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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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Anhänger am Schlüssel. Aus dem Augenwinkel nahm ich dabei einen huschenden Schatten wahr. Mir krampfte sich der Magen zusammen, und all meine Sinne waren in Alarmbereitschaft. Zu unserer Rechten parkten ein Dutzend Wagen und dahinter ein weiteres Dutzend. Trübe Neonröhren warfen kränklich orangefarbenes Licht auf den fleckigen Betonboden. Nichts bewegte sich.
    »Was?«, flüsterte Wyatt.
    »Hey, Schlampe!«
    Ich unterdrückte Chalices erste Reaktion, mich zu der knurrenden Männerstimme umzudrehen – eine solche Begrüßung lässt selten auf eine erfreuliche Begegnung schließen. Stattdessen folgte ich meiner eigenen Eingebung, indem ich zur Seite hechtete. Dabei riss ich Wyatt mit, so dass wir beide zu Boden gingen und knapp neben der Stoßstange des ersten parkenden Autos auf dem kalten Beton landeten. Hinter uns spritzten Staub und Kiesel auf, wo die Kugeln aus einer schallgedämpften Pistole einschlugen.
    Die Männerstimme schimpfte lautstark und verkündete, welche Grausamkeiten sie meinen einzelnen Körperteilen antun wollte. Ohne dass ich den Mann hätte identifizieren können, kam mir das alles bekannt vor.
    Wyatt schaute zu mir auf und ich zu ihm hinab. Er zog die Augenbrauen zusammen. »Ich kenne diese Stimme«, formte er lautlos mit den Lippen.
    Und ich erwiderte in derselben Weise: »Ich auch.« Daraufhin rollte ich von ihm herunter und ging neben dem Wagen auf die Knie. Von ganz in der Nähe war das Quietschen von Sportschuhen auf dem Beton zu hören, das von den Wänden und der niedrigen Decke zurückgeworfen wurde. Dann erklang ein dumpfer Aufschlag. Ein Adrenalinstoß schoss durch meine Adern und hinterließ einen bitteren Geschmack in meinem Mund, denn meine Erfahrung als Jägerin sagte mir, dass uns ein Kampf bevorstand. Neben einem Fleck, der nach Öl roch, duckte ich mich tief hinab und spähte unter den Autos hindurch. Nirgends waren Füße zu sehen.
    Scheiße.
    Wie in einem schlechten B-Movie hallte tiefes, unheimliches Gelächter durch die Tiefgarage und wurde von der durchlöcherten Wand hinter uns zurückgeworfen. Um die Position des Typen mit Hilfe des Schalls zu ermitteln, war das nicht gerade hilfreich.
    »Siehst du ihn?«, fragte Wyatt so leise, dass ich ihn kaum hörte.
    »Keine Spur«, erwiderte ich.
    »Du kannst dich wohl nicht teleportieren, was?«
    Ich schnaubte ein wenig zu laut. »Ich weiß ja nicht, wo er ist oder wo ich rauskommen würde.« Ein weiteres Mal sah ich unter dem Auto hindurch, denn ich hatte die Hoffnung, ihn in dem Muster aus Schatten und Ölflecken auf dem Betonboden übersehen zu haben. »Kannst du seine Pistole herbeirufen?«
    »Ich kann’s versuchen, aber dazu muss er sich erst blicken lassen, denn ich muss die Pistole sehen.«
    »Dann musst du schnell sein, bevor er Schüsse abfeuert.«
    »Wie steht es mit deinem Wurfarm?«
    Ich zog die Klinge aus der Scheide am Fußgelenk und wog sie in der Handfläche. Mit meinem alten Körper waren auch die vielen Monate des Trainings im Ausbildungslager verloren gegangen. Meine neue Hülle kannte lediglich die Technik und die richtige Haltung. Noch immer hatte ich die unablässigen Ermahnungen des Ausbilders im Ohr. »War schon mal besser«, sagte ich.
    Wyatt zog eine Augenbraue nach oben. Offenbar kümmerte es ihn nicht, dass er sein Leben bei einem Manöver riskierte, das ich nicht einmal mit Sicherheit ausführen konnte. »Er ist kein Scharfschütze, sonst wären wir bereits tot. Du darfst ihn nur nicht verfehlen.«
    Ich nickte und kauerte mich beim Kofferraum des Autos hin. Währenddessen rutschte Wyatt ein Stück nach hinten, damit er Platz hatte. In jeder der verstreichenden Sekunden rechneten wir mit einer Unterbrechung – mit einem Auto, das durch die Reihen fuhr, oder mit dem Klingeln, das die Ankunft des Aufzugs verkündete. Irgendetwas, was diese dämliche Pattsituation wieder in Schwung brachte und/oder unserem Gegner die Chance verschaffte, eine Geisel zu nehmen.
    Ich drehte das Messer, so dass ich die Klinge zwischen meinen Fingerspitzen hielt. Die linke Hand streckte ich nach hinten und ballte sie zur Faust. Dann holte ich tief Luft und atmete langsam aus.
    Wieder ließ der Schütze sein halb wahnsinniges Gelächter hören, und es klang wie das Kratzen von Fingernägeln auf einer Tafel. Nur dieses Mal kam es aus geringerer Entfernung. Mist. Ich öffnete die Finger meiner linken Hand.
    Mit ausgestreckten Armen erhob sich Wyatt. Schnell ließ er den Blick über die geparkten Wagen gleiten. Um ihn herum

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