Die Rache Der Wanderhure
brechen sollen? So konnte ich alles gut vorbereiten und diese Laus in Eurem Pelz beseitigen, ohne dass jemand Verdacht schöpfen kann. Doch sprechen wir lieber über meinen Lohn. Ihr wolltet dafür sorgen …«
Hettenheim brach ab, weil eben der Mönch mit einem Krug Wein und zwei Bechern in der Hand eintrat. Ein jüngerer Mönch folgte ihm mit einem Tablett voller Speisen, die verrieten, dass dieser Tag kein Fastentag für das Kloster war.
Als die beiden Mönche wieder gegangen waren, sprach Hettenheim nicht sofort weiter, sondern riss einen Schenkel des Brathähnchens ab und stopfte sich das Fleisch gierig in den Mund.
»Endlich gibt es wieder etwas Richtiges zu essen! Im Lager fehlt der Nachschub, und nun ist dort Schmalhans Küchenmeister«, sagte er mit vollem Mund, erinnerte sich dann aber an das, was er sagen hatte wollen, bevor ihn die Mönche unterbrochen hatten.
»Ihr habt versprochen, dass der Papst mich zum Kaiser krönt!«
Ruppertus musste lachen. »Seid Ihr nicht ein wenig vorschnell? Michel Adlers Tod war der Preis dafür, dass ich mich überhaupt für Euch verwende. Als Nächstes muss Sigismunds Feldzug gegen die Hussiten scheitern! Dann können wir weiterreden. Bis dorthin werdet Ihr mir mit all Eurer Hingabe dienen. Habt Ihr mich verstanden?«
So hatte Hettenheim sich die Sache nicht vorgestellt. Ein Blick in das Gesicht des Inquisitors aber verriet ihm trotz der Maske des Mönches, dass es diesem vollkommen ernst war.
»Ich werde Euch selbstverständlich unterstützen«, antwortete er mit einem kaum merklichen Zögern.
Ruppertus war damit zufrieden. »Dann ist es gut! Kehrt jetzt in Euer Lager zurück und behaltet sowohl die Hussiten wie auch diesen elenden Sokolny im Auge. Ich reite unterdessen nach Nürnberg, um mich mit Sigismund zu treffen.«
Noch während er es sagte, richteten Ruppertus’ Gedanken sich auf Marie. Er konnte es kaum mehr erwarten, sie endlich zu besitzen und zu beherrschen. Michels Tod war nur der erste Schritt dazu gewesen. Den zweiten würde er in Nürnberg tun, und ein alter Foliant, in den vor Jahrzehnten ein königlicher Schreiber einen Präzedenzfall eingetragen hatte, würde ihm dabei behilflich sein.
Bis dorthin aber musste Marie erfahren haben, dass sie Witwe geworden war. Ruppertus sah Hettenheim auffordernd an. »Bevor Ihr ins Feldlager zurückkehrt, werdet Ihr Adlers Weib die Nachricht überbringen, dass ihr Mann gefallen ist.«
»Das werde ich tun – und ihr sein Schwert aushändigen, sozusagen als Andenken an ihn!« Hettenheim lachte, um seine eigene Nervosität, aber auch seinen Ärger zu unterdrücken.
Zwar hatte der Inquisitor bei ihrem letzten Zusammentreffen keinen Hehl daraus gemacht, dass Sigismunds Feldzug gegen die Hussiten zuerst scheitern musste, bevor der Papst einen neuen Kaiser krönen konnte, aber die Konsequenzen dieser Erklärung wurden ihm nun erst bewusst. Da sein Vetter vorerst noch über etliche tausend Krieger verfügte, war er in der Lage, mit diesem Heer über die Alpen zu ziehen und Rom zu erobern. Dieses Risiko durfte Martin V. nicht eingehen. Aus diesem Grund konnte der Papst seine Entscheidung erst fällen, wenn Sigismund nach einer Niederlage gegen die Hussiten geschwächt war.
In seine Gedanken verwoben, überhörte er beinahe Ruppertus’ Antwort. »Macht das und beeilt Euch!«
Dies war das Zeichen, dass Hettenheim sich zurückziehen sollte. Ruppertus wollte allein sein, um seinen Triumph auskosten zu können. Endlich war der Weg frei! Marie würde ihm gehören, mit Haut und Haaren und Leib und Seele. Er würde sie strafen können, wenn er zornig war, und zärtlich zu ihr sein, wenn sie es verdiente. Vor allem aber würde er sie zwingen, ihn ohne Maske anzuschauen, damit sie begriff, was sie aus ihm gemacht hatte.
Noch einmal glaubte er die Flammen, die ihn damals verbrannt hatten, sengend auf seiner Haut zu spüren, und stieß einen Schrei aus, der alle, die sich in diesem Flügel des Klostergebäudes aufhielten, erschreckte. Erst nach einer Weile verlor sich das Gefühl wieder, und er schwor sich, Marie mit Höllenqualen für sein Elend zahlen zu lassen. Nach kurzem Nachsinnen begriff er aber, dass sinnlose Rache ihm nichts brachte. Marie war eine Auserwählte, so, wie auch er ein Auserwählter war. Gott hatte bestimmt, dass sie sich vereinen und miteinander Kinder in die Welt setzen sollten, die einmal die edelsten aller Menschen sein würden.
5.
D en Weg nach Nürnberg legte Ruppertus im Schutz einer
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