Die Rache der Liebe
erhob. Er hatte die ganze Zeit über an der Wand gesessen und Durwyn, der sich am anderen Ende der Halle aufhielt unentwegt beobachtet, um seinen Hass für den bevorstehenden Kampf zu schüren. Dem Mann blieb nur noch eine Stunde zu lebe n. »Wo habt ihr nachg esehen?«
»Überall«, antwortete Turgeis.
Über Turgeis' Miene huschte ein Ausdruck von Besorgnis, nur kurz, aber lang genug, um in Selig ein Gefühl von Panik auszulösen. »Wo, beim Reiche Lokis, bist du gewesen?« schrie er. »Du bist ihr Beschützer! Ich habe darauf vertraut, dass du immer weißt, wo sie sich aufhält, wenn ich nicht bei ihr bin!«
»Sie hat mich nicht davon unterrichtet, dass sie ihr Zimmer verlassen würde. Den ganzen Morgen über habe ich sie noch keinmal zu Gesicht bekommen. «
Seligs laute Stimme zog Royce und Kristen an. Kristen fragte ihren Bruder: »Hast du sie noch mal gesehen, seit du heruntergekommen bist?« Als Selig den Kopf schüttelte, fügte sie hinzu: Ach schon, aber nur kurz. Sie war unterwegs zum Burghof.« Dann wandte sie sich an Turgeis. »Hast du in Seligs Halle nachgeschaut? Vielleicht ist sie dorthin gegangen. «
»Sie würde Wyndhurst nicht allein verlassen«, beharrte Turgeis. »So töricht ist sie nicht. «
»Es sei denn, sie war ... bekümmert und hätte alle Vorsicht außer Acht gelassen«, entgegnete Kristen stockend.
»Wieso sollte sie bekümmert gewesen sein«, fragte Turgeis mit zunehmend grollendem Unterton.
»Sie ist immer bekümmert. Warum sollte es heute anders sein?« antwortete Selig, noch ehe Kristen etwas sagen konnte. Sie atmete erleichtert auf, da sie noch einmal um eine Erklärung herumgekommen war. Selig wandte sich nun Royce zu. »Könntest du jemanden zu meiner Halle schicken? Vielleicht befindet sie sich ja tatsächlich dort. Solange ich nicht weiß, ob sie in Sicherheit ist, werde ich mich nicht auf meinen Kampf mit Durwyn konzentrieren können.«
»Willst du, dass sie hierher zurückkehrt?«
»Wenn sie frühzeitig aufgebrochen ist, wird sie über dieses Duell gar nichts wissen. Man soll es ihr mitteilen, aber die Entscheidung, ob sie deswegen zurückkehren möchte oder nicht, soll ihr überlassen bleiben. Wenn es sie nicht interessiert, will ich sie keinesfalls zwingen ... «
»Gütiger Himmel, erspar uns bitte dein Selbstmitleid!« fiel ihm Royce lachend ins Wort. »Du weißt doch ganz genau, dass deine Gemahlin dem Kampf sicher beiwohnen will.«
Kristen konnte es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, noch länger zu schweigen. Sie öffnete schon den Mund, um zu gestehen, weshalb Erika wahrscheinlich gegangen war und welchen Anteil sie, Kristen, daran hatte, aber sie erhielt nicht die Gelegenheit dazu. Ein Dienstbote kam wild gestikulierend auf Royce zugerannt, und seine Botschaft, die er atemlos und verängstigt vorbrachte, machte Kristens Geständnis überflüssig - für den Moment zumindest.
Einzig Selig verstand nicht, was Royce übermittelt wurde, und fragte schließlich angesichts der vielen Gesichter, die sich ihm mit ernster Miene zuwandten: »Was ist denn los?«
»Die Botschaft ist eigentlich an dich gerichtet, und sie wird dir nicht gefallen«, antwortete Royce.
»Sag schon!«
»Entweder gibst du zu, dass deine Anschuldigung gegen Lord Durwyn ein Irrtum war, oder du wirst deine Gattin nie wiedersehen. Und wenn dir an ihrem Leben etwas liegen sollte, darf der König nichts darüber erfahren.«
Selig packte den Dienstboten am Kragen und zog ihn an sich. »Wer hat dir diese Botschaft überbracht?«
Royce muss te die Frage zunächst auf angelsächsisch wiederholen, und nachdem er der Erklärung des verängstigten Mannes gelauscht hatte, sagte er zu Selig: » Lass ihn los, Mann! Er hat nicht gesehen, wer es war. Jemand kam von hinten auf ihn zu, raunte ihm die Botschaft an dich ins Ohr und tauchte dann sofort unerkannt in der Menge unter. «
»Aber ich weiß von wem die Botschaft stammt! « knurrte Selig und machte sich mit tödlicher Entschlossenheit auf den Weg in die Halle.
Royce eilte ihm nach und packte ihn am Arm, wurde jedoch unwirsch abgeschüttelt. Als Durwyn ihn kommen sah, sprang er auf, aber es war schon zu spät. Selig stürzte sich auf ihn, seine Hände schlossen sich um seinen Hals. Es bedurfte der gesammelten Kraft von fünf Männern, um ihn wegzuziehen, die er allerdings gleich wieder abschüttelte, um einen erneuten Angriff zu starten.
Nun eilte Seligs Vater hinzu und zerrte ihn von Durwyn weg. »Bist du toll geworden?« herrschte Garrick seinen
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