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Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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Leute unterwegs.
    »Genau das wirst du nicht tun!«, zischte sie.
    »Warum nicht? Er ist ein Judas und will uns ans Messer liefern! Er hat es nicht anders verdient!«, entgegnete Bruder Thomas empört.
    Anna schob ihn in eine Seitengasse, wo sie allein waren. »Verstehst du denn nicht? Wir wissen nun etwas über ihn, von dem er nicht weiß, dass wir es wissen. Wir werden ihn nicht aus den Augen lassen. Natürlich müssen Chassim und sein Vater davon erfahren. Aber so lange Jeronimus denkt, dass wir nichts von seinem Verrat ahnen, sind wir im Vorteil!«
    Bruder Thomas brauchte eine Weile, bis Annas Argumente durch seinen Nebel aus Wut drangen, aber schließlich beruhigte er sich.
    »Was kann er dem Erzbischof denn schon erzählt haben?«, sagte Anna. »Dass wir Arzneien kaufen? Na und? Konrad von Hochstaden hat mir zugesichert, und du warst Zeuge!, dass ich weiterhin als Heilerin arbeiten darf.«
    Bruder Thomas schüttelte den Kopf. »Vertraust du etwa seinen Versprechungen? Ich jedenfalls nicht.«
    Anna sah ein, dass ihr Famulus recht hatte. »Trotzdem ist es besser, wir verhalten uns weiterhin, als hätten wir ihn nicht im Dom gesehen. Sobald wir zurück sind auf Burg Greifenklau, müssen wir gemeinsam überlegen, wie wir unser Wissen zu unserem Vorteil nutzen können.«
    Bruder Thomas zuckte mit den Schultern und nickte, er beugte sich Annas Vorschlägen. »Du hast recht. Tun wir so, als sei nichts passiert. Aber ich werde ab jetzt ein wachsames Auge auf diesen windigen Burschen haben!«
    »Besser zwei«, entgegnete Anna, und sie marschierten zurück zu ihrer Herberge.

VII
    J eronimus hatten Anna und Bruder Thomas nach ihrer Entdeckung im Dom nur kurz gesehen, er war weder beim Essen noch im Schlafsaal in der Scheune hinter der Schenke, in dem viele Reisende nächtigten, aufgetaucht. Die Nacht und den darauffolgenden Tag verbrachte er auf seine Art, die wohl eher mit berauschenden Getränken und diversen Ausschweifungen zu tun hatte als mit dringenden Besuchen und Besorgungen, die er angeblich noch erledigen musste. Zumindest lag diese Vermutung nahe, wenn man nach seinen morgendlichen Ausdünstungen ging und seine Augen sah, die er nur mit Müh und Not offen halten konnte. Aber so lange er besorgt hatte, was sein Herr, der Graf, ihm aufgetragen hatte – und das schien der Fall zu sein –, war ihm in dieser Hinsicht kein Vorwurf zu machen.
    Anna und Bruder Thomas waren am Vortag, nachdem sie die Lieferung von Jakob Ben Ascher erhalten hatten, voll und ganz damit beschäftigt gewesen, alles zu überprüfen und so gut es ging, fest und bruchsicher, auf ihr Fuhrwerk neben den Waren für den Haushalt des Grafen zu laden und festzuzurren. Die Gehilfen, einer war der Junge mit dem spärlichen Bart und der Kieksstimme, packten fleißig mit an und freuten sich über Annas großzügige Entlohnung. Als sie fertig waren, begleiteten Anna und Bruder Thomas die zwei zurück zu Jakob, der sich extra Zeit für sie nahm und ihnen sein Hospital zeigte, das er mit finanzieller Hilfe der jüdischen Gemeinde aufgebaut hatte und unterhielt. Anna hatte ihm einen Brief für ihren Medicus im fernen Hispanien mitgebracht, an dem sie bei Kerzenschein die halbe Nacht geschrieben hatte. Der Wirt, in dessen Herberge sie untergekommen waren, hatte sie ausreichend mit Feder, Tinte und Palimpsesten versorgt, damit sie so viel schreiben konnte, wie sie wollte. Sie hatte ihm das gar nicht zugetraut wegen seines vierschrötigen Aussehens und seines bärbeißigen Gehabes. Lachend meinte er, er könne sowieso nichts damit anfangen, das sei die einzige Hinterlassenschaft eines fahrenden Sängers, der die Zeche geprellt habe und eines Tages einfach nicht mehr aufgetaucht sei.
    In ihren sehr persönlich gehaltenen Zeilen schilderte Anna alles, was sich seit Aarons Flucht aus Oppenheim – denn anders konnte man seine Abreise bei Nacht und Nebel nicht bezeichnen – zugetragen hatte, wobei sie die schlimmen Einzelheiten ihrer eigenen Verfolgung durch den Erzbischof nur oberflächlich skizzierte. Sie wollte nicht, dass Aaron sich Sorgen machte.
    Besonderen Wert legte sie auf die Beschreibung der Behandlung von Chassims gebrochenem Bein durch die merkwürdige Substanz namens Gips, die sich noch in den Vorräten des Medicus befunden hatte. Bei der Anwendung hatte sie sich strikt nach Aarons mündlichem Ratschlag, an den sie sich noch erinnerte, gerichtet. Detailliert beschrieb sie, wie sie das graue Pulver mit Wasser angerührt und aufgetragen und

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