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Die Rache der Horden

Die Rache der Horden

Titel: Die Rache der Horden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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verrieten die Niederlage.
    Die Lok stoppte zischend, und Andrew sah Pat aus dem Führerstand steigen.
    Er ging auf ihn zu, und der Artillerist kam ihm entgegen, als trüge er eine Last, die im Grunde unerträglich war.
    »Hans ist tot«, sagte Pat steif und blinzelte, um die Tränen zurückzuhalten.
    Andrew sagte nichts und wandte sich ab. Gott, er hätte am liebsten geweint, mit den Fäusten auf die Erde gehämmert oder wäre in einen dunklen Winkel gekrochen, um sich dort für immer zu verstecken. Aber er konnte nicht. Nicht jetzt.
    Hans hatte ihm in Gettysburg zur Seite gestanden und auch später, als Andrew die Leiche seines einzigen Bruders betrachtete.
    »Nicht jetzt«, flüsterte der alte Freund damals. »Trauern Sie später, aber nicht jetzt.«
    Hans war tot. Er hat mir sechs Jahre lang beigestanden, mir alles beigebracht; er war die Kraft, die mir geholfen hat, zu dem zu werden, der ich heute bin. Und jetzt ist er nicht mehr da.
    Andrew wandte sich wieder Pat zu.
    »Es war so knapp, Gott vergebe mir, so knapp«, sagte Pat mit ausdrucksloser, dumpfer, benommener Stimme wie jemand, der im Schockzustand war.
    »Die drei Brigaden?«
    »Keiner ist entkommen. Wurden gezwungen, ein Viereck zu bilden, und dann von der Artillerie niedergemacht.«
    »Ingrao, Anderson, Esterlid, Basil Alexandrowitsch?«
    Pat schüttelte den Kopf.
    Andrew stand da und sagte kein Wort.
    »Lieber Jesus, Sie hätten sie aber sehen müssen!«, seufzte Pat. »Gesungen haben sie, gesungen mit den Stimmen von Engeln, die entschlossen waren, bis zum Ende weiterzukämpfen. Dieser verdammte Deutsche mittendrin, umgeben von den Flaggen. Ich wette, er hat dabei einen Priem gekaut und die Heiligen verflucht.
    Oh Gott, verzeihe mir! Andrew, ich stand da und konnte nichts tun!«, stöhnte Pat. Er sank nach vorn, umarmte Andrews schmale Schultern und wurde von Weinkrämpfen geschüttelt.
    Hans ist tot, dachte Andrew dumpf. Irgendwie hatte er geglaubt, der alte Mann würde ewig leben. Hunderte, wirklich Hunderte Namen hatte er schon stockend ausgesprochen gehört, gefolgt von den geflüsterten Worten: »Er ist tot.« Aber doch nicht Hans … Nein, diesen Albtraum hatte er niemals geträumt.
    Hans für immer dahin.
    »Haben Sie etwas zu kauen?«, fragte er im Flüsterton.
    Pat nickte. Er wich ein Stück weit zurück und zog ein Taschentuch hervor, um sich lautstark zu schnauzen. Dann brachte er einen Priem zum Vorschein und reichte ihn Andrew. Andrew steckte ihn sich in den Mund, und der beißende Geschmack weckte deutliche Erinnerungen.
    »Sie rücken schnell vor«, fuhr Pat fort und bemühte sich um Fassung. »Wir wären beinahe nicht mehr entkommen. Bei Einbruch der Nacht werden sie hier sein und vielleicht morgen den Neiper erreichen. Was ist mit der übrigen Armee?«
    »Inzwischen hinter den Neiper zurückgezogen.«
    Pat nickte geistesabwesend.
    »Wir müssen immer noch einen Krieg ausfechten«, sagte Andrew, legte Pat den Arm um die Schultern und kehrte mit ihm zum Zug zurück, während hinter ihm der Bahnhof angesteckt wurde.

Kapitel 7
     
     
    »Jagt sie hoch!«
    Mina hielt die Fackel an die Zündschnur und verfolgte wortlos, wie das Pulverband in Brand geriet, das Feuer am Ufer entlangzischte und schließlich auf die Brücke abbog. Sekunden später ging die erste Sprengladung hoch, und Holz und Gleise, ein Monat Arbeit, flogen empor. Die weiteren Ladungen entlang der Brücke folgten wie Donnerschläge.
    Die Neiperbrücke brach zusammen. Etliche hundert Meter stromaufwärts detonierte eine weitere Kette von Sprengsätzen, und Augenblicke später bog die erste Flutwelle um die Flussbiegung, als das bislang vom jetzt gesprengten Mühlendamm gestaute Wasser über die Furt strömte.
    Mina warf die Fackel weg und ging zu Andrew hinüber, der neben dem Zug stand.
    »Ich musste es einfach selbst tun«, sagte John leise.
    Andrew nickte kommentarlos und stieg hinter ihm in den Zug.
    Er warf einen kurzen Blick auf den Stuhl in der Ecke mit dem Messingspucknapf daneben. Er räusperte sich, ging zum Kopfende des Tisches und setzte sich.
    »Wie schlimm sind unsere Verluste?«, fragte Kai.
    »Achthundert Gefallene im ersten Korps, dreihundert im zweiten«, antwortete Andrew und blickte auf die Verlustlisten. Er unterbrach sich für einen Augenblick. »Die erste Division des 3. Korps und die Hälfte aller Männer der zweiten und der dritten Division sind tot.«
    Kai lehnte sich zurück und hob den Blick zur Decke.
    »Zehntausend Jungs.«
    Andrew

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