Die Rache Der Wanderhure
Begleitmannschaft zurück, die Hettenheims Unteroffizier Eberhard anführte. Er schätzte diesen Mann als dumpfen Klotz ein, der Befehle ausführte, ohne darüber nachzudenken. Kriege waren mit solchen Männern nicht zu gewinnen, doch als Leibwächter konnte man sich auf sie verlassen. Daher beschloss Ruppertus, Eberhard in seine Dienste zu nehmen.
Um so rasch wie möglich nach Nürnberg zu gelangen, ritten sie schnell und gönnten ihren Pferden nur die nötigsten Pausen. Als ihr Ziel endlich vor ihnen auftauchte, überraschte Ruppertus seine Begleiter, indem er einen Bogen um die Stadt schlug und bei einer kleinen Kapelle aus dem Sattel stieg, um zu beten.
Während einige den Kopf schüttelten, nahm Eberhard die Launen des Inquisitors ebenso stoisch hin wie das Wetter und richtete seine Gedanken auf einen fetten Schweinebraten und den guten Wein, den es in Nürnberg gab. Außerdem kannte er ein Hurenhaus in der Stadt, in dem es recht lustig zuging. Da Janus Suppertur angedeutet hatte, er geize nicht mit Trinkgeld, würde er sich das alles leisten können. An den böhmischen Krieg dachte Eberhard nicht mehr. Der war für ihn angesichts der Mauern von Nürnberg so weit weg wie der Mond.
Auch Ruppertus dachte weder an die Hussiten noch an Sokolny oder die Soldaten, die Sigismund in den böhmischen Wäldern zurückgelassen hatte. Er sprach sein Gebet an die Jungfrau Maria und bat sie, ihm weiterhin beizustehen. Dann verließ er die Kapelle und stieg aufs Pferd.
Als er kurz darauf in Nürnberg einritt, wirkte er mit seiner wehenden schwarzen Kutte und der silbernen Maske auf die Passanten so erschreckend, dass sie vor ihm zurückwichen und hinter seinem Rücken das Kreuz schlugen. Ruppertus entging das nicht, und er verfluchte die Leute stumm. Seit jenem entsetzlichen Tag in Konstanz hatte er nicht mehr leben können wie ein normaler Mensch.
»Marie wird nicht vor mir zurückweichen. Sie darf es einfach nicht, denn ich werde sie mit Banden an mich fesseln, die stärker sind als Ketten aus Eisen«, murmelte er, als er die Burg vor sich auftauchen sah. Dort angekommen, stieg er aus dem Sattel und warf einem Knecht die Zügel zu. Ohne den Mann weiter zu beachten, betrat er die Burg und forderte den ersten Diener auf, der ihm über den Weg lief, ihn zum König zu bringen.
Vor der Tür zu Sigismunds Gemächern wartete er nicht, bis der Diener ihn angemeldet hatte, sondern trat einfach ein und ging durch die Räume, bis er den König gefunden hatte. Sigismund saß an einem Tisch, der für zwei Leute gedeckt war, und aß. Ruppertus achtete jedoch nicht darauf. So entging ihm, dass auch Isabelle de Melancourt im Raum war. Die Äbtissin hatte gerade noch rechtzeitig aufspringen können und verbarg sich nun hinter einer Säule.
»Ihr kommt unerwartet, Inquisitor!« Sigismund hatte für diesen Abend andere Pläne, als mit Janus Suppertur zu reden, und zeigte dies deutlich.
Ruppertus verzog verächtlich den Mund, denn er schloss aus dem Unmut des Königs, dass dieser eine seiner Geliebten erwartete. Aber das interessierte ihn nicht. Wenn Sigismund ihm rasch gewährte, was er von ihm forderte, konnte der König sich wieder den angenehmen Seiten des Lebens widmen. Wenn nicht …
Diesen Gedankengang verfolgte Ruppertus nicht weiter, denn er war nicht Sigismunds Feind, sondern wollte ihn als Werkzeug benutzen. Doch ganz ohne Strafe sollte ihm der König nicht davonkommen, hatte dieser ihn doch in Konstanz zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilen lassen. Diese Überlegung bestärkte Ruppertus darin, seine Pläne weiterzuverfolgen. Wenn es ihm gelang, Sigismund zu stürzen und Hettenheim zum neuen König und sogar zum Kaiser zu machen, würde der Graf einen hohen Preis dafür zahlen müssen. Der Rang eines Reichsfürsten mit entsprechendem Besitz und die Stellung als Kanzler des neuen Kaisers mussten es mindestens sein. Zuerst aber galt es, das Fundament für seinen Aufstieg zu legen. Mit diesem Vorsatz deutete Ruppertus eine Verbeugung vor Sigismund an.
»Ich bringe Nachricht von der böhmischen Grenze. Dort sieht es nicht gut aus. Seine Heiligkeit kann mit Eurem Eifer, die Ketzer niederzuwerfen, nicht zufrieden sein.«
»Dann soll Seine Heiligkeit dem Herzog von Baiern, dem Erzherzog von Österreich und allen Kurfürsten des Reiches ans Herz legen, mich mit mehr als nur mit Worten zu unterstützen. Auch sollte er vielleicht selbst in seine Truhen greifen, die durch die Abgaben und Spenden der Gläubigen bis zum Rand
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