Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Hufe hinterließen, längst gesehen und respektvoll einer Walküre Platz gemacht.
    Siegfried stieg vom Pferd, und der feuchte Boden unter seinen Füßen schmatzte vernehmlich. Es fühlte sich weniger wie Erde an, mehr wie schleimiges Fleisch. So mochte man auf einer Zunge laufen, dachte der Prinz.
    Kaum stand er sicher, trabte Hjordan davon. Was Siegfried nun bevorstand, daran wollte der Walkürenhengst keinen Anteil haben. Er war Träger nur, nicht Kampfgefährte.
    Siegfried fiel auf, dass er nicht wusste, wohin er sich wenden sollte. Von oben hatte er gesehen, dass Utgard sich kaum weniger weit erstreckte als Midgard. Brunhilde hatte gesagt, dass er die Horde, die seine Königin entführte, erkennen würde, wenn er sie träfe. Demnach blieb ihm nichts, als loszugehen und zu vertrauen, dass die Götter, die ihn hergelockt hatten, auch seine Schritte führen würden.
    Schon als er das rechte Bein hob, um den Fuß nach vorn zu setzen, spürte Siegfried den Schmerz. Er war stechend und durchzog den ganzen Körper. Sofort nahm er das Bein zurück. Der Schmerz ließ nach. Er versuchte es nach links.
    Schmerz. Unsichtbare Riesenhände, die seinen Kopf quetschten. Er presste die Kiefer so stark aufeinander, dass fast die Zähne brachen.
    Nach rechts.
    Besser. Nur ein dumpfes Pochen im Schädel. In diese Richtung konnte er gehen, ohne dass sein Kopf zersprang. Ein, zwei Schritte, vorsichtig tastend. Es ging.
    Es war, als würde der Schmerz ihn leiten. Der Weg war, wo er nicht aufstöhnen musste, wo die Welt vor seinen Augen nicht verschwamm. Einfach. Siegfried nahm einen Berg als Landmarke und nannte ihn »Norden«. Demnach leitete ihn der Schmerz nach Südwesten.
    Kaum hatte er sich daran gewöhnt, nicht seine Sinne, sondern seine Schmerzen als Führung zu nehmen, konnte er langsam, aber stetig vorangehen. Manchmal reichte es, den Kopf zu drehen und von einem Blitz hinter der Stirn erinnert zu werden, dass es ein Irrweg war.
    Und doch – Siegfried hielt auf einmal inne. Ein unangenehmes Brennen kroch sogleich seinen Rücken hinauf, als wollte eine unsichtbare brennende Hand ihn nach vorne stoßen.
    Was hatte Brunhilde gesagt?
»Wenn du die Ratschläge deines Lebens zu befolgen in der Lage bist.«
    Er hatte in dem Moment, aufgeregt und in Wut, kaum darüber nachgedacht. Doch nun, da Utgard selbst den Weg wies, drängte es sich ihm in den Kopf, als Warnung und Erinnerung.
    Der Schmerz im Rücken wurde stärker, und es kostete Mühe, nicht weiterzugehen, dem Schmerz nicht auszuweichen. Das Wort »Schmerz« klang in seinem Schädel, als suche es ein Echo. Und es fand ein Echo.
    Du musst gehen, wohin der Schmerz dich zieht. Daran wächst ein Mann
.
    Nazreh hatte das gesagt, damals in Britannien. Als er gegen jede Vernunft zum Nibelungenwald wollte.
    Wohin der Schmerz dich zieht
.
    Der Satz war mehr als Wahrheit – er spottete dem, was Siegfried gerade tat. Er wich dem Schmerz aus, statt ihm zu folgen. Wo er einen Weg finden musste, da ließ er sich von Utgard leiten, ausgerechnet! Als ob das Land der Titanen und Dämonen ein Interesse hatte, ihm zu helfen!
    Siegfried nahm eins der Lederbänder, die um die Scheide seines Schwerts gewickelt waren, und rollte es zusammen. Dann steckte er es zwischen seine Zähne – und drehte um.
    In den Schmerz hinein.
    Ein Schritt. Zwei Schritte. Drei.
    Ein Höllenfeuer zündete in seinem Kopf, seine Arme brannten, und er hatte das Gefühl, den Hammer Thors an die Schienbeine geschlagen zu bekommen. Wie andere Männer gegen einen Schneesturm kämpften, so zwang er sich in einen Schmerzsturm.
    Wohin der Schmerz dich zieht
.
    Die Arme kreuzte er vor der Brust, die Fäuste fest geballt, jeder Schritt ein Stöhnen zwischen den auf Leder beißenden Zähnen.
    Weiter. Immer weiter. Wo es den Körper hindrängte, wo Linderung winkte, gerade da durfte er nicht sein. Es war ein Kampf mit sich selbst, den Schmerz zu suchen, immer mehr, immer tiefer, bis er meinte, dass sogar seine Seele sich in Krämpfen wandte.
    So ging er vielleicht hundert, vielleicht zweihundert Schritte. Manchmal knickten ihm die Beine ein, und seine Arme zuckten in Qualen, sodass er sich kaum aufzurichten vermochte. Worauf er weiterkroch, so gut es ging, bis ein Stein ihm half.
    Und dann – versiegte der Schmerz.
    War Utgard der Hass auf ihn ausgegangen? Oder hatte sein Körper aus Überlastung entschieden, keine Pein mehr zu empfinden? Siegfried nahm das Leder aus dem Mund und wischte sich die Tränen aus den Augen. Er besah

Weitere Kostenlose Bücher