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Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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weggeräumt. Eine Magd machte sauber und grüßte sie freundlich. Anna erwiderte den Gruß und stellte sich kurz vor den Kamin, in dem ein paar frische Holzscheite loderten. Es war alles so friedlich und heimelig, irgendwie kam es Anna vor, als wäre sie heimgekehrt, obwohl sie am Vortag zum ersten Mal in ihrem Leben Burg Greifenklau betreten hatte.
    Sie ging durch die Eingangstür ins Freie und atmete tief die morgenkühle Luft ein. Der Himmel war wie frisch gewaschen und wolkenlos, kein Lüftchen wehte. Nach den elend langen Regentagen schien sich das Wetter wieder beruhigt zu haben und ließ auf ein paar schöne Herbsttage hoffen. Einige Hühner gackerten um sie herum und stoben auf, als sie über den schlammigen Hof weiterging. Sie sah den Palisadenzaun entlang und auf den Wehrgang, wo eine bewaffnete Wache ihre Runde drehte und sie mit dem Bogen grüßte. Anna winkte zurück und steuerte auf einen steinernen Turm in der Nordostecke zu, der doppelt so hoch war wie die Pfähle, die die Schutzmauer bildeten. Eine Wendeltreppe führte nach oben, und sie beschloss, hinaufzusteigen, weil man von dort sicher einen Rundblick über die ganze Grafschaft der Greifenklaus hatte. Sie hörte Tauben gurren, und als sie oben ankam, entdeckte sie auf dem Turm einen Brieftaubenschlag, in dem der alte Graf stand und die Vögel fütterte. Sie sah ihm eine Weile zu, wie die zutraulichen Tauben ihm die Getreidekörner aus der Hand pickten. Claus von Greifenklau schien Annas klappernde Schritte auf der Treppe gehört zu haben und sagte, ohne sich umzudrehen: »Setz dich doch. Ich bin gleich fertig und komme zu dir.«
    Anna tat gehorsam, was der Alte gesagt hatte, und ließ sich auf einer Bank nieder, von der aus man über die Zinnen hinaus bis zum Horizont blicken konnte. So weit das Auge reichte, sah man abgeerntete Felder und Wälder, die sich wie ein großer Flickenteppich abwechselten. Das Land der Greifenklaus war allem Anschein nach gut bestellt. Der alte Graf verließ den Taubenschlag, und Anna stand auf und half ihm auf den Sitz neben sich. »Woher habt Ihr gewusst, dass ich es bin?«, fragte sie.
    Er ließ ihre Hand nicht los und sah blind in die Ferne. »Ich habe geraten. Mein Sohn oder einer meiner Männer hätte mich angesprochen. Und jemand vom Gesinde kommt hier nicht herauf.«
    Er tätschelte ihre Hand liebevoll. »Hier habe ich an lauen Sommerabenden oft mit meiner Frau gesessen, als sie noch lebte«, sagte er mit einer unverkennbaren Zärtlichkeit in der Stimme. »Als ich noch gesehen habe wie ein Adler«, fügte er lächelnd hinzu.
    Unvermittelt wandte er sein Gesicht Anna zu. »Was hast du für eine Augenfarbe, Anna?«
    »Hat Euch Euer Sohn nicht davon erzählt? Sie sind verschiedenfarbig. Ich habe ein grünes und ein braunes Auge.«
    Er schüttelte den Kopf. »In diesen Dingen ist Chassim nicht sehr mitteilsam gewesen. Aber er hat mir ausführlich geschildert, wie du das Leben meiner Tochter und das meines Enkels gerettet hast.«
    Anna griff nach dem einzigen Schmuck, den sie immer trug und der im Ausschnitt ihrer Tunika versteckt war. Es war ein kleines, goldenes Kreuz an einem Kettchen, mitten im Kreuz war ein roter Edelstein gefasst, in der Form eines Bluttropfens. Chassim hatte ihr die Halskette im Auftrag seines Vaters geschenkt, als er wegen des Turniers ein zweites Mal nach Oppenheim gekommen war.
    Sie nahm die Kette ab und legte sie ihm in die Hand. »Ich danke Euch für dieses Geschenk. Ich trage die Kette immer bei mir, sie ist wunderschön. Chassim sagte mir, sie sei von Euch.«
    Er befühlte sie vorsichtig, als wäre sie aus Glas und könnte zerbrechen. »Ja. Sie gehörte meiner Frau. Aber sie würde sich freuen, wenn sie wüsste, wer sie jetzt trägt. Es ist mir eine Ehre gewesen, sie dir zu schenken, Anna.«
    Er gab sie ihr zurück, und Anna legte sie wieder um ihren Hals.
    Der Graf räusperte sich. »Darf ich dich was fragen?«
    »Nur zu«, ermunterte ihn Anna.
    »Was habt ihr jetzt vor? Du und Chassim.«
    »Ich habe noch nicht mit ihm darüber gesprochen. Aber ich würde gern mein Wissen weiterhin dazu einsetzen, kranke Menschen zu heilen.«
    Der Graf seufzte. »Das dürfte schwierig werden. Wenn nicht sogar unmöglich. Du bist jetzt eine von Hochstaden, Anna, ob du willst oder nicht. Weißt du, was das bedeutet?«
    »Es wird noch eine Weile brauchen, bis ich mich daran gewöhnt habe. So richtig habe ich mich damit noch gar nicht befasst. Ich fühle nicht wie eine von Hochstaden. Ich bin als

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