Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
ein wenig üppiger ausfiel, aber er musste aufpassen, dass er nicht übertrieb, Pater Severin ließ sich nicht so leicht einen Bären aufbinden. Wenn man allzu sehr vom Leder zog, konnte er leicht misstrauisch werden, und dann gab es einen Segensspruch und ein schäbiges »Vergelt’s Gott!« statt der versprochenen Belohnung.
Sobald Jeronimus seine Pflichten erledigt hatte und die Münzen in seinem Beutel klimperten, konnte er sich schließlich in seiner Stammschenke in Gesellschaft von anderen Fuhrleuten den ganzen Ärger des Jahres mit Bier von der Seele spülen, bis er rücklings von der Bank kippte. Die übrige Zeit konnte er sich seinen ganz privaten Vergnügungen widmen. Dazu gehörten Besuche in einem Badehaus, die nicht unbedingt der körperlichen Sauberkeit, sondern eher seinen fleischlichen Gelüsten dienten. Wenn er dann endlich genug oder kein Geld mehr hatte, was meistens ein und dasselbe war, machte er sich wieder auf den Weg nach Burg Greifenklau.
Hoffentlich waren ihm diese heimlichen kleinen Vergnügungen trotz der Begleitung von Bruder Thomas und dem unbekannten Bruder Marian auch dieses Mal vergönnt.
Er fluchte leise vor sich hin.
Endlich kamen seine zwei Reisegefährten aus dem Herrenhaus. Der hünenhafte Bruder Thomas und der kleine und schlanke Bruder Marian. Beide waren in schwarze Kutten gehüllt und hatten ihre Kapuzen so weit über den Kopf gezogen, dass man ihre Gesichter nicht erkennen konnte. Wortlos warfen sie ihr Gepäck, eine Tasche der Große und ein mit einem Gurt umwickeltes Bündel der Kleine, auf die Ladefläche unter der Plane und setzten sich neben Jeronimus auf den Kutschbock. Bruder Thomas wandte sein Gesicht dem Knochenhauer zu, der seine Neugierde über den kleinen Mönch nicht ganz verbergen konnte, und nickte ihm freundlich, aber bestimmt zu. »Wir können losfahren.«
Jeronimus schnalzte mit den Zügeln, und der Wagen setzte sich in Bewegung.
Seit ihrer Abfahrt hatte keiner ein Wort gesagt, als sie schließlich auf den Weg Richtung Westen zum Rhein hin abbogen. Es war bitterkalt, die Zugpferde dampften, und Raureif hatte sich über Nacht auf das hügelige Land gelegt. Ein paar einsame Krähen pickten auf einem abgeernteten Feld herum und krächzten sich streitlustig an. Eine blassmilchige Sonne hing kraftlos am östlichen Horizont, und der eisige Wind, der immer wieder auffrischte, zupfte an der Plane auf dem Wagen und ließ sie knattern. Sie waren nun außer Sichtweite der Burg. Auf diesen Moment schien Bruder Thomas gewartet zu haben, denn er griff Jeronimus in die Zügel und hielt die Pferde an.
»Jeronimus«, sagte er, »wir müssen jetzt ein paar Regeln festlegen, bevor wir weiterfahren. Und du schwörst mir, bei allem, was dir heilig ist … Was ist dir eigentlich heilig?«
Jeronimus, der sonst nicht auf den Mund gefallen war, war regelrecht verdattert, weil er mit allem gerechnet hatte, nur nicht mit dieser seltsamen Frage.
»Das … das Grab meiner Mutter?«, brachte er nach einigem Nachdenken stotternd heraus. »Gott hab sie selig!«, fügte er sicherheitshalber noch hinzu und bekreuzigte sich hastig. Er sah Bruder Thomas verunsichert an, der seinen Blick eingefangen hatte und nicht mehr losließ, während der kleine Mönch stur nach vorne starrte.
»Nun gut, beim Grab deiner Mutter«, beschwichtigte Bruder Thomas den sichtlich nervösen Knochenhauer, indem er seine Hand beruhigend auf die von Jeronimus legte und sie tätschelte. »Beim Grab deiner Mutter schwörst du mir, dass du dich an folgende Regeln hältst, die nur für unsere Fahrt nach Köln und zurück gelten, danach kannst du sie wieder vergessen.«
Bruder Thomas entließ Jeronimus nicht aus seinem Blick und sah ihn immer noch gestreng an. Der schlug schließlich die Augen nieder und beteuerte: »Jaja.« Er war jetzt noch verunsicherter.
»Ja dann … schwör’s!«, sagte Bruder Thomas unerbittlich.
Jeronimus hob die Schwurhand hoch. »Ich schwöre!«
Bruder Thomas nickte ihm auffordernd zu, und Jeronimus fügte hinzu: »Beim Grab meiner seligen Mutter.«
Jetzt endlich schien Bruder Thomas zufrieden zu sein. Jeronimus hielt immer noch seine drei gespreizten Finger hoch, und der Mönch drückte sie ihm herunter. »Das genügt. Du weißt, was geschieht, wenn man einen so heiligen Eid bricht?«
Jeronimus antwortete zögerlich. »Man kommt nach dem Tod ins Fegefeuer …«
Bruder Thomas nickte bestätigend. »Das wollen wir doch beide nicht, oder?«
Jeronimus schüttelte verneinend
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