen Beamten erzählen ihren Frauen rein gar nichts über ihre Amtsgeschäfte. Die offizielle Erklärung lautet, daß es sich für eine Frau nicht ziemt, sich für derlei Dinge zu interessieren und sie sich statt dessen auf das Aufziehen der Kinder und die Führung des Haushaltes konzentrieren sollte. Die Wahrheit jedoch ist, daß die meisten Beamten ihren Frauen nicht trauen, und das aus gutem Grunde. Einer der Gründe für Caesars großen Erfolg war die Tatsache, daß er kontinuierlich Affären mit den Frauen seiner Rivalen pflegte und deshalb stets über deren nächste Schritte unterrichtet war, so daß er vorbeugende Maßnahmen ergreifen konnte.
    »Und in welchem, ähm … in welchem Lokal wurde er gefunden?«
    Sie ließ die Augenlider sinken und verzog angewidert das Gesicht. »Es heißt Labyrinth .« »Was, in dem Schuppen wurde er gefunden?« platzte es aus mir heraus, bevor ich mich bremsen konnte.
    Sie sah ernsthaft gekränkt aus. »Man hat mir angedeutet, daß es eine recht berüchtigte Lokalität ist.«
    »Das ist grob untertrieben«, murmelte ich und versuchte meinen Schnitzer zu überspielen, indem ich hastig fragte: »Hat er zufälligerweise die Rede hinterlassen, die er vor den Tribunen halten wollte?«
    »Nur ein paar Notizen. Er hatte die Angewohnheit, auf diese Art seine Gedanken zu ordnen, bevor er die Rede gehalten und sie anschließend mit Hilfe seines Sekretärs schriftlich festgehalten und veröffentlicht hat.«
    Das war damals unter römischen Anwalten die übliche Praxis. Cicero hatte sogar so etwas wie eine literarische Form daraus gemacht.Anstatt einen vorbereiteten Text vorzutragen (und es gab Anwälte der alten Schule, die es sogar für unangemessen hielten, Notizen zu verwenden), sprach der Redner, gestützt auf seine Notizen, frei und nahm die rhetorische Feinabstimmung spontan und nach Publikumsreaktion vor, bevor er die Rede anschließend korrigiert und vollendet ausformuliert veröffentlichte, wobei die schriftliche Fassung nicht selten stark vom gesprochenen Wort abwich.
    »Dürfte ich seine Notizen einsehen?« fragte ich.
    Sie erhob sich und ging zu dem Schreibtisch mit seinen Fächern für Schriftrollen. Sie kramte eine Weile herum, rollte eine Schriftrolle aus und entnahm einige darin versteckte lose Blätter, die sie mir gab. Ich entdeckte auf den ersten Blick ein paar vertraute Namen inmitten von ausladendem Wortgedrechsel, das mir verriet, daß er geplant hatte, seine Rede im blumigen asiatischen Stil zu halten, der damals zwar langsam aus der Mode kam, aber nach wie vor praktiziert wurde. Das würde einige Arbeit erfordern.
    »Darf ich die mitnehmen?« fragte ich sie. »Ich werde sie so bald wie möglich zurück bringen. Ich bin sicher, du möchtest die Unterlagen deines Mannes für deine Söhne aufbewahren.«
    »Ich habe keine Söhne«, sagte sie und stand abrupt auf. Unser Gespräch war offensichtlich beendet. »Wenn du die Mörder meines Mannes zur Verantwortung ziehst, kannst du meinetwegen seine ganze Bibliothek auf ihrem Scheiterhaufen verbrennen.«
    Sie begleitete mich durch die Menge der Obdach suchenden zur Tür, und ich verabschiedete mich eilig. Es war schon fast dunkel, als Hermes und ich wieder auf der verstopften Straße standen.
    »Zurück nach Hause?« fragte Hermes.
    »Noch nicht.« Als er das Gesicht zu einer Miene maßlos übertriebener Erschöpfung verzog, erklärte ich ihm: »Unser nächster Besuch wird dir gefallen.«
    »Wohin gehen wir denn?« fragte er skeptisch.
    »Ins Bordell.«
    Ein breites Grinsen brach sich auf seinem Gesicht Bahn. »Das wurde auch langsam Zeit!«

X
    Es wurde Zeit für einen weiteren langen Marsch, und da es schon spät

Weitere Kostenlose Bücher