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Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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Innenhof von Burg Landskron war, wie die übrige Burganlage, mit Hunderten von Fackeln feierlich erleuchtet. Veit gelangte ungesehen in die Burgkapelle, alle Welt war in einer der zahlreichen Mitternachtsmessen, außer den Bediensteten, die in der Burgküche schufteten und die große Halle für die Festlichkeiten vorbereiteten. Von überall her waren hektische Rufe und Befehle zu hören. Aber in der Kapelle war es still wie in einer Gruft, nur ein paar Kerzen flackerten in der Zugluft, als Veit die Tür hinter sich schloss. Erleichtert atmete er die weihrauchgeschwängerte Luft ein und versuchte, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Die Säulen und der Altar waren nur schemenhaft zu erkennen, es schien niemand da zu sein. Doch – auf den Stufen zum Altar kniete eine Gestalt, dunkel gekleidet mit einer Kapuze auf dem Kopf. Das konnte nur Bruder Thomas sein, der dort wie verabredet auf ihn wartete. Langsam näherte er sich dem Altar. Seine Schritte auf dem Steinfußboden waren deutlich zu hören, obwohl er so leise wie möglich auftrat. Aber die Gestalt verharrte in ihrer betenden Haltung und drehte sich nicht nach ihm um. Sie verschmolz beinahe mit der Dunkelheit. Veit trat hinter die Gestalt und sprach sie an. »Bruder Thomas, ich bin es, Veit, der Koch.«
    Der Mann in seiner Mönchskutte bewegte sich nicht und blieb stumm.
    Veit räusperte sich zaghaft. »Wie ist es … Seid Ihr zu einer Entscheidung gelangt, was mich betrifft?«, fragte er flüsternd. »Könnt Ihr mir die Absolution geben?«
    »Ja«, kam nun plötzlich die flüsternde Antwort. »Ja, ich gebe dir, was du verdienst. Knie nieder.«
    Veit verstand ihn kaum, so leise war der Flüsterton, aber er tat wie ihm befohlen, kniete neben die Gestalt, senkte wie ein wahrer Sünder den Kopf und bekreuzigte sich. »In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti.« Übergroße Erleichterung und Dankbarkeit durchströmten ihn in diesem Augenblick. Er spürte, wie die Gestalt neben ihm aufstand, hinter ihn trat und ihm wie segnend eine Hand auf den nackten Schädel legte. Sie sprach weiterhin nur zischelnd, wie eine Schlange, schoss es Veit durch den Kopf. »Amen. Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und seiner Barmherzigkeit.«
    »Amen.«
    »Sag mir eines, Veit. Warum hast du nicht durchgeführt, was dir befohlen wurde?«
    »Ich konnte es nicht. Vater, ich habe gesündigt und bitte um Vergebung.«
    »Bereust du?«
    »Ja, von ganzem Herzen. Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa.« Veit liefen Tränen über die Wangen, er schlug sich auf die Brust. O ja, er bereute wirklich zutiefst und aus ganzem Herzen. Die Buße für seine Taten würde er mit Freuden auf sich nehmen, egal, wie groß sie war.
    Der Druck auf seiner Glatze war auf einmal weg. Wieder bekreuzigte er sich in Erwartung der Absolution, der erlösenden Lossprechung.
    Da spürte er etwas, das sich blitzschnell um seinen Hals wickelte und ihm die Luft abschnürte. Seine Hände fuhren im Reflex an seine Kehle, der Strick schlang sich aber schon so fest um seinen Hals, dass er die Finger nicht mehr dazwischen brachte. Er wollte schreien, aber es ging nicht. Er wollte sich fallen lassen, aber der eiserne Griff um seinen Hals ließ es nicht zu, wurde unerbittlich enger und enger. Seine Augen traten aus ihren Höhlen, es tat höllisch weh, er gierte nach Luft, aber gegen die Schlinge um seinen Hals kam er nicht an. Dann zerbrach etwas mit einem lauten Knacken, aber das hörte Veit schon nicht mehr. Seine Beine zuckten, doch der erbarmungslose Griff ließ nicht locker, bis sein Körper erschlaffte und, als sich der Strick endlich löste, leblos auf dem Boden zusammensackte. Seine Augen starrten gebrochen zur Decke der Kapelle hinauf, die mit gemalten Sternen übersät war wie das nächtliche Himmelszelt. Sie konnten nicht mehr sehen, wie sich ein Gesicht und eine Kerze über ihn beugten, um sicherzugehen, dass der letzte Funken Leben in ihnen erloschen war. Heißes Wachs tropfte auf seine Augäpfel, es löste kein Zucken mehr aus.
    Pater Severin handelte überlegt und schnell. Die Schubkarre, die gewöhnlich für Stallarbeiten genutzt wurde, war schon in einer dunklen Nische der Burgkapelle bereitgestellt. Er schlang sich sein Zingulum, das er als Henkersstrick benutzt hatte, wieder um die Hüfte, tastete die Kleidung des Kochs ab, fand den gut gefüllten Geldbeutel, nahm ihn, steckte ihn ebenfalls ein, schleifte Veits Leichnam über den Steinboden zur Schubkarre, wuchtete

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