Die Rache der Liebe
einmal vorbei, kann er gegen die Verbindung nichts mehr tun.«
Hochzeitsnacht? Dieser Gedanke war erregend - und erschreckend. Eine Hochzeitsnacht mit ihr - nay, die würde es nicht geben. Bislang war er schon allein durch ihre Nacktheit in Versuchung geführt worden, doch im Grunde wollte er sie gar nicht haben. Rache war alles, was er von ihr wollte, immer gewollt hatte - und weiterhin haben würde.
29
Bis Selig endlich sein Zimmer erreicht hatte, war er so unsagbar zornig, dass er sich kaum noch beherrschen konnte. Der Zorn stand in jeder Linie seines schönen Gesichts, und er war gegen alles und jeden gerichtet. Gerne hätte er Erika für dieses Gefühl verantwortlich gemacht, oder das Schicksal, ja sogar sich selbst, aber es ließ sich nicht genau bestimmen, es war einfach bloß da. Und gleichzeitig verspürte er eine so merkwürdige Heiterkeit, wie er sie noch nie erlebt hatte. Wüsste er es nicht besser, würde er diese Stimmung als pure, unverfälschte Freude deuten, was natürlich absurd war.
Sie hatte ihr Kleid wieder übergezogen und stand vor dem Fenster, von wo aus sie einen Großteil des Heeres sehen konnte, das vor den Toren das Lager aufgeschlagen hatte. Selig zweifelte nicht daran, dass sie bereits seit der Ankunft der Dänen dort stand. Sie wandte nicht einmal den Kopf, um zu sehen, wer den Raum betreten hatte. Doch an der Art, wie sie sich anspannte und gleich darauf wieder entspannte, erkannte Selig, dass sie sich seiner Gegenwart durchaus bewußt war.
Er durchquerte den Raum, stellte sich direkt hinter sie und konnte nun selbst die Dänen im Schein ihrer Lagerfeuer sehen. Sie wirkten recht eindrucksvoll. Und sie meinten es todernst - zumindest Erikas Bruder, und der war eindeutig der Anführer.
Als sie seine Nähe spürte, versteifte sie sich abermals, nur löste sich diesmal ihre Anspannung nicht. Er hatte noch kein Wort gesprochen, aber trotzdem wandte sie auch jetzt nicht den Kopf, um sich zu überzeugen, dass er es tatsächlich war. Dadurch entging ihr freilich auch sein wütender Ausdruck, der sie womöglich davon abgehalten hätte, die folgenden Worte zu sagen.
Ihre Stimme war weich, müde. »Es ist vorbei. jetzt werde ich mich sogar entschuldigen.«
»Für deine Herzlosigkeit?« fragte Selig mit einer Ruhe, die ihn selbst erstaunte.
»Dafür, dass ich aufgrund deiner Beleidigungen die Beherrschung verloren habe und dich deshalb auspeitschen ließ.«
Sein Ton war nun schärfer, gleichzeitig aber auch neugierig. »Womit habe ich dich denn beleidigt?«
Es dauerte eine Weile, ehe sie es über sich brachte zu sagen: »Du hast dich in mein Bett eingeladen.«
Daran konnte er sich nicht mehr erinnern, hielt es aber für durchaus wahrscheinlich. Es entsprach seinem Wesen, Frauen den Hof zu machen, und sie war ein besonders liebreizendes Exemplar. Er hätte schon in wirklich übler Verfassung gewesen sein müssen, wenn er sie nicht zu betören versucht hätte - und das war ja auch der Fall gewesen. Noch jetzt verfluchte er dieses vermaledeite Fieber, das seine Erinnerung so vernebelte.
»Die meisten Frauen würden das als Kompliment betrachten«, sagte er nun. Die Bemerkung enthielt keine Selbstgefälligkeit, sondern war lediglich eine Feststellung, die auf seinen Erfahrungen beruhte.
»Dann bin ich eben anders als die meisten Frauen.«
Dem könnte er aus vollem Herzen zustimmen. Niemals zuvor hatte eine Frau seine Gefühle derart durcheinandergebracht. In einem Moment hasst e er sie, und im nächsten sehnte er sich danach, seine Hände in ihrem Haar zu vergraben und ihren Mund zu rauben. Er hasst e sich dafür, dass sein Fleisch so schwach war und durch sie jederzeit erregt werden konnte.
Wäre sie irgendeine andere Frau, dann hätte er sich jetzt an sie geschmiegt. Sein Mund wäre kosend über ihren Nacken geglitten, seine Hände hätten ihre Brüste umfasst und sie zu knospendem Leben erweckt.
Die sinnlichen Freuden waren ihm so zur Gewohnheit geworden, dass er sich, wenn sie so nah bei ihm stand, beherrschen und zügeln muss te, um sie nicht zu berühren. Im Grunde bräuchte er nur einen Schritt zurückweichen, um ihrer verführerischen Nähe zu entgehen.
Er sollte es tun, doch er machte es nicht.
»Deine Entschuldigung hättest du dir sparen können, Weib«, sagte er. »Du wirst Wyndhurst noch nicht verlassen.«
Sie wirbelte herum. »Aber mein Bruder... «
»Da seine Verhandlungsgespräche mit meiner Schwester ohne Erfolg verlaufen sind, hat er sich zu einer Belagerung
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