Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
der sich im Wald verstecken wollte. Dich. Die Männer haben Befehl, weiterzureiten, als hätten sie dich nicht bemerkt, und dann umzukehren.«
Er fasste Anna an der Schulter, und sie warteten, bis sie von zwanzig Männern auf ihren Pferden umringt waren. »Männer, wir haben sie gefunden«, rief Chassim. »Das ist Anna von Hochstaden, meine Medica. Und das sind meine Männer, die ich zusammengetrommelt habe für einen kleinen Feldzug gegen Baldur von Veldern.«
Die Männer verneigten sich angemessen vor der Medica, und diese sah sie reihum an, bevor sie mit ernster Stimme sprach. »Ich komme geradewegs von unserem König, er weilt in Oppenheim und hat mich mit einer wichtigen Mission beauftragt. Ihr wundert euch, warum ich als Frau in dieser Verkleidung unterwegs bin und keine Eskorte habe. Aber diese Mission ist geheim, keiner der Feinde des Königs darf davon erfahren. Es geht um das Leben unseres Königs und darum, das Reich vor Zerstörung und Krieg zu bewahren. Wollt ihr mir dabei helfen?«
Die Männer waren alle in dicke Kleidung und Felle gegen die Kälte eingehüllt und sahen dadurch noch wilder und verwegener aus, als sie es ohnehin schon waren. Die Unrasierten unter ihnen hatten weiße Eisschichten in den Bärten. Sie sahen sich an und schienen im ersten Moment nicht sicher zu sein, ob sie dieser kleinen Weibsperson, die da in einer unscheinbaren Mönchskutte vor ihnen stand, Glauben schenken sollten. Oder ob das nicht ein wenig weit hergeholt war, was diese junge Frau da von sich gab.
Aber dann stieg einer von ihnen vom Pferd und nahm den Schal ab, den er sich um Kopf und Hals gewickelt hatte. Anna erkannte ihn, es war der pockennarbige Bursche aus Wesling, dem Dorf, das der Plackerer in Flammen hatte aufgehen lassen. Er beugte das Knie vor ihr, bot ihr demonstrativ mit beiden Händen sein Schwert dar. »Verfügt über mich, Gräfin. Mein Schwert gehört Euch!«
Es waren einfache, harte Männer, aber diese ritterliche Geste war nicht misszuverstehen und zeigte Wirkung. Die Männer zogen ihre Waffen und senkten sie vor der Medica als Zeichen dafür, dass sie Anna als ihre Herrin anerkannten.
Chassim, der sich nicht mehr darüber wunderte, was die Medica manchmal für eine seltsame Wirkung auf gestandene Männer hatte, durchbrach die feierliche Stimmung und holte die Männer wieder in die Realität zurück. »Ich danke euch für diesen Beweis eures Vertrauens. Wir werden euch und euren starken Arm noch brauchen. Doch jetzt sollten wir uns um ein Nachtlager kümmern, bevor wir die Medica zurück nach Burg Greifenklau begleiten.«
Einer der Männer hob die Hand. »Ich kenne die Gegend und weiß, dass nicht weit von hier eine alte Kate steht, die unbewohnt ist.«
»Gut. Reite voraus, wir folgen«, sagte Chassim und half der Medica auf ihr Pferd. Einer der Männer hatte Chassims Pferd, das dieser weiter weg im Wald zurückgelassen hatte, schon am Zügel herangeführt, und dann ritten sie alle los.
Die Tage im Monat Julmond waren kurz geworden, gerade noch vor Einbruch der Dunkelheit fanden sie die Kate auf einer Lichtung im Wald. Sie war leer und verfallen, aber sie bot ihnen wenigstens ein Dach über dem Kopf. Während die Männer Holz sammelten, ein Feuer entfachten und die Pferde versorgten, gingen Anna und Chassim ein paar Schritte vor die Kate. Chassim machte ein ernstes Gesicht und bat Anna um ein Gespräch unter vier Augen.
Als er sicher war, weit genug weg zu sein, um nicht gehört werden zu können, wandte er sich ihr zu, der Zorn stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Anna, auf ein Wort …«
Anna wollte ihn beschwichtigen. »Ich weiß, Chassim, du bist mir böse …«
Doch Chassim ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen. »Anna, ich habe mir große Sorgen um dich gemacht. Ich verstehe einfach nicht, warum du das tust.«
»Was meinst du?«
»Ich meine, du bist meine zukünftige Frau. Die Herrin auf Burg Greifenklau. Du … Du kannst nicht einfach in der Gegend herumreiten, wie es dir passt.«
Jetzt trat der Trotz in Annas Augen. »Und warum nicht?«
»Warum nicht? Weil es zu gefährlich ist! Mein Gott, Anna – ich liebe dich! Aber du handelst verantwortungslos!«
»Wem gegenüber? Dir? Das tut mir leid.«
»Nein. Dir selbst gegenüber! Und deinen zukünftigen Untertanen gegenüber! Du kannst nicht allein und ohne jeglichen Schutz bei diesem Wetter über Land reiten. Du spielst mit deinem Leben.«
»Chassim – hier handelt es sich um einen Notfall! Der König hat mich gerufen, er
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