Die Rache Der Rose
erobert hat oder daß das Chaos herrscht und sich noch nicht manifestiert hat…«
Sie stimmten überein, daß jeder von ihnen solche Erfahrungen gemacht hatte. Jetzt wurde Gaynor sogar noch ungeduldiger und trieb sie zu größerer Geschwindigkeit in Richtung der Bergkette an - »bevor die Schwestern sich am anderen Ufer einschiffen« -, doch Esbern Snare, dem weder jene höllische Macht, die Gaynor speiste, noch Drachengift zur Verfügung stand, wurde hungrig und fiel zurück und wühlte in seinem Bündel herum, und manchmal dachte Elric, er hätte ihn sabbern und leise vor sich hinknurren hören, und als er sich einmal umdrehte, um ihn danach zu fragen, sah er in Augen, deren Blick von tiefstem Leid zeugte.
Als sie am Morgen darauf ihr Lager abbrachen, war Esbern Snare, der Werwolf des Nordens, verschwunden; er hatte der Versuchung nachgegeben, die bereits jede Hoffnung zerstört hatte, die je in ihm gewesen war. Zweimal dachte Elric, er hätte ein trauriges Heulen gehört, das von den Bergen zurückgeworfen wurde und daher unmöglich auszumachen war. Dann herrschte erneut Schweigen.
Einen Tag und eine Nacht lang sprachen Elric und Gaynor kein Wort miteinander, sondern marschierten in einer Art Trance auf die Berge zu. Mit dem Hereinbrechen des Morgens stellten sie jedoch fest, daß die Ebene langsam zu einem sanften Hügel anstieg, hinter dem sie die leisen Geräusche einer Siedlung, vielleicht sogar einer großen Stadt zu hören vermochten.
Gutgelaunt schlug Gaynor Elric auf den Rücken und sagte fast leutselig: »Bald, Freund Elric, werden wir beide das haben, was wir suchen!«
Und Elric sagte nichts und fragte sich, was Gaynor tun würde, falls sie durch einen sonderbaren Zufall dasselbe suchten - oder zumindest den gleichen Behälter. Und das ließ ihn wieder an die Rose denken und ihren Verlust betrauern.
»Vielleicht sollten wir den genauen Sinn unserer Suche festlegen«, sagte er, »damit wir nicht unvorbereitet sind, wenn wir schließlich mit den Schwestern zusammentreffen.«
Gaynor zuckte die Achseln. Er drehte seinen Helm in Elrics Richtung, und seine Augen schienen weniger gequält als bisher. »Wir suchen nicht nach derselben Sache, Elric von Melnibone, dessen könnt Ihr sicher sein.«
»Ich suche einen Kasten aus Rosenholz«, sagte Elric geradeheraus.
»Und ich suche nach einer Blume«, sagte Gaynor gleichmütig, »die seit Anbeginn der Zeit in Blüte steht.«
Sie standen nun kurz vor dem Hügelkamm und hatten ihn beinahe erreicht, als die Erde plötzlich von einem gewaltigen Dröhnen erschüttert wurde, das sie umzuwerfen drohte. Erneut erklang das hallende Geräusch. Offenbar wurde immer wieder ein gewaltiger Gong geschlagen, bis Elric sich die Ohren zuhielt und Gaynor auf ein Knie gesunken war, als ob eine riesige Hand ihn niederdrücke.
Der große Gong erklang insgesamt zehnmal, doch der Nachhall der Schläge schien sich fast endlos fortzusetzen und die Gipfel der umliegenden Berge zu erschüttern.
Als sie sich wieder vorwärtsbewegen konnten, kamen Elric und Gaynor zum höchsten Punkt des Hügels und starrten in die Höhe zu dem riesigen Bauwerk, das, wie sie hätten schwören können, sich einen Augenblick zuvor noch nicht dort befunden hatte. Dennoch ragte es nun vor ihnen in allen massiven und komplizierten Einzelheiten auf, ein Gewirr aus Holzgerüsten und gewaltigen Zahnrädern, die alle knarrten und ächzten und sich mit langsamer Präzision drehten, während darunter Metall blitzte und surrte - kupferne und bronzene und silberne Drähte, die erstaunliche Muster und sonderbare Lichtbrechungen hervorriefen - und Tausende menschlicher Gestalten enthüllten, die sich auf diesem gewaltigen Gebilde abmühten, Sand oder Wassereimer über die Laufstege trugen, zwischen Zapfen balancierten, die sorgsam angeordnet waren, um ein empfindliches inneres Gleichgewicht zu wahren. Und das Ganze erbebte, als ob es jeden Augenblick umstürzen und alle nackten Männer, Frauen und Kinder, die unaufhörlich an ihm arbeiteten, unter sich zermalmen wollte. Auf dem höchsten Punkt des Turmes befand sich eine große Kugel, die Elric zuerst für Kristall hielt; dann begriff er jedoch, daß sie zur Gänze aus der stärksten ektoplasmischen Membran bestand, die er je gesehen hatte - und sogleich glaubte er zu wissen, was in der Membran gefangengehalten wurde, denn auf Erden gab es kaum einen Zauberer, der nicht nach ihrem Geheimnis geforscht hätte…
Auch Gaynor erkannte, was die Membran enthielt, und es
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