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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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flachen Hand gegen die Stirn. »Eigentlich hätten wir die Handbüchsen gar nicht unbrauchbar machen müssen. Es hätte gereicht, Sokolny aus Blei gegossene Kugeln zu geben. Die können keine Rüstungen durchschlagen.«
    »Bleikugeln zu gießen hätte zu lange gedauert. Außerdem tragen nur wenige Hussiten eiserne Rüstungen, und so hätten die Handbüchsen ihnen trotzdem geschadet.« Ruppertus’ Geduld mit dem Grafen war erschöpft, und er ritt mit grimmiger Miene an. Dem Herzog, der eben aus seinem Feldherrenzelt trat, um dem Aufbruch zuzusehen, schenkte er keinen Blick.
    »Die wären wir los!«, sagte Adalbert von Sachsen aufatmend, als der Reitertrupp samt dem schweren Karren das Lagertor passiert hatte und im aufwirbelnden Staub verschwand.
    »Hoffentlich für immer«, murmelte sein Herold und beschloss, sein letztes Geldstück zur Feier des Tages bei einer Hure auszugeben.

4.
    M arie hatte sich umgezogen und steckte das Haar unter den Samthut, den Nepomuk ihr geschenkt hatte. Dabei wirkte ihr Gesicht so hart, dass sie durchaus als hübscher Jüngling durchgehen konnte. Auch in diesen Augenblicken übte sie die fremde Sprache und wurde von dem Gaukler immer wieder verbessert. Dabei war Nepomuk längst klargeworden, dass sie nicht nur seine schönste, sondern auch seine beste Schülerin war.
    »Ich glaube, jetzt gehst du als Sohn eines Böhmen durch, der in Konstanz aufgewachsen ist und dort die Sprache seines Vaters kaum üben konnte«, sagte er anerkennend.
    »Danke!« Marie lächelte Nepomuk auf eine Weise an, die ihn für alles entschädigte.
    »Ich wünsche dir Glück, Marie! Mögest du deinen Michel finden.« Nepomuk meinte es ehrlich und wunderte sich über sich selbst. Doch er sah ein, dass es wertvoller war, diese prachtvolle Frau als Freundin zu gewinnen, als sich ein paar Minuten mit ihr zu paaren und danach mit ihrer Verachtung leben zu müssen.
    Etwas unbeholfen griff er unter sein Wams und zog einen Lederbeutel hervor. »Hier, nimm! Das ist dein Anteil an unserer Beute, Marie. Da ich nicht glaube, dass Loosen und Haidhausen ihr Geld in der Hölle brauchen können, habe ich es ihnen abgenommen und gerecht geteilt.« Die Aussage stimmte nicht ganz, denn er hatte nichts für sich selbst behalten. Viel war es nicht, und Marie würde es auf ihrem weiteren Weg dringender benötigen als er.
    Marie wollte den Zwerg aus Dank umarmen, doch er wich ihr mit einem verlegenen Grinsen aus. An der Grenze seiner Selbstbeherrschung angelangt, wollte er ihre Zuneigung nicht durch eine unüberlegte Handlung verlieren. Stattdessen schob er ihr seinen Dolch unter das Wams.
    »Vielleicht hilft dir die Waffe, wenn das Silber nicht reicht. Außerdem brauchst du einen Wanderstock!« Ohne Maries Reaktion abzuwarten, lief Nepomuk in den Wald und schnitt einen passenden Ast zurecht. Nachdem er diesen mehrmals gegen ein Wagenrad geschlagen und mit einer Paste aus Asche, Erde und Fett behandelt hatte, sah der Stab so aus, als hätte sie ihn bereits auf einer langen Wanderung benutzt.
    »So, jetzt kannst du abmarschieren. Mach’s gut!«, sagte er und reichte Marie den Stock.
    Sie sah ihn dankbar an und begriff, dass jedes Wort seinen Schmerz nur verstärkt hätte. Daher winkte sie ihm kurz zu und wandte sich zum Gehen. »Viel Glück, Nepomuk«, sagte sie dann doch.
    »Hauptsache, du lässt dich nicht von den Hussiten umbringen«, rief er ihr nach und spannte sein Pferd vor den Wagen. Als er aufschaute, war von Marie bereits nichts mehr zu sehen.
    Nepomuk fror plötzlich. Ihm war klar, dass Ruppertus Splendidus Marie auch jetzt noch verfolgen würde. Diese Vermutung hegte er schon seit Beginn ihrer Flucht, und er hatte daher immer wieder an einem Plan gefeilt, wie er den üblen Kerl austricksen konnte. Zwar war er nicht sicher, ob er Marie dadurch tatsächlich vor dem Zugriff des Inquisitors bewahren konnte, aber er wollte es wenigstens versuchen.
    Er ging seine nächsten Schritte noch einmal durch, holte die Leichen und zerrte sie auf den Wagen. Bei dieser Arbeit war er froh um das kühle Wetter, verhinderte es doch, dass die Toten schon jetzt zu stinken begannen. Dann fuhr er den Weg zurück, den er gekommen war. Sollte er einer deutschen Patrouille begegnen, würde er behaupten, er habe die beiden Ritter tot im Wald gefunden.
    Als er die alte Handelsstraße nach Osten erreichte, begegnete er zunächst keinem Menschen. Doch von der Kuppe eines Berges aus sah er in der Ferne eine Gruppe Reiter, die ihm entgegenkam. Obwohl sie

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