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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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Kampf stampften, maß niemand die Ewigkeit. Was auf der Mittelscheibe geschah, fand hier unten keine Entsprechung, und die vier Tage, die Siegfried in Xanten auf Brunhilde gewartet hatte, waren in Utgard nicht mehr als ein Herzschlag und nicht weniger als ein ganzes Leben.
    Nur Xandria, die von Midgard war, spürte in der Unterwelt ihr Leben langsam verlöschen. Und es machte ihr keine Furcht – im Gegenteil: Sie hatte lange aufgehört, ihren Gott anzubeten oder Siegfrieds Namen zu flüstern, wenn zwei oder drei Horden-Dämonen ihren Leib schändeten. Das Einzige, worum sie noch flehte, war der Tod. Sie hoffte, wenigstens die bescheidenste aller Bitten erfüllt zu bekommen.
    Doch es war nicht Odins Wille, und auch wenn der Körper der Königin schwach und brüchig wurde, ließ er den Funken des Lebens nicht aus ihr herausgleiten. Sie war nun weniger als ein Mensch, weniger als ein Stück Fleisch.
    Sie war ein Pfand.
    Ihr Körper hatte irgendwann zu bluten aufgehört, aus Wunden wie im Rhythmus aller Frauen. Manchmal, wenn ein Arm oder ein Bein taub waren, kratzte sie mit zerbrochenen Fingernägeln daran, um zu sehen, ob es faulte. Ihre Zunge spielte an Zähnen, die freudlos wackelten, weil manche Horden-Männchen es genossen, sie zu schlagen, während sie in sie eindrangen.
    Ja, es gab Männchen wie Weibchen auch in der Horde, und wenn man den Unterschied äußerlich kaum zu sehen vermochte, so lernte Xandria ihn sehr schnell: Die Männer hatten kaum andere Gier, als sich schnell in ihr zu ergießen, manchmal zu zwei oder zu dritt, und dann feixend davonzutrotten. Sie lernten rasch, wo ihrem Samen Unterschlupf gewährt wurde, und es war ihnen egal, ob es Blut brauchte, um den Weg zu bereiten.
    Die Weibchen hatten kein Interesse, die Königin zu besteigen. Im Gegenteil – in Eifersucht kamen sie angekrochen, wenn Xandria halb ohnmächtig dahindämmerte. Dann bissen sie in ihre Brüste, rissen ihr das Haar büschelweise aus, spuckten ihr in die Augen.
    Es gab so viele, und sie waren einander so ähnlich, dass Xandria es irgendwann aufgegeben hatte, ihre Zahl zu schätzen. Manchmal schien es, als kämen sie von weither, als sei die Königin auf Midgard eine Attraktion, der jeder sich nach Belieben bedienen konnte.
    Was tat eine Seele, der das Sterben nicht vergönnt war, die das Leben aber nicht mehr zu ertragen wusste? Sie trennte sich vom Körper, langsam, leise, wie von einer Familie, die man bei Nacht und Nebel zurücklässt, um in der Ferne neues Glück zu suchen.
    Xandrias Verstand packte die Seele und das Herz in ein Bündel, schnürte es gut zu, und oft, wenn ihr Körper schlief, machte der Verstand kleine Reisen, sah sich um, ob anderswo ein besseres Heim zu finden war. Dann fand sich die Königin beim Erwachen wirr und verzweifelt, und es dauerte immer ein wenig länger, bis der Verstand eilig seinen Dienst aufnahm und nicht verriet, wie sehr es ihn drängte, den erbärmlichen Körper endgültig aufzugeben.
    Es schmerzte Xandria nicht, wenn sie merkte, dass ihr Geist auf Reisen ging. Im Gegenteil. Der Schmerz kam bei seiner Rückkehr, wenn sie wieder die Schwänze der Horde spürte und ihre Krallen unvernarbtes Fleisch suchten, dem sie Leid zufügen konnten.
    Manchmal sprach sie mit sich selbst, oft in Gedanken nur, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. »Hure« war das Wort, das oft einsam in ihrem Kopf tanzte. Hure. Wie prophezeit.
    Dann löste sie ihren Geist von seinem Versprechen, bei ihr bleiben zu müssen. Er sollte keine Schuld spüren, denn was er hinterließ, war kaum mehr als faulender Unrat. Der Geist wehrte sich dagegen, hatte er seinen Körper doch lieb gewonnen über die Jahre, aber Xandria hatte nichts mehr zu geben, und wollte sie wenigstens die Seele retten, dann musste der Geist einsehen, dass der Körper nicht zu halten war.
    Er sah es ein.
    Und er ging.

    Natürlich konnte Siegfried Brunhilde nicht töten. Zuerst einmal sprach dagegen, dass sie schon tot war. Als Walküre schlug ihr Herz nicht mehr, und selbst das, was der Prinz als Körper vor sich sah, war wenig mehr als Projektion. Und diese Projektion war nur so wahr und fleischlich, wie Brunhilde es ihr gestattete. Bevor der Gedanke, Nothung den Kopf holen zu lassen, auch nur gedacht werden konnte, würde ihre Gestalt verblassen und die Klinge nur leere Nachtluft finden.
    Doch der verzweifelte Mut Siegfrieds beeindruckte Brun-hilde. »Wenige Männer würden es wagen, einer Walküre zu drohen.«
    »Dich zu fürchten würde bedeuten,

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