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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wenig bedauerte er das Opfer dieses Mordanschlags. Der Mann hatte gut gekämpft und wäre ohne die Schüsse aus diesen lärmenden Teufelswaffen mit den drei ersten Gegnern fertig geworden.
    Eigentlich, sagte Marat sich, konnte er den Mordbuben sogar dankbar sein. Immerhin hatten sie einen Feind beseitigt, der ihm und seinem Herrn noch einige harte Nüsse hätte zu knacken geben können.
    Marat ertappte sich, dass er mehr über diesen Mann nachdachte, als ein Toter es verdiente, und wollte nicht weiter nach ihm suchen. Aber er hatte die Flussbiegung erreicht und konnte bereits die Sandbank erkennen. Nach ein paar weiteren Schritten sah er, dass der Leichnam wie erwartet dort angeschwemmt worden war. Der Tote lag seitlich zur Strömung auf dem Rücken, so dass der Kopf aus dem Wasser ragte, während die Wellen der Eger an seinen Beinen zerrten. Zwei Wunden konnte Marat erkennen. Hoch in der Schulter war der Panzer von der Handkanone durchschlagen worden, und das Loch war von Blut umrandet. Die zweite Kugel hatte den Mann seitlich am Kopf getroffen. Diese Verletzung blutete stärker, so dass der Fluss dünne, rote Schlieren mit sich nahm.
    Aus keinem bestimmten Grund heraus stieg Marat auf die Sandbank und stapfte auf den Deutschen zu. Mehr als dessen Dolch und ein paar Münzen im Beutel würde er bei ihm nicht finden, sagte er sich, als er sich über den Körper beugte. Da vernahm er ein leises Stöhnen.
    Der Deutsche lebte noch!
    Marat zuckte zurück, beugte sich dann aber wieder vor und berührte das Gesicht des Verwundeten mit den Fingerspitzen. Der Mann öffnete den Mund und stieß ein paar zusammenhangslose Worte aus, die wie Namen klangen.
    Wenn er es richtig verstanden hatte, musste es sich um Ari und Rudi handeln. Doch das hatte im Augenblick keine Bedeutung. Erst einmal musste er entscheiden, was er tun sollte. Er konnte dem Mann einen Fußtritt geben und ihn damit wieder in tieferes Wasser stoßen. Dort würde der Deutsche unweigerlich ertrinken. Aber davor scheute Marat zurück. Den Mann auf der Sandbank liegen lassen, damit er dort krepierte, war ihm ebenfalls zuwider.
    Mit einem Knurrlaut, der seinen ganzen Unmut ausdrückte, zog er den Verletzten ganz aus dem Wasser und begann, ihn aus seiner Rüstung zu schälen. Das Zeug war schwer. Da er einige Meilen zu gehen hatte, wollte er sich nicht über Gebühr belasten. Wenn er auf Feinde traf, musste er in der Lage sein, sich zu verteidigen. Das Material war jedoch zu wertvoll, um es einfach liegen zu lassen, und so beschloss Marat, es später zu holen.
    Als Nächstes verband er die Wunden des Verletzten, damit der Mann ihm nicht unterwegs verblutete, und wuchtete ihn anschließend auf die Schulter. Vorsichtig lauschend stieg er aus dem Fluss und wanderte Richtung Sokolny. Unterwegs sagte er sich, dass es vielleicht ganz gut war, wenn der Deutsche am Leben blieb. Da die eigenen Leute ihn hatten töten wollen, war es sogar möglich, dass er König Sigismunds Pläne freiwillig preisgab. Und sollte der Deutsche nicht willens sein zu reden, so kannte Marat genug Mittel, um ihn dazu zu bringen.

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    Zweiter Teil
    Die Suche
    1.
    A uf Hohenstein war das Leben nach Michels Abschied zumindest vordergründig in normalen Bahnen verlaufen. Marie verwaltete die Burg und das dazugehörige Land mit großem Geschick und freute sich über die gute Ernte, die sie heuer würden einfahren können. In den Nächten jedoch, in denen sie allein im Bett lag und immer wieder auf die andere Seite hinübertastete, wurde die Einsamkeit von Tag zu Tag unerträglicher, und ihre Gedanken flogen nach Osten zu Michel. Sie hatte bisher keine Nachricht von ihm erhalten, aber von Kaufleuten und wandernden Sängern gehört, dass der Kriegszug gegen die Hussiten nicht so verlaufe, wie man es sich allgemein vorgestellt hatte.
    Marie gefiel die Entwicklung gar nicht, denn je länger der Krieg dauerte, umso länger würde sie auf Michels Rückkehr warten müssen. An diesem Tag war sie besonders beunruhigt und fühlte einen Knoten im Magen, der nicht weichen wollte. Sie beherrschte sich vor den anderen, schickte Trudi am Abend jedoch früher ins Bett als gewöhnlich und machte sich schon kurz danach auch selbst bettfertig. Obwohl sie befürchtet hatte, trotz ihrer ungewöhnlichen Müdigkeit nicht einschlafen zu können, dämmerte sie rasch weg und versank in einem intensiven Traum.
    Anfangs ging sie mit Michel Hand in Hand durch herrlichsten Sonnenschein, aber bald umwaberte sie dichter Nebel. Als

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