Die Rache der Liebe
ihn völlig einleuchtend. Er fingerte ein wenig an seiner geröteten Backe herum, ehe er hinzufügte: »Denmach ist es nicht dein Wunsch, gegen mich zu kämpfen?«
»Gegenwärtig nicht, obwohl ich mir das Recht vorbehalte, diese Entscheidung in der Zukunft rückgängig zu machen.«
»Selbstverständlich. «
Seligs Grinsen machte Ragnar fuchsteufelswild, und er konnte sich nur mit Mühe beherrschen. »Hör mir zu, Haardrad. Erikas Geschichte hat mich nicht sehr überzeugt, wie ich auch bezweifle, dass ihr Wunsch, bei dir zu bleiben, aufrichtig ist. Es gefällt mir nicht aber ich werde mich ihrem Wunsch beugen. Allerdings werde ich Turgeis, Erikas Beschützer, hierlassen. Wenn sie wieder zur Vernunft kommt und nach Hause zurückkehren möchte, wird er sie mir bringen, und Odin stehe dir bei, solltest du versuchen, ihn aufzuhalten!«
Seligs Belustigung schwand, und an deren Stelle trat nun ein für ihn ziemlich unbekanntes Gefühl - das Gefühl, man wolle ihm seinen Besitz streitig machen. »Dies ist jetzt ihr Heim! Sie wird nicht den Wunsch verspüren, Wessex zu verlassen!«
J etzt lächelte Ragnar, wenn auch recht freudlos. »Oder dich?« Verächtlich fügte er hinzu: »Sie ist in dein Gesicht verliebt, Mann, aber um die Liebe zu nähren - falls diese überhaupt vorhanden sein sollte -, bedarf es mehr! Bring sie in sechs Monaten nach Gronwood, dann werden wir sehen, ob ihre Gefühle für dich tatsächlich von Bestand sind. Sollte dies der Fall sein, so werde ich dich gerne meinen Bruder nennen!«
Selig wollte sich jetzt keine Gedanken darüber machen, was in sechs Monaten geschehen oder nicht geschehen könnte. Ragnar gab nach und würde ohne seine Schwester abziehen. Selig war es gelungen, die Situation zu entschärfen, ohne den Mann töten zu müssen - vielmehr war das Erikas Verdienst. Er würde alles geben, um zu erfahren, was sie ihrem Bruder erzählt hatte, abgesehen von der Tatsache, dass sie ihn attraktiv fand. Gefiel er ihr tatsächlich? Eigentlich sollte es ihm egal sein, aber es freute ihn trotzdem.
Ragnar drehte sich zu Erika um, die hinter ihm stand. Als er sie umarmte, stieg in Selig erneut jenes lächerliche Verlangen auf, ihn von ihr wegzureißen.
»Du willst doch nicht jetzt schon zurückreiten?« fragte Erika ihren Bruder sichtlich bestürzt.
»Nay, Rika«, beruhigte er sie. »Aber ich muss meine Männer über die Geschehnisse aufklären. Vor morgen werden wir nicht aufbrechen, da bleibt uns beiden also noch ein wenig Zeit.«
Sie war so erleichtert, dass sie beinahe schon lächelte. »Du muss t mir auch noch mehr über diese reiche Erbin erzählen, die sich geweigert hat, dich zu heiraten.«
»Sie wollte nicht, dafür ihr Vater um so mehr. Auf jeden Fall werde ich mir sein Angebot noch einmal überlegen. Thurston braucht eine Mutter, die sich um ihn kümmert, wie du es getan hast. Doch wir können uns später noch ausführlich darüber unterhalten.«
Ragnar hatte ihr bereits versichert, dass Thurston wohlauf war und sein Arm gut heilte. Außerdem hatte er berichtet, dass seit Wulnoths Tod die Diebstähle auf Gronwood schlagartig aufgehört hätten. Turgeis hatte ihm also die Mühe erspart, den Mann hängen zu lassen. Erika hatte es nicht sonderlich erstaunt, dass Wulnoth für die Diebstähle verantwortlich gewesen war. Das erklärte auch, weshalb er, der so gierig nach Opfern gewesen war, für dieses Verbrechen keines gefunden hatte.
Ragnar wandte sich zum Gehen um und ertappte Selig dabei, wie er Erika gebannt anstarrte, als sei er von ihrem kleinen Lächeln völlig hingerissen - obgleich dieses Lächeln in dem Augenblick erlosch, als sie sich Seligs Blicke bewußt wurde. Die Stirn nachdenklich gerunzelt, mahnte Ragnar Selig zum Abschied: »Sie und ich teilen mit einer Schar anderer Geschwister denselben Vater, aber Erika ist die einzige, die auch dieselbe Mutter wie ich hat. Neben meinem Sohn ist sie die einzige Verwandte, die mir lieb und teuer ist. Du hast sie ohne meine Einwilligung geheiratet. Wenn du ihr weh tust, werde ich das Leben vernichten, das ich einst gerettet habe.«
Selig erwiderte nichts darauf. Ein Ultimatum gesetzt zu bekommen gefiel ihm ebensowenig wie unterschwellige Drohungen. Drohungen erwiderte er für gewöhnlich rasch und dem An lass angemessen. Doch bei ihrem Bruder muss te er eine Ausnahme machen. Er wußte, was in dem Mann vorging, obwohl er wünschte, er würde dessen Gefühle nicht so gut verstehen.
Er bedachte Ragnar mit einem knappen Nicken, ehe dieser
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