Die Rache der Liebe
sich für einen Kompro miss .
»Der Körper kann natürlich gezwungen werden, sich zu beugen.«
»Und du glaubst, der Geist nicht? Wie lange wird der Geist aufrecht bleiben, wenn der Körper nichts anderes mehr tun kann als kriechen?«
Ein sehr gutes Argument, so zwingend, dass ihr nun doch ein Rückzug ratsam erschien. Kriechen? Sie erbebte vor Abscheu.
Selig grinste in sich hinein, als sie sich umdrehte und ihm wieder den Rücken zuwandte. Sie war zu leicht zu schlagen. Sicher, sie verfügte über Stolz, besaß aber nicht jene Hartnäckigkeit, die die Frauen seiner Familie auszeichnete.
Er hatte gedacht, sie sei von derselben Wesensart wie seine Schwester, aber das war ein Irrtum gewesen. Zu schade!
Er hätte sie liebend gern auf Händen und Knien gesehen, umhüllt von ihren herrlichen, langen Haaren.
Ihr gelöstes Haar war wirklich wunderschön. Gleich goldenen Flammen wallte es voll und schwer bis auf ihre Hüften herab. Als sie es gestern in diese üppig weichen Wellen gekämmt hatte, war er vor Entzücken schlichtweg gebannt gewesen - wie auch vom Anblick ihres nackten Körpers beim Bade.
Die Erinnerung daran ließ ihn unwillig die Stirn runzeln. Irrtümlich hatte er angenommen, sein Haß würde ihn gegen ihre Reize unempfindlich machen. Und besäße sie nicht gleich so viele davon, wäre das vielleicht auch geschehen. Aber da waren ihre üppigen, hochangesetzten Brüste mit den korallenroten Spitzen, ihre schmale, feste Taille, ihre schlanken Arme, ihr geschmeidiger Hals, ihre perfekt gerundeten Hüften und ihre langen, langen Beine.
Sie war um etliches größer als die angelsächsischen Weiber. Er hatte sich an die angelsächsischen Frauen gewöhnt, aber trotzdem immer wieder Frauen ver miss t, die nicht so zart waren, die man lieben konnte ohne bei jeder Berührung fürchten zu müssen, ihnen weh zu tun. Die Frau besaß zwar nicht Kristens langknochigen, muskulösen Körper, war aber dennoch so kompakt und kräftig gebaut, dass man sie keinesfalls als zierlich bezeichnen konnte.
Auch ihr Gesicht, das mittlerweile von den Schmutzspuren gereinigt war, zeigte mehr Liebreiz als in seiner Erinnerung. Sanft geschwungene Brauen, hohe Wangenknochen, eine kurze, gerade Nase und volle, einladende Lippen. Das kräftige, arrogant vorspringende Kinn bewahrte ihr Gesicht davor, zu schön zu sein, doch ein Blick in diese weichen, himmelblauen Augen ließen einen das Kinn sogleich wieder vergessen.
Er hatte sich gewappnet, sämtlichen Versuchungen zu widerstehen. Doch er hatte sich nicht gewappnet gegen verführerische Augen, gegen milchige, von Wasser und Seife schimmernde Haut, gegen Hände, die sinnlich über die Rundungen ihres Körpers strichen.
Diese Hexe! Sie hatte sein Blut absichtlich in Wallung gebracht. Und obwohl er das gewusst hatte, war in ihm ein Verlangen erwacht, gewaltiger als jede bislang erlebte Lust. Wäre er gesund und kräftig gewesen, hätte er diesem Verlangen nachgegeben, und dies zu wissen, machte ihn über die Maßen wütend. Er hatte sich und ihr beteuert, sie nie auf diese Weise zu berühren, aber da hatte er noch auf seinen Hass vertraut. Nie hätte er erwartet, dass sich statt dessen Verlangen einstellen könnte.
23
Die Tage verstrichen, glitten ereignislos ineinander über. Für Erika verging die Zeit überraschend schnell, was wohl auf ihre Unruhe und die Nervosität, die Seligs ständige Gegenwart in ihr auslöste, zurückzuführen war. Eine Art Alltagstrott begann sich zu entwickeln. jeden Morgen und jeden Abend kam Ivarr, um sich ihrer Ketten anzunehmen. Tagsüber wurde sie von dem Haken an der Wand befreit und konnte sich frei im Raum bewegen. Selig hatte ihr vorgeschlagen, die mit der Halsschelle verbundene Kette wie eine Halskette umzuwickeln. Erika folgte diesem Vorschlag, da sie so nicht ständig Gefahr lief, über die Kette zu stolpern, zumal die feinen Metallglieder nicht schwerer waren als eine gewöhnliche Halskette. Kristen schien die Ketten sogar mehr zu hassen als Erika. Noch zweimal unternahm sie einen Versuch, Selig diesbezüglich umzustimmen, aber er blieb hart.
Die Ketten werden nie abgenommen werden!
Seiner Schwester gegenüber gebrauchte er diese Worte nicht, aber Erika konnte sich ihrer noch gut entsinnen und auch daran, welch tiefe Niedergeschlagenheit sie dabei empfunden hatte. Seine Mutter hatte ebenfalls eine Bemerkung über die Ketten gemacht, allerdings nicht so leidenschaftlich wie Kristen, sondern mit eher neugierigem Unterton. Selig hatte
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