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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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er als solcher weder wohlüberlegt handelte noch langfristige persönliche Pläne fasste, log er mich an. Wer sonst hätte ein Interesse daran, Wyatt und mich in dem schmutzigen Kellerverlies festzuhalten, bis meine Uhr abgelaufen war?
    Das Lachen des Highschool-Champions wich einem anzüglichen Grinsen. »Ich hab noch gesagt, wir hätten dich ficken sollen, solange wir die Gelegenheit dazu hatten.«
    Mir schoss das Blut in die Wangen, und meine Hände zitterten. In meinen Ohren pochte der Puls so laut, dass ich fast nichts anderes mehr hören konnte, und für einen Augenblick sah ich alles verschwommen. Eindrücke zogen wie ein schwerer, erstickender Theatervorhang an meinem inneren Auge vorbei: kalte, ölige Haut und blendender Schmerz. Es kam alles zurück.
    Nun richtete ich mich auf und kam mir vor, als würde ich mir selbst zuschauen. Ich machte einen Schritt zurück und trat Highschool-Champion mit dem rechten Fuß auf die Nase. Das Knirschen von Knorpel und das Brechen von Knochen war zu hören, und unter meinem Schuh spritzte Blut hervor. Das Gelächter verstummte.
    Ich taumelte zurück, stolperte und wäre beinahe von der Ladefläche gefallen. Stattdessen landete ich mit dem Hintern auf der Heckklappe. Mit beiden Händen krallte ich mich an dem kalten Metall fest und blieb hocken, wo ich war. Das verschaffte mir Halt, während ich diese unerwartete … nun ja, Panikattacke durchlitt. Das hatte mir gerade noch gefehlt.
    Der Halbvamp war tot, denn ich hatte ihm das Nasenbein in den Schädel gerammt. Das war nicht gerade die klügste Tat meines Nachlebens, aber auch nicht die dümmste. In meinen Schläfen spürte ich das Blut pulsieren, und im Unterarm hatte ich stechende Schmerzen. Die Wunde dort hatte ich mir noch nicht einmal angesehen. Die Kugel war nicht wieder ausgetreten, und ich hatte Glück, dass sie keinen Knochen erwischt hatte.
    Der Pick-up schwankte, und plötzlich ging Wyatt vor mir in die Hocke. Warme Hände legten sich auf meine Knie, drückten aber nicht zu. »Evy?«
    »Das war ziemlich dumm, was?«, fragte ich und verfluchte meine bebende Stimme. Ich hatte einen Halbvamp erledigt. Na und, verdammt noch mal?
    »Wir machen beide Dummheiten, wenn wir die Beherrschung verlieren.«
    Da lag das Problem. Es stand einfach zu viel auf dem Spiel, als dass ich es mir leisten konnte, die Beherrschung zu verlieren. Mein angeknackstes Gefühlsleben musste warten. Ich wich Wyatts Blick aus, weil ich das Mitgefühl und das Verständnis darin nicht sehen wollte. Im Moment brauchte ich diese Seite von ihm nicht. Stattdessen brauchte ich meinen Handler – den Mann, der mir sagte, dass ich mich gefälligst zusammenreißen solle oder mich gleich selbst umbringen könne, um den Dregs die Mühe zu ersparen.
    »Wir sollten den Leichnam inspizieren, bevor er zu sehr austrocknet«, sagte ich.
    Wyatt erhob sich und trat zurück. Dabei achtete er darauf, nicht in das Blut zu treten, das allmählich in die Risse und Fugen in der Ladefläche sickerte. Schon jetzt war die Haut des Halbvamps weißer als weiß, fast durchsichtig. Ich kauerte neben ihm nieder und klopfte die Taschen seiner Jeans ab. Nichts. Sein T-Shirt hatte keine Taschen, und somit fand sich kein Hinweis auf seine Identität oder Herkunft.
    »Seltsam, dass man einem Jungen, der kaum schießen kann, eine Fünfundvierziger in die Hand drückt«, meinte Wyatt mehr zu sich selbst.
    »Das ist ein ordentliches Kaliber«, pflichtete ich ihm bei. Wer auch immer ihn hergeschickt hatte, hätte so klug sein müssen, ihm ein Modell zu geben, das für einen Neuling einfacher zu handhaben war. Der Highschool-Champion hatte uns beide verfehlt – schließlich war der Treffer an meinem Unterarm eher ein Unfall gewesen – und war ohne nennenswerte Gegenwehr gestorben. Wenn man mich fragte, war das reine Verschwendung eines Fußsoldaten gewesen.
    Ich packte ihn am linken Arm, der unter seinem Körper begraben war. Um die restlichen Taschen seiner Jeans zu überprüfen, musste ich ihn umdrehen. Nur um sicherzugehen, dass er …
    Die Leiche rollte auf den Rücken und gab den Blick auf die vergrabene Hand frei. Darin befand sich eine Handgranate mit abgezogenem Splint.
    Fassungslos starrte ich darauf. »Das ist ja wohl ein Scherz …«
    »Runter!«
    Wyatt rammte mich von der Seite und riss uns beide nach hinten und über den Rand der Ladefläche hinweg. Die Druckwelle der Explosion schleuderte uns auf den harten Betonboden, begleitet von einer Woge aus Hitze, Lärm, Feuer und

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