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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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mich recht erinnere, war Siegfried sogar der Euch gegebene Name. Erst hier in Island entschied sich Elsa, Euch Sigurd zu nennen. Sie hoffte, den Makel des Namens damit zu tilgen.«
    Sigurd strich sich über die Augen. Gelen kam näher, weil er sehen wollte, was mit seinem Freund geschah, aber mit einer herrischen Bewegung scheuchte Eolind ihn fort. »Doch auch Kriemhild wurde das Opfer ihrer Rachsucht, und am Ende eines blutigen Tages blieben von Burgund nur noch Gernot, Elsa und der junge Siegfried übrig.«
    »Meine Eltern. Sie ... sie sind ...«
    »Nicht Eure Eltern«, erklärte Eolind erneut. »Und doch seid Ihr der Thronfolger Islands, denn Euer Onkel Gun-ther wurde einst durch die Hochzeit mit Brunhilde der König der Insel, so wie er König von Burgund war.«
    »Aber wenn ... wenn Siegfried mein Vater war ...«, stammelte Sigurd.
    Eolind atmete tief durch. Nun kam der Teil, den er am meisten fürchtete. »Dann seid Ihr mehr als nur der rechtmäßige Erbe von Burgund und Island – auch das Reich Xanten müsste Euch als König huldigen.«
    Sigurd hörte auf zu sprechen. Er hörte auf zu atmen. Und schließlich hörte er auf zu denken. Es war, als hielten sein Körper und sein Geist inne, als müssten sie sich neu justieren, das Kleid der neuen Existenz anprobieren. Nach langen Minuten, in denen Eolind die vielleicht letzte friedliche Stille genoss, formulierte Sigurd sein Erbrecht. »Ich bin Sigurd, Sohn von Siegfried und Kriemhild, Erbe von Xanten, Burgund und Island.«
    »Sechs Gründe, Euch sofort zu töten, wenn Ihr in Island Wulfgar gegenübersteht«, flüsterte Eolind eindringlich. »Versteht Ihr nun, warum die Flucht das Gebot der Stunde ist?«
    Sigurd sah ihn an, den Blick unergründlich, aber von klarer Entschlossenheit. Eolind seufzte.
    »Island!«, schrie Jon, der ein wenig den Mast hinaufgeklettert war, um eine bessere Fernsicht zu haben. »Island am Horizont!«

    »Ihr denkt an Island, nicht wahr?«, fragte Hede, die Hofdame, und legte die Lyra weg, auf der sie leise gespielt hatte.
    Prinzessin Xandria mühte sich, die düsteren Gedanken zu verscheuchen, und wandte sich vom Fenster zurück in ihr Gemach. »Woran sonst sollte ich denken?«
    Hede lächelte. »Ich bin sicher, Euer Vater wird unversehrt und siegreich heimkehren. Er ist ein großer Krieger.«
    Seufzend setzte sich die Prinzessin auf ihr Bett, das mit kostbaren Stoffen bezogen war. »Wenn auch nichts sonst.«
    Hede erschrak und versicherte sich, dass niemand sonst in Hörweite war. »Euer Hoheit, wie könnt Ihr so sprechen über den eigenen Vater, über den König?«
    Xandria sah sie kampfeslustig an, und ihre smaragdfar-benen Augen blitzten. »Wäre er ein guter König – oder Vater!-, dann wäre er hier, wo er gebraucht wird. Xanten ist kein reiches Land, und es bedarf der Führung. Doch er ist irgendwo im Norden und streckt die Hand nach Reichen aus, für die er keine Verwendung hat. Weißt du, wie viel Gold für Waffen und Söldner er aus den Schatzkammern hat räumen lassen?«
    Hede senkte ergeben den Kopf. »Meine Prinzessin, des Hofes Politik ist nicht meine Angelegenheit – nicht Eure.«
    »Natürlich nicht«, murmelte Xandria. »Krieg und Politik sind das Vorrecht der Männer. Den Krieg gönne ich ihnen, aber warum gönnt man uns die Politik nicht?«
    »Eine Frau hat keinen Platz, wenn es um die Belange des Staates geht«, sagte Hede eilig.
    »Nur weil die Männer es so verfügt haben?«, höhnte Xandria. »Männer wie mein Vater, die das eigene Volk hungern lassen, um sich in Feldzügen beweisen zu können?«
    »Wulfgar ist ein guter König«, flüsterte Hede, »und es ist nicht weise, anderer Meinung zu sein.«
    Xandria ließ sich auf den Rücken fallen, und ihr rotes Haar breitete sich wie ein Feuerring um ihren Kopf auf den Kissen aus. »Weise wohl nicht – aber wenn ich als Prinzessin nur ein Privileg habe, dann möchte ich die Dinge beim Namen nennen können. Wulfgar ist grausam und ungerecht. Ihn meinen Vater zu nennen, dreht mir jedes Mal den Magen um.«
    Hede schwieg nun. Schon von den lästerlichen Reden der Prinzessin zu wissen, bedeutete große Gefahr. Mochte Xandria auch ein Ebenbild ihrer schönen Mutter sein, das Temperament hatte sie vom Vater geerbt. Die Schärfe ihres Verstands widersprach der Zartheit ihres Körpers. Sie hatte gegen den ausdrücklichen Wunsch ihres Vaters lesen und schreiben gelernt und belästigte die Ratgeber bei Hofe jeden Tag mit Fragen über Politik und Strategie. Wie kaum eine

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