Die Rache Der Wanderhure
Sache!«
»Das hätte ich gerne«, antwortete Marie im bitteren Ton, »aber ich lag lange im Kerker. Ich bin Marius Frantiček, Sohn eines Konstanzer Tuchhändlers, der vom König hingerichtet worden ist. Jetzt suche ich den Bruder meines Vaters. Er soll Fährmann an der Eger bei Bílina sein. Also bin ich einer der Euren.«
Es gefiel Marie nicht, immer dicker auftragen zu müssen. Dadurch erhöhte sich die Gefahr, dass einer die Gegend kannte und wusste, dass es dort gar keinen Fährmann gab, dieser ganz anders hieß oder keinen Bruder hatte.
Daher ballte sie die Fäuste und drohte in Richtung Westen. »Ich will Rache für alles, was die Inquisition mir angetan hat!«
Diesmal musste sie nicht schauspielern. Der Gedanke an Ruppertus reichte aus, ihre Wut glaubhaft erscheinen zu lassen.
Der Patrouillenführer nickte verständnisvoll und gab seinen Männern den Befehl, den Weg freizugeben. »Na dann viel Glück, Kleiner! Du wirst es brauchen. Geh aber nicht weiter geradeaus, sonst triffst du auf Graf Sokolnys Land. Wer ohne triftigen Grund dort hineinläuft und in die Hände seines heidnischen Waffenmeisters oder des Namenlosen fällt, dem gnade Gott.«
»Welchen Weg muss ich nehmen?«, fragte Marie besorgt. »Und wer sind die beiden Männer, vor denen du mich gewarnt hast?«
»Du musst beim nächsten Kreuzweg nach links gehen und erreichst dann die Straße nach Chomutov. Der folgst du bis zur Fähre. Sag dem Fährmann, Jakub schickt dich. Dann wird er dir helfen, deinen Onkel zu finden. Was Sokolnys Bluthunde angeht, so ist der eine ein Tatar und der andere ein Němec, von dem es heißt, er wisse nicht, wer er ist und woher er kommt. Beide streifen wie Raubtiere an Sokolnys Grenzen entlang und fangen jeden ab, der dort einzudringen versucht. Also übersieh bloß nicht die Abzweigung. Sonst musst du beten, dass sie zuerst fragen und dann zuschlagen. Meistens tun sie das nämlich nicht.«
»Danke für die Warnung, Herr Jakub! Ich werde mich vorsehen.« Noch während sie versuchte, diese Worte auf Tschechisch zu radebrechen, wirbelten Maries Gedanken in einem wilden Tanz.
Der Mann ohne Namen, den der Patrouillenführer den Němec, den Deutschen, genannt hatte, konnte Michel sein! Da ihr Mann von eigenen Kameraden überfallen worden war und damit rechnen musste, dass Hettenheim, Loosen und Haidhausen ihn im Heer des Königs verleumdet hatten, durfte er sich dort nicht mehr blicken lassen. Den Hussiten hatte er sich ebenso wenig anschließen können. Zum einen ließen die keinen Deutschen, insbesondere keinen von Sigismunds Rittern, am Leben, und zum anderen handelte es sich bei ihnen um Ketzer. Sie traute ihrem Mann durchaus zu, Graf Sokolny so viel Respekt eingeflößt zu haben, dass dieser ihn unter seine Krieger aufgenommen hatte. Daher verabschiedete sie sich voll neuer Hoffnung von Jakub und schritt weiter.
Die Hussiten sahen ihr ein paar Augenblicke nach, dann zuckte einer von ihnen mit den Achseln. »Eine große Hilfe wird uns dieses spirrelige Bürschchen nicht sein.«
»Unterschätze nicht die, die kleiner sind als du«, wies Jakub ihn zurecht. Er maß eine gute Handbreit weniger als der Sprecher und fühlte sich persönlich angesprochen.
Nach diesem Zwischenfall legten sich seine Männer und er erneut auf die Lauer, um weitere Reisende abzufangen.
Es dauerte nicht lange, da erklangen Hufschläge, und sie entdeckten einen Reitertrupp, der sich im flotten Tempo näherte. Der Patrouillenführer sah die Blicke seiner Kameraden auf sich gerichtet und überlegte. Wenn es zum Kampf kam, waren die anderen in der Überzahl. Allerdings lagerten etliche ihrer eigenen Leute in Rufweite und konnten ihnen jederzeit zu Hilfe kommen.
»Ihr zwei wartet am Waldrand. Wenn es hart auf hart kommt, ziehen wir uns zurück. Zwischen die Bäume können sie uns mit ihren Gäulen nur schlecht folgen. Du, Franek, alarmierst unsere Freunde. Sage ihnen, ein paar Deutsche reiten frech durch unsere Lande.«
»Einer davon ist ein Mönch!«, warf einer ein.
»Die habe ich besonders gefressen. Also los! Ihr wisst, was ihr zu tun habt.« Jakub wies seine Männer mit heftigen Gesten an, sich zu beeilen.
Dann wartete er, bis der Reitertrupp herangekommen war, und vertrat den Männern den Weg. »Na, wen haben wir denn da? Ein paar deutsche Reiter, die nicht wissen, dass hier böhmisches Land ist, und einen Schwarzkittel, der die Lügen Seiner Scheinheiligkeit aus Rom verkündet!«
Der Mann trat mit einer solchen Frechheit auf, dass
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