Die Rache der Liebe
entschlossen. Wir hatten genügend Zeit, uns darauf vorzubereiten, und jetzt geht es nur mehr darum, wer länger durchhält oder wer als erster die Geduld verliert und angreift. Was meinst du?«
Ungläubig starrte sie ihn an. »Du würdest es auf einen Krieg ankommen lassen?«
»Das wäre nicht mein Verschulden.«
»Natürlich wäre es das! Lass mich doch einfach gehen! Ich habe genug gelitten_«
»Inwiefern hast du gelitten? Hast du Peitschenstriemen vorzuweisen? Schmerzen von harter körperlicher Arbeit?«
Sie war nun so außer sich, dass sie ihn anbrüllte. »Ich leide an deiner Gegenwart!«
Auf seiner glatten Stirn quoll eine Ader hervor, und nun endlich gewahrte Erika seinen Zorn, der durch ihre Bemerkungen neue Nahrung erhalten hatte. Ein Angstschauder erfasste sie. Sie wich einen Schritt zurück, stieß jedoch sofort gegen den Sims des offenen Fensters. Einen winzigen Augenblick lang erwog sie hinunterzuspringen. Doch das Zerren an ihrer Halskette brachte sie gleich wieder auf andere Gedanken.
»Du kannst meinen Anblick also nicht ertragen, Weib?« vernahm Erika seine Stimme an ihrem Ohr, enthielt sich allerdings wohlweislich einer Antwort. »Das ist für dich bedauerlich. König Alfred hat nämlich zur Lösung des gegenwärtigen Problems einige Vorschläge gemacht, von denen er einen besonders bevorzugt. Der König wünscht, dass wir heiraten.«
Sie rang so fassungslos nach Atem, dass sie sich verschluckte. Er klopfte auf ihren Rücken. Rasch schüttelte sie seine Hand ab, ehe er ihr womöglich noch einen Knochen ausrenkte, und funkelte ihn grimmig an.
»Das war nicht besonders komisch! « bemerkte sie.
»Siehst du mich etwa lachen?«
Nein, er lachte nicht, ganz im Gegenteil. Er kochte förmlich vor Wut und bemühte sich auch nicht mehr, dies zu verbergen.
Verzweifelt rief sie: »Aber das hast du doch nicht ernst gemeint!«
»Leider doch. Es ist nicht unbedingt ratsam, sich dem Wunsch eines Königs zu widersetzen! «
»Bist du deswegen in Schwierigkeiten?«
»Glaubst du, ich habe ihm den Wunsch abgeschlagen?« Er lachte kurz und freudlos auf. »Nay, Weib, so töricht bin ich nicht!«
Ihre Augen flackerten. Sie konnte vor Entsetzen kaum sprechen. »Du würdest mich heiraten?«
»Aye.«
Wild schüttelte Erika den Kopf. »Peitsch mich lieber aus! Bring es hinter dich, und dann lass mich gehen! «
»Ach, bettelst und flehst du nun endlich?«
»Ganz sicher nicht!« fauchte sie. »Aber du hast dich ganz offensichtlich noch nicht genügend gerächt, denn sonst würdest du mich freilassen. Ich biete dir nur eine Alternative zu diesem wahnsinnigen Vorschlag. «
»Wahnsinnig? Nay, das finde ich nicht, denn gerade kommt mir in den Sinn, dass du mir durch eine Heirat lebenslang auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein wirst und nicht nur eine kurze Zeitspanne. Welche Rache könnte besser sein?«
»Aber damit zerstörst du dein Leben ebenso!«
»Wieso? Mein Leben wird s ich durch eine Heirat mit dir n icht verändern. Es wird genauso wie vorher verlaufen.«
Mit anderen Worten, er würde ihr nicht treu sein, was sie freilich von keinem Ehemann erwartet hätte. Allerdings hätte sie Respekt, Diskretion und ein gewisses Maß an Freundlichkeit erwartet - Verhaltensweisen, die Selig ihr gegenüber nicht aufbringen würde. Sein Leben würde sich nicht verändern, doch ihres um so mehr: Sie würde von dieser Hölle in eine noch schlimmere Hölle gelangen, denn ihre demütigende Lage wäre dann nicht mehr nur vorübergehend, sondern eine lebenslange Marter.
Er hatte sie losgelassen und schlug erneut auf ihren Rücken. Und abermals entwand sie sich ihm und sagte: »Du wirst so weiterleben, als hättest du keine Frau - zumindest nicht diese Frau!«
»Der Bischof des Königs erwartet uns unten in der Halle.«
»Der angelsächsische König ist nicht mein König«, erinnerte sie ihn. »Sein Miss fallen läßt mich nicht vor Furcht erzittern.«
»Gegenwärtig befindest du dich aber in seinem Hoheitsgebiet.«
»Nicht freiwillig. «
Selig knirschte mit den Zähnen. Als er vorhin gesagt hatte, sie würde einer Heirat aus freiem Willen zustimmen, war das etwas voreilig gewesen. Er hatte sich bei seiner Ehre gepackt gefühlt. Nay, sie würde nicht zustimmen. Er muss te sie irgendwie nötigen, ihr Angst einjagen, sie mit einer so widerwärtigen Alternative konfrontieren, die selbst ihm tiefsten Abscheu einflößen würde. Zum Glück war er wütend genug, dass ihm auch sogleich etwas Passendes einfiel.
»Du
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