Die Rache Der Wanderhure
noch zu weit entfernt war, als dass er Einzelheiten hätte erkennen können, war er sicher, dass der Mann an der Spitze einen schwarzen Umhang und ein schwarzes Gewand trug.
»Dachte ich es mir doch«, sagte er zu seiner Mähre und zog die Zügel an. Rasch warf er die beiden Toten aus dem Wagen, fuhr diesen ein Stück in den Wald hinein und versteckte ihn hinter einigen dichten Büschen. Sein Pferd band er an einen Baum und sah es durchdringend an.
»Dass du mir ja nicht wieherst und dich verrätst, meine Gute!« Er strich der Stute noch über das Maul, nahm das alte Kurzschwert, das er als Waffe gegen Räuber im Wagen liegen hatte, sowie einen Spaten an sich und eilte zur Straße.
Während er wie besessen arbeitete, musste er noch einmal zu seinem Wagen zurückkehren, um etwas Farbe zu holen. Kurz darauf versteckte er Kurzschwert und Schaufel im Gebüsch und arbeitete mit den Händen weiter. Er war noch nicht ganz fertig, da hörte er in der Ferne Hufschläge. Rasch beendete er seine Vorbereitungen und betete, dass sein Streich gelingen möge.
5.
R uppertus drehte sich um und fluchte, weil Hettenheim mit dem Karren schon zum dritten Mal mehr als zweihundert Ruten hinter ihm, Eberhard und den anderen Reitern zurückgeblieben war.
»Geht das nicht schneller?«, rief er laut nach hinten.
Seine Begleiter zuckten zusammen. In dieser Gegend konnte jeder ungewöhnliche Laut Feinde auf den Plan rufen, und um sich erfolgreich mit ein paar Dutzend Hussiten schlagen zu können, waren sie zu wenige.
»Verzeiht, Euer Exzellenz, aber wir müssen vorsichtiger sein«, wagte Eberhard einzuwenden.
Ruppertus knirschte mit den Zähnen, wartete jedoch schweigend, bis Hettenheim aufgeschlossen hatte. Dann kehrte seine Unrast zurück. »So geht es nicht weiter! Marie Adler ist zu Fuß schneller als Ihr mit dem Wagen. Dabei hat sie durch Eure Dummheit bereits drei Tage Vorsprung. Aus diesem Grund werden wir uns hier trennen. Ihr begebt Euch mit den Handbüchsen und drei Männern zu Sokolny, während ich mit den anderen ostwärts reite und das Weib suche.«
Mit nicht mehr als drei Mann und ohne Rüstung und Schwerter ins Feindesgebiet vorzustoßen, war nicht gerade das, was Hettenheim für vernünftig hielt. Doch er hatte den Inquisitor inzwischen kennengelernt und wusste, dass Widerspruch den schwarzen Mönch nur noch wütender machen würde. Daher nickte er und wählte seine Begleiter aus.
Die Männer zogen Gesichter, als hätte er sie zu einem Todeskommando eingeteilt. Aber auch die, die Ruppertus begleiten sollten, sahen missmutig drein und fluchten halblaut.
Eberhard ballte in ohnmächtiger Wut die Fäuste. In seinen Augen war es keine Frau auf der Welt wert, dass er seine Haut auf eine solche Weise zu Markte trug. Da er die Situation jedoch nicht ändern konnte, herrschte er seine Untergebenen an.
»Was ist los? Sitzt ihr auf Ziegenböcken, weil nichts vorwärtsgeht?« Er hob die Reitpeitsche und drohte, sie den Säumigen überzuziehen. Dann trieb er sein Pferd an und trabte hinter Ruppertus her, der bereits einen leichten Vorsprung gewonnen hatte. Seine Männer folgten ihm wie Kinder, die sich vor dem Wolf fürchteten.
»Was denkst du, Eberhard? Werden wir auf Hussiten stoßen?«, fragte einer der Waffenknechte.
Der Unteroffizier drehte sich mit verbissener Miene zu ihm um. »Wenn ich das wüsste, müsste ich nicht hier auf diesem verdammten Gaul auf dieser noch verdammteren Straße reiten, sondern könnte mein Geld mit Wahrsagerei verdienen. Sigismund würde gewiss etliche Gulden lockermachen, wenn ich ihm sagen könnte, wann der Papst ihn endlich zum Kaiser macht.«
Er wollte noch mehr sagen, da zeigte einer der Männer nach vorne. »Da ist was!«
Jetzt entdeckten auch Ruppertus und Eberhard die drei mitten in den Weg gerammten Pfähle. Auf zweien von ihnen steckte ein Kopf.
»Das sind die beiden verschollenen Ritter!«, rief Eberhard entsetzt aus, zog sein Schwert und starrte in den Wald hinein, als erwarte er jeden Augenblick einen Überfall der Hussiten. Doch es blieb alles still.
Ruppertus ritt bis zu den beiden knapp armdicken Pfählen und musterte die Köpfe der Toten. Dabei entdeckte er auch deren Körper, die man einfach an den Straßenrand geworfen hatte. Zwischen den beiden Leichen lag ein dritter Kopf, der anscheinend von dem letzten Pfahl herabgefallen war und jetzt auf seinem Hals stehend auf dem Boden lag. Der Kopf war so blutverschmiert und voller Dreck, dass er nicht erkennen konnte, um wen es
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