Die Rache Der Wanderhure
sich handelte.
Würgegeräusche brachten Ruppertus dazu, sich umzudrehen. Einer der jungen Soldaten hing halb vom Pferd und übergab sich qualvoll. Auch den anderen Männern stand das Grauen ins Gesicht geschrieben. Selbst Eberhard sah aus, als wünschte er sich lieber in eine tobende Schlacht, als länger an diesem Ort verweilen zu müssen.
»Das soll wohl eine Warnung sein, nicht weiterzureiten. Diese Hussiten sind wirklich Bestien! Wir sollten schnellstens umkehren«, schlug er vor.
Mit einer Mischung aus Grauen und Faszination sah Ruppertus die beiden von Fliegen umschwärmten Köpfe auf den Stangen und den Kopf am Boden an und wandte sich dann zu Eberhard.
»Wo ist die Hure?«
Der Unteroffizier sah sich um und entdeckte ein paar Schritte weiter das Kleid, das Marie zuletzt getragen hatte. Es hing zerfetzt und blutig an einem Busch. »Wie es aussieht, haben sie noch ihren Spaß mit ihr gehabt, bevor es zu Ende ging.«
»Aber wo ist ihre Leiche?«, rief Ruppertus mit sich überschlagender Stimme.
»Wahrscheinlich haben sie die Frau lebend mitgenommen, damit auch ihre Kameraden sie benutzen können. Überlebt hat sie das gewiss nicht. Sie kann froh sein, wenn man ihr hinterher mit einem glatten Schnitt die Kehle durchtrennt hat, sonst ist sie elend krepiert!« Für Eberhard war die Sache erledigt, und er wollte so rasch wie möglich von hier weg.
Andere Soldaten wendeten bereits ihre Pferde, um bereit zu sein, wenn der Unteroffizier ihnen das Zeichen zum Rückzug gab.
Ruppertus sah den Männern an, dass sie ihm nicht weiter folgen würden, und fragte sich, ob es noch sinnvoll war, nach Marie zu suchen. Sie konnte nicht die Frau sein, die Gott ihm versprochen hatte. Dafür waren die Zeichen ihrer Niederlage zu deutlich. Im ersten Augenblick wollte er die himmlischen Mächte anklagen, ihn so getäuscht zu haben. Dann aber sagte er sich, dass der Schöpfer wusste, was er tat, und dies hier nur eine Prüfung für seine Standhaftigkeit sein sollte.
»Also gut, kehren wir um! Ich werde nach Nürnberg reiten und mit Sigismund sprechen, damit er den Krieg mit den Hussiten energischer führt. Diese elenden Hunde müssen für ihre Untaten bestraft werden.«
Obwohl Eberhard und die anderen merkten, dass er damit Maries Tod meinte, atmeten sie erleichtert auf. Nürnberg war weit weg von Böhmen und den Hussiten, die nur darauf lauerten, jeden Deutschen ums Leben zu bringen. Daher folgten sie Ruppertus auf dem Rückweg weitaus leichteren Herzens.
Kaum war der Hufschlag der Reitergruppe verklungen, atmete der Kopf am Boden tief aus. Gleichzeitig wurden die Torsi der Ritter von unten auseinandergeschoben, und man konnte erkennen, dass der angeblich abgeschlagene Kopf noch immer fest auf seinen Schultern saß.
Nepomuk schob Loosens Leichnam auf die Straße zurück und stieg aus dem flachen, mit lockerer Erde gefüllten Loch, das er rasch gegraben hatte. Dabei grinste er über die Leichtgläubigkeit der Verfolger, die sich hatten täuschen lassen. Nach einem letzten Blick auf die toten Ritter eilte er in den Wald und wusch sich am Bach die Farbe aus Gesicht und Haaren. Dann kehrte er zu seinem Wagen zurück.
Die Stute begrüßte ihn mit einem erleichterten Prusten, so als hätte sie begriffen, welcher Gefahr ihr Herr sich ausgesetzt hatte.
»Du hast dich brav gehalten, meine Gute. Dafür gibt es Hafer, sobald ich welchen stehlen kann«, versprach Nepomuk dem Tier, schirrte es an und fuhr los.
Der Weg war schlecht, und er würde einen weiten Bogen schlagen müssen, um wieder in Gegenden zu gelangen, in denen ein Gaukler nicht als Spion galt und ohne Gerichtsverfahren aufgeknüpft wurde. Doch dieses Abenteuer war ihm die Anstrengung wert gewesen.
Zuerst hatte er nur den beiden toten Rittern die Köpfe abschneiden und auf die Stangen stecken wollen, sich dann aber gesagt, dass Ruppertus sich davon nicht abschrecken lassen würde. Daher hatte er Maries Helfer gespielt, der ebenfalls von den Hussiten geköpft worden war.
Eine Weile saß ihm die Angst vor dem Inquisitor, der wohl als Einziger sein Schauspiel hätte durchschauen können, noch in den Knochen. Dann aber überwog der Stolz, dass ihm der Streich so gut gelungen war. Nur ein Gaukler wie er war wohl in der Lage, so lange einen Toten zu mimen. Beinahe bedauerte er, dass er dies ohne wirkliches Publikum hatte tun müssen. Doch wenigstens hatte er Marie die Verfolger vom Hals geschafft.
Nun wollte er etwas für die eigene Sicherheit tun und zum Feldlager der
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