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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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einiges aus dem, was sich um ihn herum tat.
    Schon der erste Blick verriet ihm die Unterschiede zwischen den hussitischen Kriegern und den königlichen Truppen. Während Sigismunds Ritter und Waffenknechte mürrisch und gelangweilt in und zwischen ihren Zelten herumlungerten, herrschte hier ein ganz anderer Geist.
    In diesem Heerlager war niemand untätig. Auf einer Wiese außerhalb des Lagers wurden Rekruten gedrillt. Ein Stück davon entfernt arbeiteten Zimmerleute mit Unterstützung von Soldaten an Belagerungstürmen und Katapulten, mit denen man die Mauern von Sokolny zu überwinden hoffte. An anderer Stelle wurden Lafetten für Geschütze zusammengebaut. Etliche Männer waren damit beschäftigt, Armbrustpfeile zu schnitzen, und in den Feldschmieden erklangen die Hämmer der Schmiede, die Schwerter und Speerspitzen anfertigten. Eben marschierten neue Truppen ins Lager und erhielten von den Quartiermeistern die Plätze zugewiesen, an denen sie ihre Zelte und Feldküchen aufbauen sollten.
    Alles atmete den Geruch entschlossener Kriegsführung. Obwohl Ruppertus mehr als ein Jahrzehnt lang im zumindest äußerlich friedlichen Rom gelebt hatte, begriff er, dass hier der alles entscheidende Sturm auf Sokolny vorbereitet wurde. Lange, sagte er sich, würde es nicht mehr dauern, dann hatte Fürst Vyszo den Sperrriegel, den die Burg und das Land darum herum darstellten, überwunden. Oder er musste sich als gescheiterter Mann ins böhmische Binnenland zurückziehen.
    Wenn Vyszo keinen Erfolg hatte, würden ihn die größten Schreier unter den Hussiten der Unfähigkeit zeihen und dafür sorgen, dass er diese Niederlage nicht lange überlebte. Aber hier sah es so aus, als täte der Hussitenfeldherr alles, damit es nicht zu einem solch beschämenden Ende kam.
    Nachdem Ruppertus zu Vyszos Zelt gebracht worden war, erhielt sein Führer die Auskunft, der Fürst befände sich auf einem Inspektionsritt.
    »Ihr werdet hier warten!«, erklärte Jakub in einem Ton, der dem Mönch zeigen sollte, wie wenig willkommen er hier war.
    Ruppertus vertraute jedoch auf Gott und die Sendung, die ihm die Himmelsmächte aufgetragen hatten. Verächtlich blickte er über den Hussiten hinweg, und es störte ihn auch nicht, dass seine Begleiter wie Gefangene behandelt und weggebracht wurden.
    Ihm selbst bot man keine Sitzgelegenheit an und auch keinen Becher Bier oder gar Wein. Außerdem zogen Wachen auf, die ihn nicht aus den Augen ließen.
    Etliche Zeit später näherte sich ein Reiter dem Zelt, den Ruppertus der Beschreibung und der Kleidung nach für Fürst Vyszo hielt. Der Mann schwang sich nicht weit von ihm aus dem Sattel, und der Blick, mit dem er ihn musterte, bewies Ruppertus, dass der Fürst bereits über seine Ankunft informiert worden war.
    Der Hussit war ein kräftiger, finster wirkender Mann, der alles andere als begeistert zu sein schien, sich mit einem solchen Gast abgeben zu müssen. Er blieb zwei Schritte vor Ruppertus stehen, während zwei seiner Leibwächter diesen in die Mitte nahmen und mit ihren Schwertern bedrohten.
    »Du willst der Inquisitor des Bischofs von Rom sein, Mönch?«, fragte er in gut verständlichem Deutsch.
    »Ich bin der Großinquisitor des Papstes. Zu Euren Diensten, Fürst Vyszo!«
    Überrascht über diese höfliche Antwort, fiel Vyszo jetzt in den unter Edelleuten gebräuchlichen Tonfall ein. »Ihr redet so, als hättet Ihr mich aufsuchen wollen.«
    »Und wenn es so wäre?« Ruppertus spürte, dass die Neugier des anderen erwacht war.
    Aber er hütete sich, den Fürsten für einen vertrauensseligen Narren zu halten. Dieser Mann wusste genau, dass er nicht ewig gegen das Reich und die römische Kirche Krieg führen konnte. Böhmen brauchte den Frieden ebenso dringend wie die umliegenden Lande Österreich, Baiern, Franken und Sachsen.
    Vyszo hatte indessen beschlossen, den Inquisitor nicht als Unterhändler, sondern als Feind anzusehen. »Ihr seid weit weg von Rom, Mönch, und fast ebenso weit von den Schwertern der deutschen Ritter, die Euch schützen könnten. Wenn ich meinen Männern sage, sie sollen Euch in Stücke hauen, kann Euch niemand mehr helfen.«
    »Einer kann und wird es tun, nämlich Gott im Himmel!« Ruppertus blickte nach oben zum grau verhangenen Himmel und verblüffte damit sein Gegenüber.
    Vyszo hatte bereits sein Schwert aus der Scheide gezogen, um den Tod seines Idols Jan Hus zu rächen und die Allmacht der römischen Kirche zu brechen. Gott aber fürchtete er mehr, als der Papst und

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