Die Rache Der Rose
an menschlicher Liebe ergötzte - ihm verboten, von ihm verbannt sei. Er empfand sich als so froststarr wie der Gletscher unter ihm, mit einem Strom, der ihn durchraste, unfähig, sich in jener Hinsicht auszudrücken, die ihm am meisten am Herzen lag - die gewöhnliche Art und Weise, die Welt zu lieben und die Freuden, die sie bot. Vielleicht ermangelte es ihm an den sprachlichen Feinheiten, die dazu nötig waren, seine Stimmungen passend abzuändern, und doch verstand er besser als alle anderen, daß die Sprache selbst den vollkommenen und vielleicht den einzigen ehrenhaften Weg darstellte, sich sein Recht auf Achtung unter den Bewohnern der natürlichen Welt, die wiederum er achtete, zu erwerben. Dennoch geschah es eher durch Taten denn durch Worte, daß er seine unausgesprochenen Ziele zu verwirklichen trachtete. Gedankenlose Taten, blinde Romantik hatten ihn dazu gebracht, alles zu vernichten, was ihm teuer war, und Verständnis hatte er allein dadurch gesucht, indem er nur Taten beging, die andere ihm nahelegten, indem er dem Gewerbe anderer verarmter melniboneischer Adeliger, dem des Söldners, nachging - eines Söldners von außerordentlichen Erfolgen und Begabungen. Selbst seine jetzige Suche war nicht von ihm geplant worden. In seinem tiefsten Inneren erkannte er, daß er sich alsbald nach förderlicheren Mitteln umsehen mußte, das zu erreichen, was er mit der Brandschatzung der Träumenden Stadt und der Vernichtung des Strahlenden Kaiserreiches von Melnibone zu erreichen versucht hatte. Bisher hatten sich seine Bemühungen hauptsächlich auf die Vergangenheit ausgerichtet. Doch dort lagen keine Antworten. Nur Beispiele, die schwerlich zu seiner augenblicklichen Verfassung paßten.
Ein langes Schweigen trat ein, als die beiden Männer nebeneinander auf dem schmalen Pfad standen und über die Schlucht zur anderen Seite auf die leblose Landschaft starrten, in der weder Vogel noch Hase zu sehen war, als ob die Zeit, durch die Schwere See ohnehin schon verlangsamt, hier fast zum Stillstand gekommen sei, und das Donnern des Wassers unter dem Eis schien leiser zu werden und nur das stete Geräusch ihres Atems bestehen zu lassen.
»Ich liebte sie«, sagte der graue Mann plötzlich, und seine Brust bebte, als ob er von etwas Schwerem getroffen worden wäre. Kurzes weiteres Schweigen, als ob er ertränke, und dann beruhigte sich sein Verhalten wieder. »Sie hieß Helva von Nesvek, Tochter des Fürsten von Nesvek, und war unter allen Sterblichen die Schönste und Fraulichste in all ihrem Witz und ihrer Kunst, ihrer Anmut und ihrer Milde; es gab keine heiligmäßigere oder natürlichere Frau (in natürlichen Dingen) als meine Helva. Nun, ich entstammte einem guten Hause, war aber nicht so reich wie Fürst Nesvek, und der große Fürst selbst hatte verkünden lassen, daß die Hand seiner Tochter jenem gehören solle, der vor dem Antlitz Gottes am würdigsten sei. Ich erkannte, daß laut Fürst Nesveks Ansicht Gott dazu neigte, jene, die vor seinem Antlitz am würdigsten waren, mit weltlichen Reichtümern zu segnen, und laut Nesveks Fürsten war dies die rechte Ordnung der Dinge. Daher wußte ich, daß ich die Hand meiner Helva nicht erringen konnte, obgleich sie mich schon erwählt hatte. Ich entsann den Plan, mir übernatürliche Hilfe zu suchen, und, um es kurz zu machen, schloß einen Pakt mit einem Troll; danach sollte der Troll mir eine schöne Kathedrale errichten - die schönste in den Ländern des Nordens -, wohingegen ich nach Vollendung des Gebäudes den Namen des Erbauers herausgefunden haben mußte oder andererseits Augen und Herz an ihn verlieren würde. Nun, durch einen glücklichen Zufall belauschte ich die Frau des Trolls, wie sie ihrem kleinen Kind etwas vorsang und ihm erzählte, daß er doch nicht weinen solle, denn bald käme Fine, sein Vater, nach Hause und brächte ihm Augen und Herz eines Menschen zum Schmaus.
So erreichte ich mein Ziel, und Fürst Nesvek war es natürlich unmöglich, sich einem Freier zu verweigern, der Gott eine so großartige Gedenkstätte zu offensichtlich so außerordentlichen Kosten errichtet hatte.
In der Zwischenzeit wurde natürlich die arme Trollfrau, die Ursache meiner Errettung, von ihrem erzürnten Ehegespons regelmäßig verdroschen, und ich machte mich an die Errichtung meines Hofes, der etwa eine Meile von Kallundborg entfernt lag, wo ich die Kirche errichtet hatte und nun vom Turm meines neuen Hauses ihre Spitze sehen konnte. Die Bauarbeiten verliefen auch
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