Die Rache Der Wanderhure
paar wuchtigen Hieben Raum zu verschaffen. Wenn er sich gegen drei Gegner durchsetzen wollte, musste er so rasch wie möglich einen von ihnen ausschalten. Während er seine Konzentration für den entscheidenden Angriff sammelte, sah er noch einmal zu Mühldorfer hin.
»Um dich tut es mir leid, Sergeant. Ich habe dich für einen ehrlichen Soldaten gehalten!«
Während die beiden Ritter glaubten, der nächste Schlag ihres Gegners gälte Mühldorfer, war Michel mit einem Schritt bei Loosen und schwang sein Schwert mit aller Kraft.
Da hörte er auf einmal ein Zischen und einen Knall. Gleichzeitig verspürte er einen harten Schlag gegen die Schulter, der ihn zwei Schritte zurückstolpern ließ. Ungläubig blickte er an sich herab. In seinem Brustpanzer war ein Loch, aus dem ein feines Blutrinnsal trat. Da diese Wunde nicht von seinen drei Gegnern stammte, musste ihnen jemand zu Hilfe gekommen sein.
Michel drehte sich einmal um die eigene Achse, sah, dass Loosen, Haidhausen und Mühldorfer nicht weniger überrascht schienen als er selbst, und entdeckte schließlich eine kleine Rauchwolke, die der Wind rasch vertrieb. Dahinter konnte er Falko von Hettenheim erkennen, der gerade eine der Handbüchsen beiseitelegte, die er am Abend zuvor so stolz präsentiert hatte. Nun hob er eine zweite Büchse hoch und stützte den Lauf auf eine Astgabel.
Da Loosen und seine beiden Kumpane soeben die Wirksamkeit dieser Waffe erlebt hatten, wichen sie vor Michel zurück. Dieser starrte auf das Bronzerohr, dessen Öffnung genau auf ihn zeigte, auf die Lunte in Hettenheims Hand und begriff, dass der Mann seine Waffe abfeuern würde, bevor er ihn erreichen konnte. Aber er wollte sich nicht wehrlos abschlachten lassen und rannte im Zickzack auf den Grafen zu.
Beinahe wäre es Michel gelungen, Hettenheim zu überraschen. Gerade noch rechtzeitig zündete dieser die Handbüchse. Es zischte, dann löste sich der Schuss mit einem dünnen Knall.
Das zweite Geschoss traf Michel am Kopf. Er nahm noch wahr, wie sein Helm davonflog, spürte aber keinen Schmerz. Dann wurde das Schwert ihm zu schwer und entglitt seiner Hand. Halb betäubt versuchte er noch, danach zu greifen. Doch die Welt drehte sich um ihn. Er wankte, machte unwillkürlich ein paar Schritte, um sein Gleichgewicht wiederzufinden, und geriet ins Ufergebüsch. Dort gaben die Beine unter ihm nach. Noch während er rücklings ins Wasser stürzte, hörte er jemand aufjubeln.
»Der wäre erledigt!«
Dann erloschen seine Sinne, und sein Körper wurde von den Fluten der Eger davongetragen.
Falko von Hettenheim stellte seine zweite Handbüchse ab und trat ans Ufer. Von Michel Adler war bereits nichts mehr zu sehen. Nur das Schwert steckte mit der Spitze im weichen Boden und wippte leicht. Im Licht der Sonne, die gerade durch die Nebelschwaden brach, wirkte sein Schatten wie ein Kreuz.
Unwillkürlich bekreuzigte Falko von Hettenheim sich. Dann funkelte er die beiden Ritter und den Sergeanten grimmig an. »Ich habe nicht angenommen, dass ich selbst eingreifen müsste. Aber ihr seid nicht einmal zu dritt mit diesem Kerl fertig geworden.«
Hannes Mühldorfer starrte beschämt zu Boden, Loosen aber machte eine wegwerfende Bewegung. »Wir hätten Michel Adler schon noch erledigt. Das Gelände ist abschüssig und damit ungünstig für einen Kampf. Daher konnte er uns eine Weile widerstehen!«
»Er hätte euch alle erschlagen!«, erklärte Hettenheim grimmig. »Aber ich sollte zufrieden sein, denn ihr habt mir die Gelegenheit geboten, die Handbüchsen auszuprobieren. Sie sind nicht schlecht, doch um eine Schlacht mit ihnen entscheiden zu können, bräuchte man Hunderte. Außerdem muss man zu nahe an den Gegner heran, um sicher sein zu können, dass man ihn trifft, und das Laden dauert einfach zu lange. Jedes Ritterheer würde eine mit Tannenbergrohren ausgerüstete Schar über den Haufen reiten, bevor die Männer auch nur einen zweiten Schuss abgeben können.«
»Aber bei einer Belagerung könnten sie von Nutzen sein«, wandte Mühldorfer ein.
»Dafür hat man richtige Kanonen«, erklärte Hettenheim von oben herab.
Trotz seiner abfälligen Worte trug er die Büchse, mit der er den zweiten Schuss abgegeben hatte, zu seinem Pferd und steckte sie in das dafür vorgesehene Futteral. Dann holte er das zweite Rohr, befestigte es auf der anderen Seite seines Sattels und schwang sich auf sein Reittier.
»Wir sollten schleunigst verschwinden. Der Knall dieser Dinger war zwar nicht übermäßig
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