Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
heruntersah. »Geh wieder rein, Liebes, du holst dir noch den Tod. Ich komme gleich. Es sind Freunde von außerhalb, die vom Wetter überrascht worden sind und bei uns Unterschlupf suchen.«
»Du hast doch keine Freunde, jedenfalls hast du mir das immer gesagt!«, rief sie in den Hof hinunter.
»Freunde, mit denen ich früher einige Geschäfte gemacht habe, du kennst sie nicht«, beruhigte er sie.
»Dann bring sie doch rauf!«
»Nein, nein, sie schlafen im Stall. Geh schon ins Bett, ich komme gleich nach!«
Nach kurzem Zögern verschwand seine Frau wieder im Haus. Bechthold schnaufte erleichtert durch und eilte wieder in den Stall zurück.
»Frisch verheiratet?«, riet Chassim und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
»Gut verheiratet!«, antwortete Bechthold und grinste zurück. »Also – was wollt Ihr von mir?«
»Einen großen Gefallen«, sagte die Medica. »Mein Medicus hat mir einmal erzählt, dass Ihr auch einen Zugang zum Geheimgang habt, der zur Burg führt.«
Bechthold kratzte sich am Kopf. »Das wisst Ihr noch? Die Keller der halben Stadt führen in unterirdische Gänge, der ganze Untergrund von Oppenheim gleicht einem Dachsbau. Euer Medicus hatte auch einen Zugang dazu.«
»Ich weiß. Der geheime Gang hat dem Medicus und mir mehrfach wertvolle Dienste geleistet. Und jetzt brauchen wir ihn wieder. Der Zugang vom Haus des Medicus wurde verschüttet, als damals sein Haus abbrannte. Deshalb sind wir zu Euch gekommen. Ich zähle auf Euch, dass Ihr uns nicht verraten werdet.«
»Was habt Ihr vor? Ihr werdet mich doch nicht in Schwierigkeiten bringen …«
Chassim trat vor. »Ihr habt mein Wort, dass niemand davon erfahren wird. Und dass wir nichts Unrechtes vorhaben, das Eurem christlichen Gewissen eine Last aufbürdet. Wir müssen nur unerkannt auf die Burg. Gräfin Ottgild, meine Schwester, ist die Frau des Grafen. Wir wollen sie überraschen. Morgen kehre ich zurück, nehme die Pferde und reite offiziell auf der Burg ein. Damit seid Ihr uns endgültig los.«
Er tastete nach einem Lederbeutel, den er an seinem Gürtel hängen hatte.
»Was wollt Ihr damit?«, fragte Bechthold, als er sah, wie Chassim in den Beutel griff.
»Für Euer Entgegenkommen und für die Unterbringung unserer Pferde«, sagte Chassim.
Bechthold hob abwehrend die Hand. »Lasst Euer Geld stecken. Dafür will ich nichts. Ich pflege meine Schulden zu bezahlen. Und ich schulde der Medica einen Gefallen.«
»Und wir Euch eine Erklärung. Aber dazu fehlt uns jetzt die Zeit«, sagte die Medica.
Bechthold hob abermals die Hand. »Behaltet die Erklärung für Euch. Es ist besser, wenn ich nicht weiß, was Ihr vorhabt. Dann muss ich nicht lügen, wenn mich jemand danach fragt. Folgt mir, um die Pferde kümmere ich mich später.« Er spähte schon aus dem Tor in den Innenhof und leuchtete mit der Öllampe. Die Luft war rein, er winkte ihnen und ging voraus an der Scheune entlang bis zu einem breiten Tor, das er so weit aufzog, dass sie alle durch den Spalt schlüpfen konnten. Sie gelangten in eine Halle, in der unzählige Weinfässer bis zur Decke gestapelt waren.
Eine Treppe in der hintersten Ecke führte ein Stockwerk tiefer in den Keller, in dessen schier endlosen Gewölben weitere Weinfässer in allen Größen lagerten. Es roch muffig, ein schwerer Weindunst hing in der Luft.
Bechthold nahm zwei der Fackeln, die in einem Ledereimer bereitstanden, und zündete sie an seiner Öllampe an. Er reichte sie der Medica und Chassim, dann marschierte er weiter.
Er legte ein gehöriges Tempo vor, und die Medica, Chassim und ihr Begleiter hatten Mühe, ihm zu folgen. Ein Gewölbe ging ins nächste über, im dritten lagen keine Fässer mehr, nur Gerümpel und vereinzelte Fassdauben. Die Decke wurde immer niedriger, und der Weg mündete in einen Gang, der in Stein gehauen war. Der Weinhändler wurde langsamer, der Boden war nun uneben, sie mussten vereinzelten Wasserpfützen ausweichen, Steinbrocken lagen herum.
Bechthold machte sich so seine Gedanken, was die drei wohl wirklich vorhatten und warum sie nicht den direkten Weg zur Burg nahmen. Chassim musste der junge Graf sein, der Schwager von Graf Landskron, das stimmte schon, er hatte ihn auf dem großen Turnier letzten Sommer gesehen, das Graf Landskron veranstaltet hatte. Wer der Dritte im Bunde war, erschloss sich Bechthold nicht so recht. Ein Pferdeknecht? So hatte ihn die Medica vorgestellt. Seltsam war nur, dass er auch jetzt noch als Einziger seine Kapuze tief in die
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