Die Rache Der Wanderhure
antworten, sah dann aber, wie Michel hinter sich griff und eine der Handbüchsen aus dem Futteral nahm. Dabei sah er den Hussiten spöttisch an.
»Meint Ihr diese Waffen?« Mit der Handbüchse in der Hand stieg er ab und ging auf Vyszo zu. Dessen Leibwächter wollten zu den Schwertern greifen, doch da reichte Michel dem Fürsten das Tannenbergrohr mit dem Kolben voraus.
»Vorsicht, die Waffe ist geladen. Probiert aus, ob sie wirklich nicht schießt«, forderte er den Fürsten auf.
Einen Augenblick lang starrte Vyszo auf das klobige Ding, nahm es entgegen und wies ein paar Männer an, mehrere Schilde zusammenzustellen. Als dies geschehen war, ließ er sich eine Fackel reichen und zündete die Lunte an. Diese brannte rasch ab, und als die Flamme ins Zündloch schlüpfte, wollte Jakub schon spotten. Da ging die Handbüchse krachend los. Das eiserne Geschoss knallte gegen die aufgestellten Schilde und riss einen davon heraus, während die anderen scheppernd zusammenstürzten.
»So viel zu den Versprechungen des Inquisitors«, erklärte Marie bissig.
Fürst Vyszo starrte auf den rauchenden Lauf und die zusammengebrochenen Schilde und wusste im ersten Augenblick nichts zu sagen. Dafür fluchte Jakub in einer Weise, dass ihn jeder taboritische Prediger zur schlimmsten Buße verurteilt hätte.
»Dieser elende Hund von einem Mönch hat uns verraten! Wären wir gegen Burg Sokolny vorgerückt, hätten wir uns blutige Köpfe geholt. Der Teufel soll ihn holen und den deutschen König gleich dazu.«
»Sigismund hat mit diesem Täuschungsspiel nichts zu tun«, wies Marie den Mann zurecht. »Er will nur Sokolny helfen, sich gegen Euch zu behaupten, und hat dafür die Unabhängigkeit der Grafschaft akzeptiert.«
»Schießen alle diese Büchsen oder nur diese eine?«, wollte Vyszo wissen.
Statt eine Antwort zu geben, holte Michel eine zweite Handbüchse aus ihrem Futteral, brannte die Lunte an und hielt den Lauf auf den bereits durch das erste Geschoss verbogenen Schild. Die Waffe krachte, und diesmal durchschlug die Eisenkugel das Holz ebenso wie die metallenen Beschläge.
»Reicht das als Antwort?«, fragte Michel.
Vyszo stieß erschrocken die Luft aus den Lungen und musterte dann Marie mit einem seltsamen Blick. »Wie es aussieht, ist dieser Mann Euer würdig. Nun wundert es mich nicht mehr, dass meine Leute ihn fürchten.«
»Das müssen sie nicht länger, wenn Ihr Euch für den Frieden entscheidet!«, sagte Marie erleichtert. Sie war froh, dass Michels Verstand noch genauso scharf war wie früher und sein Mut ebenfalls nicht unter seinem Gedächtnisverlust gelitten hatte.
Fürst Vyszo starrte nachdenklich auf den verbeulten Schild und überlegte. Seine Stellung in Böhmen war nicht unangefochten. Fanatischere Anführer als er wollten ihren Glauben mit Feuer und Schwert verbreiten und jene, die diesen nicht annahmen, von dieser Erde tilgen. Mit dieser Einstellung aber würden sie irgendwann scheitern, weil sie sich zu viele Feinde machten, die einander schon aus Angst um das eigene Leben beistanden. Er hingegen wollte nur seinen Glauben gegen die römische Kirche verteidigen. Wenn Václav Sokolny und seine Leute unbedingt katholisch bleiben wollten, so berührte ihn das nicht, solange der Graf keinen Krieg gegen ihn führte. Genauso stand er zu König Sigismund. Ein Bündnis mit den beiden konnte ihm wahrscheinlich sogar helfen, sich gegen die Taboriten durchzusetzen, die immer lauter nach seinem Kopf riefen.
Entschlossen nickte er Marie und Michel zu. »Wenn König Sigismunds Friedensangebote ebenso wie die von Graf Sokolny ehrlich gemeint sind, so bin ich bereit, sie anzunehmen. Möge nur Gott diese Vereinbarung brechen!«
»Amen!«, rief Marie erleichtert aus, und Michel atmete auf.
»So sei es!«, rief er zufrieden.
»Damit ist alles gesagt. Richtet Sokolny aus, dass ich seine Burg nicht angreifen werde, und dann überbringt Sigismund meine Antwort!«
Fürst Vyszo begrüßte diese Entwicklung, denn in den letzten Monaten hatte er sich wie zwischen Hammer und Amboss gefühlt, und die meisten seiner Unteranführer waren ebenfalls zufrieden. Nur Jakub kaute noch auf seinen Lippen herum, wagte aber nicht, etwas einzuwenden.
Sein Anführer fixierte ihn mit einem scharfen Blick und deutete dann in die Richtung, in der Sokolnys Burg lag. »Du wirst den Němec und die Dame zum Grafen begleiten und ein Treffen mit ihm aushandeln. Wir müssen dem Friedensschluss mit Brief und Siegel die rechte Form geben. Euch«, mit
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