Die Rache Der Wanderhure
Lager reiten sehen.«
»Wer ist Hettenheim?«, fragte Michel, der dem Tonfall des Zwerges entnahm, dass jener Mann etwas mit seinem Schicksal zu tun haben musste.
»König Sigismunds Vetter und Ruppertus’ Handlanger«, erklärte Marie an Nepomuks Stelle. Doch auch der Hinweis auf den alten Feind löste in Michels Kopf keine Erinnerung aus.
»Ein sehr gefährlicher Mann!«, warnte der Gaukler. »Eigenartig ist, dass ich ihn vor ein paar Tagen in Verkleidung eines Händlers aus Richtung Sokolny kommen sah. Er hatte einen leeren Wagen bei sich, und in seiner Begleitung waren drei ebenfalls als Fuhrleute verkleidete Waffenknechte.«
In Michel formten sich die einzelnen Informationen langsam zu einem Bild. Damit konnte nur der angebliche Händler gemeint sein, der die unbrauchbar gemachten Handbüchsen geliefert hatte. Nun ärgerte er sich erneut, dass er nicht besser auf diesen Mann geachtet hatte.
Als er Nepomuk nach Hettenheim fragte, wies dieser mit einer knappen Bewegung auf Marie. »Sie kann Euch mehr über diesen Mann erzählen als ich, Herr Ritter!«
Michel wandte sich zu Marie um und seufzte. Offensichtlich war diese Frau sein Schicksal, im Guten oder im Bösen. Wenn er nicht wollte, dass seine unbekannten Feinde über ihn triumphierten, würde er ihre Hilfe brauchen und – was noch wichtiger war – ihr Vertrauen.
»Bitte erzählt mir von Hettenheim und von diesem – wie nanntet Ihr ihn? – Ruppertus?«
Auch Marie begriff, dass sie und Michel zusammenhalten mussten, wenn sie den Schlichen dieses Wahnsinnigen entgehen wollten, und nickte. »Also gut, ich erzähle es dir, Němec. Nimm dich aber in Acht! Deine und meine Feinde sind gefährlicher, als ich es mit Worten ausdrücken könnte.«
»Ich werde es mir zu Herzen nehmen«, antwortete Michel und hörte aufmerksam zu, als Marie zu berichten begann. Dabei näherten sie sich zusammen mit Nepomuk dem Lager der königlichen Truppen und ritten dort ein.
6.
N ach seinen Verhandlungen mit Fürst Vyszo war Ruppertus ins Feldlager der königlichen Truppen zurückgeritten. Dort blieb er jedoch nicht lange, sondern brach noch vor Hettenheims Rückkehr von Sokolny mit Eberhard und mehreren Kriegern nach Nürnberg auf. Dort wollte er den König in seinem Sinn beeinflussen und seine eigenen Pläne vorantreiben. Für Hettenheim hinterließ er eine Nachricht, die Sigismunds Vetter anwies, zu beobachten, wie Vyszo Burg Sokolny eroberte, und festzustellen, ob der Fürst die Frau gefangen nahm, die er suchte. Wenn das der Fall war, sollte er Marie Adler von dem Hussiten übernehmen und zu ihm bringen.
Hettenheim fluchte unflätig, als er den Brief las, denn momentan waren Fürst Vyszo und die Frau wahrlich sein geringstes Problem. Fast sein ganzes Denken kreiste um den so urplötzlich von den Toten auferstandenen Michel von Hohenstein. Er hatte bisher niemand berichtet, dass der Mann noch lebte. Aber was war, wenn der Kerl sein Gedächtnis wiedergewann und sich daran erinnerte, wer an der Egerfurt auf ihn geschossen hatte?
Während er in seinem Zelt mit seinem Schicksal haderte, kam ihm noch eine andere Frage in den Sinn. Seit der römische Inquisitor in sein Leben getreten war, hatte er den Mönch mit allen Kräften unterstützt, aber bisher noch nicht einmal einen Zipfel der ihm versprochenen Belohnung erhalten. Stattdessen hatte er seine beiden Vertrauten Loosen und Haidhausen verloren wie auch seinen fähigen Sergeanten Mühldorfer. Sein Vetter Sigismund saß noch immer ungefährdet auf dem Thron, während er selbst fast seinen ganzen Einfluss verloren hatte. Adalbert von Sachsen berief ihn nicht einmal mehr in seinen Kriegsrat, und sein eigener Anhang schwand wie Wasser zwischen den Fingern.
In seinem missmutigen Grübeln verstrickt, bekam Hettenheim nicht mit, dass zwei Reiter und ein Mann auf einem Karren das Lager erreichten. Die erstaunten Rufe und der Jubel etlicher Krieger aus Franken ließen ihn schließlich aufmerksam werden. Er stand auf und wollte sein Zelt verlassen, um nachzusehen, was geschehen sei. Aber bei dem Anblick, der sich ihm bot, prallte er wieder zurück. Er wollte nicht glauben, was ihm seine Augen zeigten.
Da ritt dieses Weib, das der Inquisitor so sehr begehrte, dass er über Leichen ging, um es in die Hände zu bekommen, so selbstverständlich ins Lager ein, als wäre nie etwas geschehen, und wie zum Hohn für ihn wurde Marie Adler auch noch von ihrem Ehemann begleitet. Michel Adler trug seine alte Rüstung und sah bis auf
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