Die Rache der Jagerin
Flügel aus, um einen Schattenfleck auf dem Dach zu schaffen. Grinsend beobachtete ich, wie Tattoo sich zusammenrollte, um keine Sonne abzubekommen.
»Das muss verdammt weh tun«, bemerkte ich und deutete auf die mit Brandblasen überzogenen Hautstellen an Armen und Beinen.
Tattoo grunzte etwas, das sich wie »Leck mich« anhörte.
Um ein paar Zentimeter zog Phin einen seiner Flügel ein, so dass etwas Licht auf Tattoos Schenkel fiel und dort weitere Brandblasen verursachte. Das Klebeband dämpfte Tattoos Schreie, als er hastig das Bein außer Reichweite der tödlichen Strahlen brachte. Um einen Halbvamp zu töten, brauchte man mehr Sonnenlicht als für einen richtigen Vampir. Wir hatten also reichlich Zeit, um mit ihm zu spielen.
Neben Tattoos Kopf ging ich in die Hocke und gab ihm eins zwischen die Augen. »Sei anständig, Arschloch, sonst kriegst du den übelsten Sonnenbrand.« Er blinzelte, was ich als Zeichen seines Einverständnisses interpretierte. »Weißt du, wer ich bin?«
Er verdrehte die Augen in Richtung des Knebels. Mit einem kräftigen Ruck riss ich ihm das Klebeband vom Mund, woraufhin er zischend einatmete und sich die wunden Lippen leckte.
»Beantworte ihre Frage«, forderte Phin ihn auf. Auch wenn der gefährliche, unmenschliche Tonfall gewichen war, blieb doch eine Spur Wut in seiner Stimme zurück.
»Es gibt viel Gerede«, begann Tattoo. »Eine neue Jägerin soll in der Stadt sein, die niemand schnappen kann. Es heißt, sie sei aus einer Gefängniszelle verschwunden und hätte einen Elfenmagier getötet. Die einen glauben, dass sie fliegen kann. Andere behaupten, sie könne zaubern.« Mit zusammengekniffenen Augen schaute er zu mir auf. »Bist du das?«
Ich hielt den Kopf schräg. »Was glaubst du?«
»Wenn du nicht sie bist, dann musst du verrückt sein, dass du dich in ein Haus voller Spitzzähne begibst.«
»Halber Spitzzähne.«
»Leck mich.«
Phin klappte die Schwingen noch etwas weiter ein, so dass erneut ein Sonnenstrahl auf Tattoos Bein fiel und ihm die Haut versengte. Er heulte auf und wollte sich zur Seite rollen, doch dann hätte er sich aus dem immer kleiner werdenden Schatten bewegt. Für eine Weile ließ Phin ihn zappeln, dann stieß ich ihn leicht an, so dass er die Flügel wieder ausbreitete.
»Was haben wir dabei gelernt?«, fragte ich.
Tattoo knurrte. »Ist das ein Engel?«
»Wieso? Hörst du hier etwa irgendwo einen Chor singen?«
Er blickte auf und sah sich um, als würde er tatsächlich auf Musik lauschen. »Nein.«
Von diesem Typen waren wohl kaum nützliche Erkenntnisse zu erwarten. Ich schnippte mit den Fingern vor seiner Nase. »Zurück zu mir, okay? Hast du in letzter Zeit einen Halbvamp in einem blauen Trikot gesehen, der dir vermutlich auch erzählt hat, dass ich aus der Zelle verschwunden bin?«
»Ich habe doch gewusst, dass du das bist«, erwiderte er, und plötzlich trat so etwas wie Bewunderung in seinen Blick, was in Verbindung mit den Tätowierungen und seinem Blutdurst eine beunruhigende Mischung ergab. »Habe ihn letzte Nacht getroffen. Ist mit zwei anderen Jungs aufgetaucht, ein paar Punks halt, die ein bisschen Stunk machen wollten und Scheiße gelabert haben.«
»Warum hat er heute Morgen versucht, mich zu töten?«
»Frag ihn doch selber.«
»Hab ich ja gemacht, aber da mir seine Antwort nicht gefiel, habe ich ihn umgebracht. Deshalb frage ich jetzt dich.«
Als ich das mit dem Umbringen erwähnte, zuckte Tattoo zusammen. »Um anzugeben wahrscheinlich. Weil er ein Neuling ist, wollte er sich bei seinen Leuten beliebt machen.«
»Tut mir leid.« Ich schüttelte den Kopf. »Das würde ich dir abkaufen, wenn er nicht eine Handgranate dabeigehabt hätte. Du machst dir kaum einen Namen, wenn man dich von der Decke einer Tiefgarage kratzen muss.«
»Heuert irgendjemand Leute an?«, wollte Phin wissen.
Tattoo bleckte verwirrt die Zähne. »Leute für was?«
»Das sollst du uns verraten.«
»Da gibt’s nichts zu verraten.«
»Irgendwie bezweifle ich das«, sagte ich. »Ihr Halbvamps prahlt gerne, weil ihr nie so stark und mächtig wie richtige Vampire werdet. Deshalb müsst ihr euch beweisen, indem ihr Raufereien mit den Triaden anzettelt. Hauptsache, ihr könnt zeigen, dass ihr knallharte Typen seid. Ich will wissen, wer über die Triaden gesprochen hat.«
»Schau«, gab Tattoo zurück, dem allmählich deutlich sichtbar der Schweiß ausbrach. »Der Typ mit dem Trikot gestern Abend hat nur irgendeinen Mist gefaselt. Er hat Park Place am
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