Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
steht dem König bevor …«, murmelte Bruder Thomas und bekreuzigte sich. »Aber er ist doch erst vierzehn …!«
»Ja. Und es gibt viele unter den Fürsten, die ihn lieber tot als lebend sehen. Er ist Staufer, und wenn sie nicht alle vor seinem Vater in Pülle zittern würden, die Feiglinge, dann wäre er schon längst nicht mehr am Leben«, kommentierte der alte Graf grimmig und ballte die Fäuste. »Ihr müsst wissen«, sagte er, »der Kaiser hat einen Hoftag einberufen. Auch ich habe eine Einladung bekommen und werde ihr selbstverständlich nachkommen, oder Chassim, wenn ich nicht dazu in der Lage bin. Wenn der König mich braucht, dann ist es meine Pflicht und Schuldigkeit, dem Ruf meines Lehnsherrn Folge zu leisten. Es ist an der Zeit, dass sich jeder Anhänger der Staufer zu seinem legitimen Herrscherhaus bekennt, und das werde ich tun, wenn es meine Kräfte zulassen. Der Hoftag ist zur Weihnachtszeit in Oppenheim angesetzt und dient dazu, die Stellung des jungen Königs zu festigen. Diese Botschaft aus Oppenheim kann eigentlich nur bedeuten, dass der König samt Hofstaat schon bei meinem Schwiegersohn auf Burg Landskron eingetroffen und dort einquartiert ist.«
»Und jetzt angeblich im Sterben liegt. Ich nehme doch an, das wird so lange wie irgend möglich verheimlicht werden. Sonst scharren die Gegner der Staufer schon mit den Hufen.«
»Das tun sie sowieso. Aber wenn sie Wind davon bekommen, dass Konrad wirklich sterbenskrank ist, kommen sie alle wie die Ratten aus ihren Löchern. Das ist das Ende der Staufer. Und Gott möge uns davor bewahren.«
Für einen langen Augenblick hörte man nur das Knistern und Knacken des Kaminfeuers, so still war es geworden. Bis Graf Claus wieder anfing zu sprechen. »Falls Konrad stirbt, wird das Unterste zuoberst gekehrt werden. Und alle seine Anhänger werden das zu spüren bekommen, wenn die Gegenseite erst die Macht übernommen hat.«
Angesichts der schwerwiegenden Auswirkungen der Nachricht schwiegen alle erst einmal nachdenklich und betreten.
»Die Greifenklaus waren immer auf Friedrichs Seite. Und werden es bleiben, so lange noch Leben in mir ist«, sagte der alte Graf mit Inbrunst und Überzeugung schließlich.
Bruder Thomas hob entschlossen die Hände. »Ich werde alles Notwendige zusammenstellen. Wir fahren morgen früh los.«
Er verschwand so schnell und geräuschlos, wie man es diesem massigen Mann niemals zugetraut hätte.
Der alte Graf, der in seinem bequemen Stuhl direkt neben dem Kamin saß, streckte die Hand nach Anna aus. »Gib mir deine Hand, Anna«, sagte er sanft. Anna reichte ihm beide Hände, er hielt sie fest und drückte sie. Die seinen waren eiskalt. »Mein Gott, hast du warme Hände«, stellte er lächelnd fest. »Anna, glaubst du denn, du allein kannst das Reich retten? Glaubst du das?«
Anna entzog ihm ihre Hände nicht, als sie antwortete. »Nein, Graf, so vermessen bin ich nicht. Aber ich werde alles tun, um Konrad IV . wenigstens das Leben zu retten. Er wird erst fünfzehn! Ich weiß, dass er ein guter Mensch ist.«
»Dann besteht immerhin die Möglichkeit, dass aus ihm ein guter König wird. Wir alle hätten ihn so nötig, einen starken, gerechten König. Geh, Anna, rette ihn.«
Anna wollte ihn schon loslassen, aber der alte Graf hielt sie noch fest. »Das ist keine ungefährliche Mission, Anna. Geh mit Gott. Aber komm wieder. Ich will meinem Sohn nicht erklären müssen, warum ich dich habe fortgehen lassen. Ich werde dir zumindest als Begleitschutz fünf Wachen mitgeben.«
»Nein, das wirst du nicht. Du brauchst alle verfügbaren Männer auf der Burg. Bruder Thomas ist bei mir, und ich werde mich wieder als Mönch verkleiden, das reicht.«
Sie küsste ihn auf die Stirn, bevor er widersprechen konnte, und er umarmte sie, bis sie sich von ihm löste. »Ich komme heil wieder. Ich verspreche es Euch!«
Als sie gegangen war, hatte der Graf Tränen in den Augen. Ärgerlich wischte er sie weg, er mochte es ganz und gar nicht, wenn er von seinen Gefühlen überwältigt wurde. Auf gar keinen Fall wollte er ein rührseliger alter Trottel werden. Aber war man das, wenn man merkte, dass man Angst um seinen Sohn und seine zukünftige Schwiegertochter hatte, die einem so richtig ans Herz gewachsen war? Angst – das Wort hatte er früher, auf dem Kreuzzug an der Seite des Kaisers, nicht einmal gekannt!
Er starrte blind ins Feuer, die Wärme im Gesicht tat ihm gut. Wie sehr wünschte er sich, er wäre noch jung und stark. Dann hätte
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