Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
über die Lippen kommen, auch wenn nicht viel gesprochen wurde. Dies war der unbeschwerte Teil des Hoftags, an dem gefeiert und getanzt wurde. Von Letzterem hielt sich Ambros zum Leidwesen von Elisabeth fern. Ein Schritttanz mit ständigem Partnerwechsel wäre die einzige gesellschaftlich akzeptierte Möglichkeit für sie gewesen, ihm näher zu kommen und vielleicht ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Aber die höfischen Tänze hatte er in der Kürze der Vorbereitung auf seine Rolle nicht auch noch einstudieren können, abgesehen davon, dass er keine Ahnung hatte, ob er dazu auch nur die geringste Begabung besaß. Der politische Teil des Hoftags würde erst am Mittag des folgenden Tages eingeläutet werden. Er bestand aus einer Ansprache, dem Empfang der hohen Fürsten und dem Einzelgespräch mit ihnen, eine erneute Herkulesaufgabe, die Ambros nur mit Hilfe der Medica, der Grafen Georg und Chassim und Bruder Thomas, die versicherten, dass sie nicht von seiner Seite weichen würden, meistern konnte.
Der Erzbischof, Pater Severin, Wilhelm von Holland und die welfischen Anhänger waren dem Brauch und der Hofsitte gemäß ebenso dazu verurteilt, wenigstens bis zum Aufbruch des Königs am Bankett teilzunehmen, was sie in einer Ecke der Halle auch mit mehr oder weniger verbiesterter Miene pflichtgemäß über sich ergehen ließen.
Die Medica und der Erzbischof waren sich ostentativ aus dem Weg gegangen. Wenn Anna zufällig den Blick mit ihrem Onkel kreuzte, was durchaus geschah, obwohl sie es tunlichst vermied, sah jeder der beiden schnell in eine andere Richtung.
Im Schlafgemach des Königs hatte sich Bruder Thomas kurz entschuldigt, ihm war im letzten Moment eingefallen, dass er mit Veit ein geheimes Treffen vereinbart hatte. Chassim hatte sich noch mit ein paar befreundeten Fürsten zu Beratungen über das Vorgehen gegen den Plackerer Baldur von Veldern zurückgezogen.
Und so war die Medica schließlich allein mit Konrad IV . Jetzt war es an der Zeit, ihm noch ein kleines Geheimnis mitzuteilen, sozusagen als Betthupferl. Sie hatte für Konrad ganz persönliche Rache dafür genommen, dass der Erzbischof zweifellos der Auftraggeber für die Vergiftung war, wenn man ihm auch nie etwas nachweisen könnte. Es war mehr ein hinterlistiger Denkzettel für Konrad von Hochstaden als eine wirkliche Vergeltung, aber vielleicht eine kleine und feine Genugtuung für den König. Konrad IV . lauschte mit zunehmender Begeisterung und roten Ohren, als Anna ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit gestand, dass sie es mit der Hilfe von Bruder Thomas geschafft hatte, den Getränken des erzbischöflichen Kreises heimlich etwas aus ihren Kräuterbeständen beizumischen, nämlich eine hochwirksame, purgierende Mixtur aus der Aloepflanze und Flohsamenschleim. Dieses Mittel hatte die fatale Wirkung, dass die Herrschaften, die ahnungslos davon genossen hatten, sich tagsüber besser nicht weit weg von den Latrinen aufhalten würden, denn es war stark abführend.
Diese Nachricht allein war für Konrad Labsal für die Seele, endlich hatte er das Gefühl, es seinen Peinigern wenigstens im Kleinen auf ihre Art heimzahlen zu können. Dafür und für alles andere dankte er der Medica, aber Anna winkte nur ab. Man sollte den Tag nicht vor dem Abend loben. Erst wenn alle Gäste wieder abgereist waren, ohne Verdacht zu schöpfen, war der Hoftag mit Glanz und Gloria überstanden und zu einem erfolgreichen Sieg für die staufische Sache geworden, auf den auch Konrads Vater stolz sein konnte.
»Ja«, nickte der König. »Und das habe ich einzig und allein Euch und Euren Freunden zu verdanken. Das werde ich Euch nie vergessen.« Er küsste ihre Hände. Anna wurde wieder einmal rot vor Verlegenheit.
»Meine Mission ist erst erfüllt, wenn Ihr wieder ganz gesund seid. Und um das zu werden, Majestät, empfehle ich Euch dringend als Eure Medica, ein wenig zu schlafen.«
Sie hatte schon einen Becher mit einem leichten Schlafmittel vorbereitet, denn sie ahnte, dass Konrad vor lauter Aufregung nur schwer Ruhe finden würde. Der König trank den Becher in einem Zug aus und ließ sich mit einem tiefen Seufzer ins Kissen sinken. Das war der Moment, wo auch Anna endlich Zeit fand, sich schlafen zu legen. Sie war so erschöpft, dass sie kein Schlafmittel brauchte. Kaum hatte sie sich in ihrer Kammer bis auf die Tunika ausgezogen, sich auf ihre Matratze gelegt und zugedeckt, war sie auch schon eingeschlafen.
Dasselbe Schlafbedürfnis hatte auch Bruder Thomas
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