Die Rache Der Wanderhure
laut, aber er kann trotzdem Leute anlocken.«
»Was machen wir mit Adler?«, fragte Mühldorfer. »Sollten wir nicht dem Fluss folgen und seinen Leichnam bergen, damit er ein christliches Begräbnis erhält?«
»Wenn du das versuchst, schlagen dir Sokolnys Leute oder die Hussiten arg unchristlich den Schädel ein«, spottete Hettenheim. »Adler ist tot! Meine erste Kugel hätte bereits ausgereicht, um ihm das Lebenslicht auszublasen, und die zweite traf ihn mitten ins Gesicht. Außerdem wird ihn seine Rüstung auf den Grund des Flusses ziehen. Das langt, um ihn dreimal zu töten, selbst wenn der Kerl so viele Leben hat wie eine Katze.«
»Wir sollten sein Schwert mitnehmen, damit wir es seiner Witwe, der Hure, schicken können, zusammen mit einem Sprüchlein, das besagt, wie tapfer ihr Mann im Kampf gegen die Hussiten gefallen ist!«
Während Loosen diesen Vorschlag machte, zog Haidhausen Michels Schwert aus der Erde und schwang es durch die Luft.
»Der Kerl hatte eine verdammt gute Klinge. Am liebsten würde ich sie behalten, sozusagen als letztes Geschenk eines guten Kameraden.«
»Nein! Wir machen es so, wie Loosen vorgeschlagen hat. Immerhin stellt diese Waffe den Beweis dar, dass wir den Bastard erwischt haben. Außerdem ist das Wappen von Hohenstein in die Parierstange eingraviert. Und jetzt kommt endlich! Ich rieche förmlich, wie dieses Böhmengesindel näher kommt.«
Mit diesen Worten ritt Hettenheim los, ohne auf die anderen zu warten. Die drei verhinderten Meuchelmörder stiegen eilig auf ihre Gäule und trieben diese mit den Sporen an, um die Stätte ihrer heimtückischen Tat so rasch wie möglich hinter sich zu lassen.
13.
H ettenheim ahnte nicht, wie nahe der Feind ihm bereits gewesen war. Kaum hatten er und seine Spießgesellen den Schauplatz ihrer Untat verlassen, löste sich eine Gestalt aus den Büschen und blieb am Rand der Lichtung stehen. Es handelte sich um einen muskulösen Mann mittlerer Größe, der fremdartig wirkte. Seine Hautfarbe war dunkler, als es in diesen Landen üblich war, und seine Augen glühten wie dunkle Kohlen zwischen schmalen Lidern. Am auffälligsten waren jedoch die dunkelblauen Linien, die sein Gesicht und den teilweise kahlgeschorenen Schädel bedeckten.
Der Mann war mit einer ledernen Hose und einer ebenfalls aus Leder gefertigten Weste bekleidet und trug an den Füßen Stiefel mit weichen Sohlen. Auf seinem Rücken hing ein Köcher mit einem Hornbogen und zwei Dutzend Pfeilen. Außerdem trug er ein Krummschwert an seiner linken Hüfte, und in seinem Gürtel steckte ein Dolch, dessen Knauf wie ein Hirschkopf gearbeitet war.
Er blickte in die Richtung, in die Hettenheim und dessen Begleiter verschwunden waren, spie kurz aus und trat dann auf die Lichtung. Nur der aufgewühlte Boden verriet noch, dass es hier einen Kampf gegeben hatte. Auch war die Stelle, an der Michel ins Wasser gestürzt war, deutlich zu erkennen. Der Fremde kniete dort nieder und sah in das flache, aber rasch fließende Wasser. Die Strömung war zu stark, als dass ein Mann in leichter Rüstung, wie der deutsche Ritter sie getragen hatte, sofort auf den Grund des Flusses gezogen worden wäre. Marat kannte ein Stück flussabwärts eine Stelle, an der die Eger von schroffen Felsformationen in eine Schleife gezwungen wurde. Dort, so schätzte er, würde der ermordete Ritter auf die große Sandbank gespült werden.
Bevor er dem Fluss folgte, lauschte Marat in den Wald hinein und nickte zufrieden, als er nichts anderes vernahm als den Wind und die Vögel in den Zweigen. Deutsche Ritter würde er auf fünfhundert Schritt bemerken und Vyszos Hussiten auf gut zweihundert. Doch hier gab es keinen Menschen mehr außer ihm und jenem Toten, den die Eger der Sandbank entgegentrug.
Marat lief los und machte dabei nicht mehr Geräusch als ein schleichender Fuchs. Weder die Deutschen noch die Hussiten würden ihn auf mehr als zehn Schritte hören können. Während er dem Fluss folgte, fragte er sich, was sich auf der Lichtung abgespielt haben mochte. Warum hatten die deutschen Ritter einen der Ihren ermordet und seinen Leichnam einfach den Fluten der Eger überlassen?
Das war ein Geheimnis, welches er wahrscheinlich niemals würde ergründen können, denn der Mann war tot, und seine Mörder hatten den Ort ihrer Tat fluchtartig verlassen. Marat nahm an, dass es um eine persönliche Angelegenheit gegangen war oder um das, was diese Ritter ihre Ehre nannten und mit dem sie ihren Verstand vernebelten. Ein
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