Die Rache der Liebe
Heilerin entronnen, die nichts anderes getan hat, als Gift in mich hineinzuwürgen, so dass ich keinerlei Nahrung mehr in mir behalten konnte.«
»Du hast etwas zu essen bekommen?«
»Aye, aber dank der alten Hexe habe ich es ständig erbrochen.«
Kristen nickte nachdenklich. »Die Dänin sagte, dass man dir gegen dein Fieber Purgantia eingeflößt hat. Anscheinend hat es auch gewirkt, denn jetzt fühlst du dich völlig kühl an. «
»Mein Fieber war nicht so schlimm ... « Verwirrt hielt er inne. Seine Erinnerung an jene Zeit war nach wie vor verschwommen. Da waren die Schmerzen, das Delirium, das Gift. Und das Gelächter. »Zumindest, soweit ich mich entsinnen kann«, ergänzte er.
»Hattest du es während der ganzen drei Tage deiner Gefangenschaft?« fragte sie.
»Drei Tage?«
Er verschluckte sich an dem Bissen, den sie ihm bei ihrer letzten Frage in den Mund gestopft hatte. Als sie sich daraufhin instinktiv vorbeugte, um ihm auf den Rücken zu klopfen, konnte er sie trotz seiner beeinträchtigten Motorik nur deshalb mittels einer Handbewegung von ihrem Vorhaben abbringen, weil er sie so gut kannte und ihre Reaktionen immer schon im voraus wußte. Allerdings bedachte er sie für ihre Gedankenlosigkeit, auch wenn diese nur in dem Versuch zu helfen geschehen war, mit grimmigem Blick.
Beleidigt starrte Kristen zurück und sagte verstimmt: »Ich habe nie behauptet, ein besonderes Geschick bei der Pflege von Kranken oder Verwundeten zu haben, Bruder.«
»So gut wie gar kein Geschick«, stimmte er zu. »Du hast eher Talent, jemandem Wunden beizubringen, als sie zu heilen.«
Sie ignorierte diese Bemerkung und fuhr fort: »Aber du bist nun mal für die nächste Zeit an mich gebunden, und so wirst du mich wohl oder übel ertragen müssen. «
Er grinste sie an, öffnete bereitwillig den Mund für einen weiteren Bissen und sagte dann, während er genüsslich kaute: »Irgendwie werde ich es schon schaffen - deine Pflege zu überleben, meine ich. Nay, du kannst mich doch nicht einfach an den Ohren ziehen! «
Lächelnd setzte sie sich zurück. »Ach was, von Zeit zu Zeit brauchen sie das!«
Nun schwand sein Grinsen und machte einem eher verdrießlichen Ausdruck Platz. »An dem Tag, an dem ich wieder vollständig genesen sein werde ... «
» Aye?«
» ... Wird dir der heutige Tag wieder ins Gedächtnis kommen - und dann sieh dich vor! « Er seufzte. »Ich wünschte nur, mein Gedächtnis wäre nicht so lückenhaft. Erklär mir das mit den >drei Tagen<.«
»So lange warst du in Gefangenschaft.«
»Ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass es so lange gedauert hat.«
»Woran erinnerst du dich?«
Sein Gesichtsausdruck änderte sich drastisch, verzerrte sich förmlich vor Wut. »An die Schmerzen ... und an ihr Lachen. Noch immer höre ich ihr Lachen. Ich hätte nie geahnt, dass eine Frau Freude am Quälen empfinden kann.«
Empört knirschte Kristen mit den Zähnen. »Ich will dich nicht noch mehr anstrengen, aber vielleicht solltest du mir besser alles erzählen. «
Er stieß einen tiefen Seufzer aus, in dem sich ein Teil seiner Wu t entlud. »Es wird mich nicht anstrengen, Kris, denn es gibt kaum etwas zu erzählen. Wir wurden, noch bevor wir Wessex verlassen hatten, überfallen; vermutlich von Wegelagerern. Sie ließen sich von den Bäumen herunter, und es waren ziemlich viele. «
»Aye, zu uns ist vor kurzem das Gerücht durchgedrungen, dass ihr alle tot seid. Royce ist daraufhin gleich losgeritten, um Nachforschungen anzustellen. Und du hast von dem Überfall eine Kopfwunde davongetragen?«
» J a, ich wurde von hinten niedergeschlagen. Wahrscheinlich mit einer Keule oder einem Knüppel, weil ich kein Blut getastet habe. Jedenfalls bin ich sofort ohnmächtig geworden. Als ich wieder zu mir kam, war ich allein, trug völlig fremde Kleidungsstücke und hatte so fürchterliche Kopfschmerzen, dass ich mich kaum bewegen konnte. Außerdem war mir schrecklich übel, ich sah doppelt und war schwach wie ein Baby. Bei Thor, so elend habe ich mich wahrlich noch nie gefühlt!«
Aus lauter Mitgefühl wurde es auch Kristen ganz flau zumute. »Es muss ein recht kräftiger Schlag gewesen sein«, sagte sie. »Noch jetzt ist an deinem Hinterkopf eine kleine Schwellung zu tasten. Wenn man bedenkt, wie lange das nun schon her ist, muss sie mindestens dreimal so groß gewesen sein.«
»Das ist gut möglich«, stimmte er zu. »Aber als ich aufwachte, wähnte ich mich noch in Wessex. Ich dachte, dass nur ein Tag oder so
Weitere Kostenlose Bücher