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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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könnte ich auch einfach verduften. Aus dieser Stadt verschwinden und woanders ein neues Leben beginnen. Vergessen, dass Vampire, Kobolde und Gestaltwandler existieren und dass es mein Job ist, sie zu jagen und in ihre Schranken zu weisen. Sie für ihre Schandtaten gegen die Menschheit zu bestrafen. Das kann ich allerdings nur hier tun, denn die größte Ansammlung von unkontrollierten Dregs findet sich in dieser Stadt. Woanders bin ich alleine. Hier aber habe ich eine Aufgabe.
    Noch bevor ich klopfe, geht die Tür auf. Vor mir steht eine Asiatin, die mich so kurz von oben bis unten mustert, als wäre ich gar nicht da, dann über die Schulter schaut und ruft: »Frischfleisch ist eingetroffen.«
    Sie geht in die Wohnung zurück und lässt mich in der Tür stehen. Nach kurzem Zögern folge ich ihr.
    Es ist ein Loch. Von der Wand bröckelt die Farbe, der Boden ist gewellt und fleckig, und vor den Fenstern hängen zerschlissene Vorhangfetzen. Das Sofa ist so verblichen, dass man weder die ursprüngliche Farbe noch das Muster erkennt. Daneben stehen zwei Stühle, die reif für den Sperrmüll sind, und die Kochnische sieht aus, als würde sie nur darauf warten, in einen schönen Fettbrand zu geraten. Und dennoch kommt mir das Ganze … heimelig vor.
    Allerdings gehen vom Wohnraum nur drei Türen ab. Eine führt bestimmt ins Bad, was bedeutet, dass es nur zwei Schlafzimmer gibt. Und das heißt teilen. Na toll.
    Ein junger Mann mit lateinamerikanischen Zügen erhebt sich vom Sofa. Er ist groß, breitschultrig, muskulös und überragt die Tussi um einen Kopf. Auf die Art eines Highschool-Footballspielers sieht er auch gut aus. Er winkt – allerdings nicht, um mich zu begrüßen. Daraufhin schließe ich die Tür. Dreimal darf ich raten, wer sich das Zimmer nicht mit mir teilen wird.
    »Evangeline Stone?«, sagt er.
    »Evy«, erwidere ich. »Und wer bist du?«
    »Jesse Morales. Willkommen.« Auf langen Beinen geht er durchs Zimmer auf mich zu. Sofort bin ich in Alarmbereitschaft, aber er hält mir nur die Hand zum Gruß hin, die ich zögernd schüttle.
    Derweil setzt sich die Frau auf einen der Stühle und bleibt auf Distanz. »Du kannst sie willkommen heißen, wenn sie länger als eine Woche durchgehalten hat«, meint sie.
    Mir steigt die Hitze in die Wangen, und ich balle die Fäuste. »Wollt ihr mich kämpfen sehen? Nur zu, dann kämpft gegen mich.«
    »Hier kämpft niemand«, entgegnet Jesse. »Das ist Ash Bedford, die Teamälteste.«
    Ich verdrehe die Augen. »Na super. Und wo ist der Typ, dem ich den Schreibkram geben soll?«
    »Unterwegs hierher«, sagt Ash leicht vorwurfsvoll. »Du bist zu früh.«
    »Okay, Leute, nehmt mal den Stock aus dem Arsch. Wenn ihr ein Problem damit habt, dass ich hier bin …«
    »Du bist hier, weil unser Kamerad gestorben ist, Mädel. Also erwarte gefälligst keinen herzlichen Empfang und keine Umarmungen von uns. Beweise uns, dass du zu uns gehörst, und der Stock verschwindet von alleine.«
    Sie meint es todernst. Ich habe ein Mädchen in meinem Alter getötet, um die Ausbildung im Lager abzuschließen. Trotzdem ist es mir nicht in den Sinn gekommen, dass jemand sterben musste, damit ein Platz in dieser Triade frei wurde. Zwei Tote, um hier reinzukommen. Drei Leute in einem Team. So läuft das Ganze.
    »Wie ist euer Kamerad gestorben?«, frage ich.
    Sie blinzelt und scheint auf diese Frage nicht vorbereitet zu sein.
    Jesse antwortet: »Er hieß Cole. Nachdem er zwei Tage lang verschollen war, haben wir seine verkohlten Überreste vor einer Woche in einem Ofen gefunden. Wahrscheinlich ist er erst von Halbvamps ausgesaugt worden, denn er befand sich in der Nähe eines ihrer bekannten Treffpunkte in der Worchester Street. Ash und ich sind reingegangen und haben den Laden abgefackelt.«
    Wow. »Tut mir leid«, erwidere ich.
    Hinter mir wird der Türknauf gedreht. Ich weiche schnell zur Seite aus, damit mir der Metallknauf nicht in den Rücken gestoßen wird. Ein Mann betritt die Wohnung, der zwar älter, aber einen halben Kopf kleiner als Jesse ist. Er hat schwarze Haare und schwarze Augen und ist unrasiert. In seinen Khakihosen und den Hemdsärmeln würde er eher in die Vorstadt zu den Leuten mit geregelten Arbeitstagen passen als nach Mercy’s Lot. Wenn er nicht so griesgrämig dreinblicken würde, wäre er sogar ganz schnuckelig.
    »Du weißt, wie man einen bleibenden Eindruck hinterlässt«, erklärt er ohne Umschweife, nachdem er mich kurz genau wie Ash begutachtet hat.
    Ich glotze ihn

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