Die Rache Der Wanderhure
diesem Wort wandte Vyszo sich an Michel und Marie, »gebe ich eine Eskorte mit, die Euch dann auch zur Grenze des Reichsgebiets bringen soll. Von dort müsst Ihr allein weiterreiten. Solange der Krieg noch nicht offiziell beendet ist, will ich keinen meiner Männer riskieren.«
Michel wechselte einen kurzen Blick mit Marie und stimmte zu. »Damit sind wir einverstanden. Mögen Eure Männer bald in Frieden die Grenze überqueren können!«
Er ritt auf Vyszo zu und streckte ihm die Hand entgegen. Dieser ergriff sie mit dem Gefühl, diesen Mann lieber als Verbündeten zu sehen denn als Feind.
5.
D er Abschied von Sokolny war kurz. Janka ließ sich nicht sehen, der Graf war in Gedanken bereits mit den Verhandlungen beschäftigt, die er mit Vyszos Vertrautem Jakub führen wollte, und Ritter Roland saß mürrisch in einer Ecke. Ihm gefiel es gar nicht, dass einige von Sokolnys Leuten die Idee aufgebracht hatten, Jankas Heirat mit Fürst Vyszo könnte die beste Lösung aller Probleme sein.
Michel fühlte sich auf einmal wie ein Fremder in der Burg und war froh, als er Marie auf ein Pferd heben und selbst auf seinen Hengst steigen konnte. Bei dem Gedanken lächelte er über sich selbst. Es war ja noch nicht einmal sein Pferd. Der Graf hatte ihm dieses Tier und Marie die zierliche Stute geschenkt, auf der sie nun saß. Sokolny hatte sich großzügig gezeigt, und so kam Michels Dank aus vollem Herzen. Eines aber bedrückte ihn. Marat, der ihm in den Wochen auf Sokolny zu einem guten Freund geworden war, winkte ihm nur kurz zum Abschied zu und verschwand dann in Richtung seiner Hütte.
Einen Augenblick überlegte Michel, dem Steppenkrieger zu folgen. Dann aber zog er mit einem missmutigen Laut das Pferd herum und verließ die Burg, die beinahe zu seiner neuen Heimat geworden wäre. Von dem Ort, an den er den Worten seiner Begleiterin nach gehörte, hatte er immer noch keine Vorstellung. Auch seine Beziehung zu Marie war ihm nicht ganz klar. Den Bildern in seinem Kopf nach musste sie seine Ehefrau gewesen sein oder seine Geliebte.
Sie aber war offensichtlich nicht bereit, ihn darüber aufzuklären. Auch sah sie ihn kein einziges Mal an oder richtete von sich aus ein Wort an ihn. Ihre ganze Haltung wirkte so abweisend, dass er es nicht wagte, ihr Fragen zu stellen.
Vyszos Eskorte wartete an der Grenze zu Sokolny auf sie und geleitete sie durch das Gebiet, in dem auch hussitische Krieger schwärmten, die zu den fanatischen Taboriten gehörten. An einem Nebenfluss der Eger hielten die Männer an und wiesen auf das andere Ufer.
»Dort beginnt das Land, das Sigismunds Ritter kontrollieren. Von hier an müsst Ihr ohne uns weiterziehen«, erklärte der Anführer.
Michel nickte mit ernstem Gesicht, denn ihm war klar, dass der Weg nicht ohne Gefahren war. Gleichzeitig war er froh, eine Weile mit seiner Begleiterin alleine reiten und dabei vielleicht mit ihr reden zu können. Tatsächlich fürchtete er sich etwas vor dem, was ihm die Zukunft bringen würde, und es wäre ihm wohler zumute, wenn er mehr erführe.
Inzwischen hatte er sich rasiert und trug seine alte Rüstung, die Marat sich als Beutestück geholt und aufbewahrt hatte. Nun war er auch äußerlich wieder der Němec, der Deutsche, aber er fühlte sich in diesem Aufzug nicht wohl. Den Hussiten war er ihren Mienen nach sogar unheimlich, und sie schienen froh zu sein, ihn verlassen zu können. Sie wendeten ihre Pferde ohne Abschied und ritten in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Michel sah ihnen einige Augenblicke nach, dann lenkte er seinen Hengst in die Furt. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Marie ihm folgte. Drüben angekommen, versuchte er, freundlich zu lächeln. »Erlaubt Ihr mir eine Frage?«
»Ja!«
»Wie soll ich Euch ansprechen? Kastellanin von und auf Hohenberg?«
»Hohenstein!«, korrigierte Marie ihn, ohne ihm einen Schritt entgegenzukommen.
Michel hatte von ihr wissen wollen, in welcher Beziehung sie standen und wer er gewesen war, aber ihr kühles Benehmen schreckte ihn ab. Daher zuckte er resignierend mit den Achseln.
»Ich bin eben Němec und wäre um Haaresbreite der nächste Graf Sokolny geworden. Doch irgendwie erleichtert es mich, dass es dazu nicht gekommen ist.«
Marie reagierte nicht auf seine Worte, sondern trieb ihr Pferd an.
Michel hielt seinen Hengst eng neben ihrer Stute und versuchte, ihre Miene durch ein Lächeln aufzuheitern. »Eigentlich seid Ihr mir schon länger vertraut.«
Überrascht zügelte Marie ihr Pferd und
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