Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
bald tot seid, der irrt!«
Konrad schloss die Augen und verbarg sein Antlitz in den Händen. »Ich zermartere mir den Kopf darüber, wer mich so hasst, dass er meinen Tod wünscht. Weil ich sein Gesicht sehen möchte, wenn ich ihn frage, was ich ihm angetan habe. Aber es sind so viele, so viele, Bruder Thomas …«
Am liebsten hätte Bruder Thomas ihn jetzt in den Arm genommen und getröstet, aber das ziemte sich nicht bei einem König. »Ihr müsst auf andere Gedanken kommen, Majestät. Diese schwarzen Gedanken sind nicht gut für Eure Genesung.«
Konrad nickte und legte seinen Kopf zurück ins Kissen. »Ja. Ja, Ihr habt recht.« Auf einmal stahl sich ein Lächeln in sein Gesicht. »Bruder Thomas – wisst Ihr, was der Hauptgrund für diesen Hoftag ist?«
»Nun«, sagte Bruder Thomas, »ich nehme an, die Bestätigung und Festigung Eurer Königswürde.«
»Das ist richtig. Aber es gibt noch einen zweiten Grund.«
»Ah, ich kann mir denken, worauf Ihr hinauswollt … Es gibt da so einiges an Klatsch und Tratsch …«
»So? Das übliche Dienstbotengewäsch?«, schmunzelte Konrad.
»Ja. Man sagt, dass Ihr Euch verloben wollt.«
»Ja. Mein Vater wünscht es.«
»Und Ihr? Wie steht Ihr dazu? Kennt Ihr Eure Zukünftige überhaupt?«
»Ich bin ihr einmal begegnet. Ihr wisst, wie das gehandhabt wird, wenn man ein Fürst ist. Da heiratet man aus politischen und dynastischen Erwägungen. Nun trifft es sich zufällig, dass meine Braut nicht nur aus hohem Hause ist und die Wittelsbacher ein starker Verbündeter sind, sondern … sondern …«
»Sondern dass Ihr auch Gefallen aneinander findet?«, half ihm Bruder Thomas auf die Sprünge.
»So ist es. Ihr seid ein Mann von Welt, Bruder Thomas. Obwohl Ihr kein weltlicher Mann seid.«
»Oh, mir ist nichts Menschliches fremd, Majestät, glaubt mir.«
»Deshalb spreche ich ja mit Euch über solche Angelegenheiten. Weil ich mich bei Euch nicht vorsehen muss. Außerdem kann ich mich darauf verlassen, dass Ihr anderen gegenüber darüber kein Wort verliert, was ich Euch anvertraue. Das ist doch so?«
»Ja«, sagte Bruder Thomas einfach. »So ist es.«
»Nun gut, ich bin Elisabeth von Bayern einmal kurz vorgestellt worden. Wir haben sogar getanzt miteinander. Sie ist eine hervorragende Tänzerin. Ich habe sie sofort in mein Herz geschlossen.«
»Habt Ihr das Gefühl, dass es umgekehrt genauso ist?«
Er nickte. »Ich wünsche es mir. Sie ist bezaubernd. Seht Ihr die Schatulle auf dem Tisch? Darin sind die Briefe meines Vaters. Und dann ist da noch etwas, ein Geschenk für Elisabeth. Es ist ein handgeschriebenes Gedicht. Von einem Dichter, der meinem Vater sehr zugetan war und es ihm zukommen hat lassen, weil er es sehr geschätzt hat. Ich möchte es Elisabeth schenken.«
Bruder Thomas war schon an die Schatulle gegangen und brachte sie dem König. Er öffnete sie und kramte einen zusammengefalteten Brief heraus, den er öffnete und las.
»Darf ich wissen, von wem das Gedicht ist?«, fragte Bruder Thomas.
»Es ist von einem unserer größten Minnedichter, Walther von der Vogelweide«, sagte Konrad mit Ehrfurcht in der Stimme. »Wollt Ihr so freundlich sein und es Elisabeth übergeben? Mit meinen besten Empfehlungen?«
»Es ist mir eine Ehre, Majestät«, sagte Bruder Thomas und nahm den Brief vorsichtig in Empfang, wie es einer Kostbarkeit angemessen war.
»Lest Ihr mir das Gedicht vor, Bruder Thomas?«, sagte Konrad und lehnte sich in seine Kissen zurück. »Es ist noch schöner, wenn man es hört, statt es nur zu lesen. Und dann sagt mir, ob es das richtige Geschenk für die Edeldame meines Herzens ist.«
Bruder Thomas räusperte sich, dann las er vor:
Saget mir ieman, waz ist minne?
weiz ich des ein teil, sô wist ichs gerne mê.
der sich baz denn ich versinne,
der berihte mich durch waz si tuot sô wê.
minne ist minne, tuot si wol:
tuot si wê, so enheizet si niht rehte minne.
sus enweiz ich wie si danne heizen sol.
»Das reicht«, sagte Konrad. »Der Rest ist nur für Elisabeth bestimmt.«
Bruder Thomas nickte, faltete das Dokument sorgfältig wieder zusammen und steckte es ein. »Ich kenne es. Es ist wunderschön. Aber auch … nun … ein wenig weltlich.«
»Wisst Ihr, warum sich mein Vater und Walther so gut verstanden haben? Es heißt, weil beide sich der Freiheit des Denkens verschrieben haben.«
»Wollt Ihr etwa mit mir ein Gespräch über Ketzerei führen?«, tadelte Bruder Thomas ihn spielerisch.
Konrad winkte ab. »Nein. Das wäre
Weitere Kostenlose Bücher