Die Rache der Horden
ein verborgener Plan innerhalb des Plans begründet.
Sein Ka erkannte nun alles, was zu tun war, obwohl der Geist des Schildträgers dagegen rebellierte, genau jene Kraft also, mit deren Hilfe man ohne Gestalt zu reisen und das innere Wissen zu erlangen vermochte. Und er sah sich schweigend an, wie Yourga weinte, der Meister des Weißen Clans, Meister aller Schildträger, die bei ihm gelernt hatten.
Juri bewegte sich unruhig im Schlaf. Erneut erlebte er diesen Albtraum. Einen Augenblick lang war er halb wach und verlor die Fassung. Tränen stiegen ihm in die Augen und trübten das Mondlicht, das durchs Fenster in sein Zimmer fiel. Man nannte es sein Haus, aber es war trotzdem ein Gefängnis, wiewohl es ihm Zuflucht bot vor denen, die ihn kurzerhand umgebracht hätten, den Ausgestoßenen, den Kannibalen, das Schoßtier, den Verachteten. Man gewährte ihm einen Anschein von Bewegungsfreiheit, und doch begleiteten ihn stets Wachen, die mit ihm faule Tage in einem Dorf weit hinter Nowrod verbrachten, wo ihn niemand kannte. Stets waren diese Wachen zur Stelle und behielten ihn im Auge.
Keane. Er war beinahe wach, als der Gedanke sich formte. Keane musste wissen, wieso er, Juri, gekommen war. Keane hatte ihn in dieses Dorf geschickt und gesagt, es diente nur seinem Schutz, der Bewahrung seines Lebens. Aber wofür?
Er blinzelte, um die Augen von den Tränen zu befreien. Keane wusste Bescheid und Tamuka ebenfalls; Juri hörte regelrecht ihre Stimmen. Beide folgten sie geheimnisvollen Plänen, in denen Juri gefangen war. Handelte er aus eigenem Antrieb, oder war er nur die Illusion, die die Machenschaften eines anderen verbarg?
Der morgige Tag versprach die Kopie des Tages zuvor zu werden. Wie alle Tage bisher, abgesehen nur von den seltenen Augenblicken spät abends, wenn sie ihn zu einer der auf Eisenschienen fahrenden Maschinen führten, damit er dort Keane traf und mit ihm redete. Und anschließend führten sie ihn wieder her und er war aufs Neue allein. Es fehlte ihm an nichts. Und doch fehlte ihm alles.
Er schloss die Augen und versank sanft wieder im Schlaf. Und als er einschlief, bewegte der innere Ruf erneut seine Träume.
Kapitel 3
Andrew erstickte fast vor Lachen und wischte sich Tränen aus den Augen.
»Doch still, was schimmert durch das Fenster dort? Es ist der Ost, und Julia ist die Sonne!«
Pat ergötzte sich an dramatischem Überschwang und trug die Zeilen in seinem dicksten irischen Akzent vor, womit er die Yankees im Publikum zu richtigen Lachkrämpfen provozierte. Als er bei mehreren Zeilen ins Stocken geriet, beflügelte ihn das Publikum durch Beifall und lieferte notfalls Stichworte.
»O Romeo! Warum denn Romeo?«
Bob Fletcher trat auf den Balkon, gekleidet wie ein Rus-Bauernmädchen, mit einer Pferdehaarperücke auf dem Kopf, die ihm bis auf die Knie fiel. Rus- und Yankeepublikum lachte schallend, und Bob winkte fröhlich und warf Kusshände, während Pat auf ein Knie sank, flehend hinaufblickte und die Hände rang.
Romeo und Julia warein Erfolg bei den Rus, und obwohl der Text auf Englisch vorgetragen wurde, waren die Rus doch mit der berühmten Szene so vertraut, dass mehr als einer von ihnen die Worte in der eigenen Sprache mitbrüllte.
Auf dem Höhepunkte der Szene kraxelte Pat eine passend hingestellte Leiter hinauf, um den legendären Kuss vorzuführen. Er schloss die Augen und beugte sich vor, und Bob drehte sich um und präsentierte ihm das mehr als breite Hinterteil, und der Vorhang fiel.
Hysterisches Gelächter erschütterte das Theater.
»Welche Mischung aus Chaucer und Shakespeare«, sagte Kathleen und hielt sich die Seiten.
»Gott sei Dank hatten Pat und ein paar weitere Jungs Shakespeare-Ausgaben in ihrem Gepäck«, sagte Emil, als er vom Lachen wieder Luft geholt hatte.
Der derbe Humor hätte zu Hause auf der Erde kaum Anklang bei einem gemischten Publikum gefunden -obwohl haarsträubende Shakespeare-Parodien dort der letzte Schrei waren –, aber die Rus liebten ihn offenkundig und schrien nach etlichen Zugaben, ehe der nächste Akt zur Aufführung gelangte.
Die nächste Szene war viel ernster angelegt, eine Vignette aus Macbeth, gespielt von mehreren Rus-Schauspielern. Der Hauptcharakter wurde als verrückter Bojare gezeichnet. Das Publikum verfolgte gebannt seine Todesszene und applaudierte rasend, als man seine Leiche hinausschleifte. Macbeth wurde vom jungen Gregori gespielt – der seinen legendären Ritt nach Rus, um die Nachricht von Andrews geplanter
Weitere Kostenlose Bücher