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Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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verdickt. Aber ich kann Gott sei Dank keine Absplitterungen oder andere Unebenheiten finden. Nach meinem Dafürhalten bist du vollständig geheilt.«
    Chassim sah sie fragend an. Sie wusste, was er wollte, und gab ihr Einverständnis mit einem Kopfnicken kund.
    Bruder Thomas packte Chassim unter der Achsel und half ihm auf.
    »Bitte, Graf, tretet vorsichtig auf«, sagte er, und Chassim erhob sich, tastete mit den Füßen nach dem Boden und rutschte vom Tisch.
    Keiner sagte ein Wort, als Chassim zum ersten Mal nach langer Zeit ohne Hilfsmittel wieder auf seinen zwei Beinen stand. Vorsichtig machte er ein paar erste Schritte, die noch ziemlich wacklig ausfielen, aber dann streckte er mit strahlendem Lächeln seine Arme aus.
    »Hast du Schmerzen beim Gehen?«, fragte Anna besorgt.
    »Kaum. Es fühlt sich gut an!«
    Tatsächlich ging er auf Anna zu, verneigte sich formvollendet und streckte die Hand aus. »Darf ich Euch zu einem Tanz auffordern, edle Dame?«
    »Verzeiht, aber da muss ich Euch leider einen Korb geben, lieber Graf«, weigerte sich Anna.
    »Nur zwei oder drei Schritte, sei kein Spielverderber, Anna!«, bat Chassim.
    Anna verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf. »In diesem Fall spreche ich nicht als Anna, sondern als Medica zu dir. Und die Medica meint, dass du vorerst nicht zu leichtfertig sein darfst. Weil du das geschiente Bein lange Zeit nicht richtig eingesetzt hast, sind deine Muskeln und Sehnen dort noch geschwächt. Du darfst dieses Bein erst langsam und allmählich wieder belasten. Nimm einen Stock, wenn du gehst. Versprich mir das!«
    Als sie die Enttäuschung auf seinem Gesicht sah, milderte sie sofort ihre übliche Strenge, die sie für schwer belehrbare Patienten bereithielt. »Ich will doch nur verhindern, dass der Knochen durch eine falsche oder unbedachte Bewegung erneut bricht.«
    Chassim sah sich fragend in der Runde um. »Was sagt Ihr? Hat sie recht?«
    »Unbedingt!«, gab Bruder Thomas ernst zurück. »Dann seid Ihr in wenigen Wochen wieder ganz der Alte und könnt laufen und Euch bewegen wie früher. Hier, den habe ich für Euch schon vorbereitet.«
    Er reichte Chassim einen Gehstock, den er aus Holz gefertigt hatte. Bruder Thomas war sehr geschickt in diesen Dingen, mit seinen geschnitzten Tierfiguren hatte er schon so manches kranke Kind von seinen Schmerzen abgelenkt und beruhigt. Den Knauf des Stockes hatte er wie einen Greifvogelkopf gestaltet. Chassim bewunderte ihn gebührend, bedankte sich und drehte eine Runde um den Tisch, während Berbelin die Gipsreste zusammenkehrte und wegräumte.
    Es klopfte an der Tür, und alle drehten sich um, als der Burghauptmann hereinkam. »Verzeiht, Herr, aber die ersten Dorfschulzen sind gerade eingetroffen.«
    »Sollen hereinkommen«, sagte Chassim voller Tatendrang und winkte mit seinem Gehstock. »Wir haben eine Menge zu besprechen!«

II
    D a Chassim und sein Vater voll und ganz mit der marodierenden Räuberbande, die ein weiteres Dorf in Brand gesetzt hatte, beschäftigt waren, hatten Anna und ihr Famulus Bruder Thomas Zeit genug, ihre eigenen Pläne voranzutreiben. Chassim hatte alle Warnungen, sich noch zu schonen, angesichts der angespannten und gefährlichen Lage in seiner Grafschaft in den Wind geschlagen und war auf seinem Pferd mit den Dorfschulzen davongeritten, um mit ihnen das überfallene Dorf aufzusuchen. Die meisten der waffenfähigen Männer der Burg hatte er als Begleiter mitgenommen, sie wollten versuchen, der Spur der Bande zu folgen, und vielleicht ihr Rückzugsversteck ausfindig machen. Auf der Burg waren nur noch eine Handvoll Männer zurückgeblieben, aber da es so aussah, als würde Baldur von Veldern mit seiner Bande eher rheinabwärts weiterziehen, war eine stärkere Burgbesatzung nach Chassims Meinung nicht notwendig.
    Sein Abschied von Anna war kurz, aber liebevoll. Sie hatte volles Verständnis dafür, dass es Chassims vorrangige Aufgabe war, sich um die Sicherheit seiner Leute zu kümmern. Sie machte sich nur Sorgen um sein Bein, aber Chassim winkte ab und versprach, auf sich aufzupassen. Seitdem er fast wieder normal gehen konnte, war es, als müsse er die seiner zeitweiligen Behinderung geschuldete und verschwendete Zeit der Rekonvaleszenz und Muße doppelt und dreifach durch umso energischeres Handeln wieder hereinholen. In der Hinsicht konnte Anna ihn nur allzu gut verstehen – ihr ging es in Bezug auf ihre brachliegende Tätigkeit als Medica nicht viel anders. Doch das sagte sie ihm nicht.
    Anna

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