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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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jetzigen Zeitpunkt deine Vorräte in Anspruch zu nehmen.« Sie nickte. »Das ist sehr aufmerksam. Wie kann ich dir helfen?« Ich zog die kleine Schriftrolle hervor und gab sie ihr. »Lies das.« Sie nahm sie entgegen und wurde blaß, als sie die Handschrift ihres verstorbenen Gatten erkannte. Sie las das Dokument durch und legte es auf den Tisch.
    »Ich kann mich an diese Untersuchung erinnern. Es ist eine von vielen, die er in jenem Jahr durch geführt hat. Er hat mir viele Male erklärt, daß das Theater des Aemilius Scaurus die größte Bedrohung der Öffentlichkeit seit Catilinas Brandstiftern sei und Scaurus ein Dieb mit Ambitionen zum Massenmörder.«
    »Was ist mit der hinzu gefügten Bemerkung des Censors?
    War dein Mann ein politischer Feind von Scaurus und Pompeius?«
    »Er war der Feind all jener, die das Gemeinwohl aus privatem Gewinnstreben ganz unverhohlen gefährden, und dazu zählt Scaurus mit Sicherheit. Ich habe gehört, auch die Sardinier hätten allen Grund zu dieser Ansicht. Was Pompeius angeht, ergibt die Bemerkung keinen Sinn. Er hat im Senat normalerweise mit Pompeius' Lager gestimmt.«
    »Hat er spezielle Drohungen von Bauunternehmern oder Baustoffhändlern erwähnt?«
    Ihre schönen Augen verdunkelten sich. »Eine ganze Reihe. Es verlief nach dem üblichen Muster in solchen Fällen: zuerst Ausflüchte, dann Bestechungsangebote und verschleierte Drohungen, zuletzt offene Ge-waltandrohung. Mein Gatte war ein stolzer Mann. Alle haben angenommen, daß er bereitwillig die Gelegenheit ergreifen würde, sich zu bereichern, da sein Amt sehr kostspielig war.«
    »Das mußt du mir nicht erklären«, seufzte ich. »Wohl nicht. Wie dem auch sei, er hatte Jahre finanzieller Bedrängnis vor sich, doch Bestechungsangebote lehnte er konsequent ab. Er hat sogar versucht, Anklage gegen die Männer zu erheben, die ihn beeinflussen wollten.«
    »Das ist nicht leicht«, erkärte ich ihr. »Von allen Magistraten, die ich kenne, ist es nur Cato gelungen, in solchen Fällen auch tatsächlich Verurteilungen zu erwirken.«
    Sie nickte traurig. »Die Erfahrung haben wir auch gemacht. Die Censoren, Konsuln und seine Mitaedilen haben ihn jedenfalls zunehmend angewidert. Er beschloß, direkt vor die plebejische Versammlung zu treten. Er war sich sicher, daß mindestens zwei oder drei der Tribunen bereit sein würden, eine Reform der Gesetze und Sondergerichte zur Strafverfolgung von Bauunternehmern zu verlangen.«
    »Dann hatte er mehr Vertrauen in diese Demagogen als ich«, bemerkte ich. »Was ist passiert?«
    »Er hat keine Gelegenheit mehr bekommen, diese Pläne in die Tat umzusetzen. Am Abend, bevor er im Circus Flaminius vor dem Kollegium der Tribunen sprechen sollte, wurde er ermordet.« Sie sagte das ohne Tränen in den Augen, wie man es von einer römischen Adeligen erwarten konnte, doch meine lebenslange Erfahrung im Umgang mit Vertretern meiner Klasse hatte mich gelehrt, Gesten und Mimik, Tonfall und Sprachmelodie zu deuten, mit denen wir die Gefühle ausdrücken, die vor Fremden offen zu zeigen wir für unschicklich halten. Diese Frau trauerte noch immer um ihren Mann, und die Wut auf seine Mörder loderte weiter.

    »Und …« setzte ich an, während ich mich fragte, wie ich die Angelegenheit taktvoll zur Sprache bringen konnte. »Kannst du mir vielleicht berichten, wie es dazu kam, daß er -«
    »In einem Bordell ermordet wurde?« fragte sie gerade heraus. »Wie du zweifelsohne weißt, fällt die Oberaufsicht über diese Lokalitäten unter die Kompetenz der plebejischen Adilen.«
    »Die Leute lassen keine Gelegenheit aus, mich daran zu erinnern«, bestätigte ich.
    Sie bedachte mich mit einem noch verhalteneren Lächeln als zuvor.
    »Darüber hat Aulus auch immer geklagt. Nun, die Sache hatte nichts mit seinen Dienstpflichten zu tun. Er hatte sein Amt ohnehin gerade nieder gelegt und hoffte, daß die Tribunen des neuen Jahres seine Sache aufgreifen würden, bevor es mittels Korruption vereitelt wurde.«
    Ich gab zustimmende Laute von mir, obwohl mir nur schwer begreiflich war, daß ein Mann so viele Jahre in der Politik zugebracht haben konnte, ohne zu erkennen, daß die meisten Beamten die fettesten Bestechungen schon kassiert hatten, bevor sie ihr Amt überhaupt antraten. Zweifelsohne hatte er die Sache um seiner Frau willen ein wenig rosiger dargestellt, denn zu diesem Zeitpunkt mußte er schon recht entmutigt gewesen sein.
    »An dem Abend, als er seinen Vortrag vor dem Tribunat vorbereitete«, fuhr sie

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