Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
schleichenden Vergiftung sprechen, schöpft derjenige, der dafür verantwortlich ist, noch Verdacht und befürchtet seine Entdeckung oder dass er vom Gefolge des Königs ausgeschlossen wird und nicht mehr an ihn herankommt.«
»Du meinst – dann geht er aufs Ganze und verabreicht ihm eine tödliche Dosis.«
Bruder Thomas nickte nur.
Anna traf eine Entscheidung. »Ich schlage Folgendes vor. Der König wird vollkommen isoliert. Niemand, der nicht von uns überprüft oder überwacht wird, darf Zutritt zu ihm haben. Nicht der Leibmedicus, nicht der Kammerdiener, keine Magd. Die Zubereitung und Verabreichung seines Essens und der Getränke darf nur im Beisein von mir oder Bruder Thomas erfolgen.«
»Die Küche überwache ich«, sagte Bruder Thomas. »Ich werde jedem noch so rotzlöffligen Küchenjungen auf die Finger sehen. Und wenn ich Tag und Nacht dort verbringen muss.«
»Gut«, sagte Anna. »Ich werde mir gleich noch die Leute vornehmen, die im gräflichen Haushalt und im Gefolge des Königs am Herd stehen und mit der Essenszubereitung zu tun haben.« Sie sah Bruder Thomas an. »Aber zuerst musst du den König mit Hilfe des Kammerdieners laxieren und einer Ölbehandlung unterziehen.«
»Was ist das?«, fragte der Graf.
»Eine arge Rosskur«, gab Bruder Thomas zu und verzog das Gesicht, weil er wusste, was man dem König zumuten würde. »Die Behandlung ist ziemlich unangenehm, und es wäre für Konrad sicher besser, wenn ein Mann sie durchführt und nicht eine junge Frau wie die Medica. Ich denke, Ihr versteht, was ich meine.«
Der Graf verstand sehr wohl und nickte.
»Der König wird klistiert und muss Öl trinken, so viel wie möglich«, erklärte Anna. »Das wird ihn zwar vorübergehend noch mehr schwächen und ihm erst einmal nicht gut bekommen, aber damit können wir die Gifte, die sich noch nicht in seinem Körper aufgelöst haben, wenigstens herausschwemmen. Danach wird er gründlich gewaschen, bekommt frisches Bettzeug und wird in einen Tiefschlaf fallen. Erst dann können wir nach und nach damit anfangen, ihn wieder langsam mit Brei und unserem Kräutertrank aufzupäppeln. Wir werden in ein, zwei Tagen sehen, ob diese Behandlung anschlägt und ob dadurch eine Besserung eintritt. Wenn nicht …«
»Davor behüte uns Gott, der Allmächtige!«, sagte Bruder Thomas und bekreuzigte sich. »Daran dürfen wir nicht einmal denken.«
»Nein, weil wir tun, was in unserer Macht steht. Aber im schlimmsten Fall würde man uns die Schuld in die Schuhe schieben.«
Bruder Thomas stimmte seufzend zu. »Der Leibmedicus wäre der Erste. So könnte er seine Reputation zurückgewinnen. Wir sind noch nicht mal einen Tag hier und haben uns schon mehr Feinde gemacht, als uns lieb sein kann.«
Anna zuckte mit den Schultern. »Darauf können wir keine Rücksicht nehmen. Es steht zu viel auf dem Spiel.«
Graf Georg von Landskron war der gleichen Meinung. »Der Tod des Königs hätte allerdings weitreichende Folgen …«
»In der Tat. Für das Reich und für uns. Seid Ihr trotzdem bereit?«
»Was bleibt uns anderes übrig?«, entgegnete Bruder Thomas.
Der Graf sah grimmig entschlossen aus. »Wir müssen diesen Schurken ausfindig machen, der das Gift hat.«
»Das sollten wir. Aber da ist noch ein zweites Problem. Soll der Hoftag abgesagt werden?«
»Darauf haben unsere Gegner doch nur gewartet«, warf Graf Georg ein.
»Selbst wenn der König wieder gesund wird, was wir jetzt noch gar nicht absehen können – aber in zwei Wochen wird er auf gar keinen Fall schon in der Lage sein, einen Hoftag durchzustehen«, gab Anna zur Antwort.
»Wir können den Hoftag unmöglich absagen. Wir können ihn nicht einmal verschieben. Es ist erstens eine kaiserliche Anordnung, und zweitens wurden schon alle offiziellen Einladungen verschickt. In der kurzen Zeitspanne ist es unmöglich, rechtzeitig alle davon in Kenntnis zu setzen. Wenn der Hoftag nicht stattfindet, ist das Chaos im Reich perfekt. Spekulationen über den Grund würden ins Kraut schießen … Ich wage nicht einmal, nur daran zu denken!«
Bleierne Stille trat ein.
Anna und Bruder Thomas ahnten, in was für einer Zwickmühle der Graf war, aber diese schwerwiegende Entscheidung war seine Angelegenheit, niemand konnte sie ihm abnehmen.
Schließlich rang sich der Graf zu einem Entschluss durch. »Es bleibt mir nichts anderes übrig. Ich werde Boten ins Land schicken müssen mit der Botschaft, dass der Hoftag verschoben wird. Bis auf weiteres. Wegen einer ernsthaften
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