Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
sich nach Leibeskräften wehrte. Der Bärtige war zwar genauso groß wie der Mönch und kampferprobt, doch jetzt zog er bei Bruder Thomas, der blind war vor Raserei, den Kürzeren. Er hatte nur noch die Arme erhoben und versuchte sich vor den Schlägen zu schützen, die auf ihn einprasselten. Er wich nach rückwärts aus, geriet ins Stolpern, und Bruder Thomas nutzte die Gelegenheit, indem er sich mit seinem ganzen Gewicht auf ihn warf.
»Was ist hier los?!«, brüllte eine Stentorstimme vom Ende des Ganges, die Tote hätte aufwecken können, und brachte Bruder Thomas endlich wieder zur Vernunft. Der Bärtige unter ihm rührte sich sowieso nicht mehr, er war besinnungslos. Die Stimme war die des Grafen, der mit dem Leibmedicus, dem Kammerdiener und einigen hohen Herrschaften im Gefolge den Gang dahergehetzt kam, das Gesicht gerötet vor Sorge um den königlichen Gast, dessen Sicherheit ihm anvertraut war, und das Schwert angesichts des Tumults vor dem Eingang zum Schlafgemach gezückt.
Anna legte sich schon die richtigen Worte zurecht, um die heranstürmende Meute zu beruhigen, und Bruder Thomas erhob sich schwerfällig und ächzend von seinem ohnmächtigen Gegner, als der zweite Wachmann mit dem kranken König an seiner Seite an der offenen Tür zum Gemach erschien. Die Leibwache musste den König mit dem Arm stützen und ihn halb schleppen. Konrad konnte sich kaum auf den Beinen halten und sah in seiner Tunika, die ihm um den mageren Leib schlotterte, barfuß und bleich wie ein lebender Leichnam, zum Erbarmen aus. Konrad IV . nahm unter Aufbietung seiner letzten Kräfte Haltung an, hob die Hand und sprach mit schwacher, aber doch Einhalt gebietender Stimme, in die er seine ganze Autorität legte. »Hört mich an! Die Medica hat meine ausdrückliche Erlaubnis, mich zu behandeln. Alles, was sie braucht, steht ihr zur Verfügung. Alles, was sie sagt, wird ausgeführt. Dies ist mein königlicher Befehl, und ich dulde keinen Widerspruch. Graf Landskron – Ihr seid mir dafür verantwortlich, dass er unverzüglich und ohne Wenn und Aber befolgt wird. Habt Ihr verstanden?«
Die Antwort des Grafen hörte er nicht mehr, denn er brach in den Armen der Leibwache zusammen, Anna und Bruder Thomas konnten ihn gerade noch halten, bevor er auf den Boden gestürzt wäre. Zu dritt trugen sie ihn in sein Gemach zurück, ungläubig und fassungslos angestarrt vom Grafen, dem Leibmedicus, dem Kammerdiener und dem halben Dutzend Männer des Hofadels, die inzwischen alle um die Tür herumstanden. Sofort begann unter ihnen eine erregt und lautstark geführte Debatte darüber, was zu tun sei, die aber augenblicklich verstummte, als Anna noch einmal an der Tür zum Schlafgemach erschien und laut kundgab: »Graf Georg von Landskron – Ihr könnt eintreten. Alle anderen bitte ich, in der Empfangshalle zu warten, bis ich den König untersucht habe. Ich werde Euch schnellstmöglich darüber Bericht erstatten.«
Sie hielt die Tür für den Grafen auf, der sich nach seinen Gefolgsleuten umdrehte und ihnen unmissverständlich zurief: »Ihr habt gehört, was die Medica gesagt und der König befohlen hat!«
Dann steckte er sein Schwert weg und stapfte an Anna vorbei in das Schlafgemach.
Der Leibmedicus und der Kammerdiener wollten ihm folgen, aber Anna knallte ihnen die Tür vor der Nase zu. Als der Leibmedicus sie trotzdem zornbebend wieder öffnete, sah er sich dem zweiten Wachmann gegenüber, der ihm den Zutritt verwehrte, auf den Gang hinaustrat, die Türe hinter sich demonstrativ schloss und sich um seinen Kameraden kümmerte, der sich stöhnend aufrappelte und den brummenden Schädel hielt.
Der Leibmedicus machte mit zusammengebissenen Zähnen und Verwünschungen murmelnd kehrt und folgte den anderen Männern, die stumm gehorcht und wieder den Rückzug angetreten hatten. Der Kammerdiener war ratlos, was er tun sollte. Schließlich nahm er sich einen Schemel und richtete sich auf eine längere Wartezeit im Gang ein.
VII
D er König war von Bruder Thomas sorgfältig wieder in seine Kissen gebettet worden. Er war zwar bei Bewusstsein, aber so schwach, dass er sich nicht regen konnte und schnaufend atmete, als habe er sämtliche Treppen des Palas im Sturmschritt genommen. Sein Brustkorb hob und senkte sich mit der besorgniserregenden Heftigkeit eines Blasebalgs. Schweiß von der übermenschlichen Anstrengung stand auf seiner Stirn, den Anna mit Linnen vom Bettzeug abwischte.
Graf Georg von Landskron sah mit gemischten Gefühlen zu, wie
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