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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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geworden. Ihr war übel vor Hunger, und sie sehnte sich nach einem Bett, um sich gründlich auszuschlafen. Den letzten Gedanken schob sie sofort wieder beiseite, denn so viel Zeit blieb ihr einfach nicht. Während sie weiterritt, wurde die Angst immer größer, das Schicksal werde ihr ein Hindernis nach dem anderen in den Weg legen, bis sie schließlich scheiterte.
    Dieser Eindruck verfolgte sie noch, als sie den Ort erreichte. Sie wollte schon an die erste Tür klopfen, da sah sie im Schein des Mondes die Kirche mit dem Pfarrhaus und daneben einen Stall, aus dem das Stampfen von Hufen erscholl. Ihr Pferd war nach dem langen, harten Ritt völlig erschöpft, und so hoffte sie, es gegen ein frisches Tier eintauschen zu können.
    Vor dem Pfarrhaus hielt Marie an und stieg steifbeinig aus dem Sattel. Als sie ihr Pferd an einen Pfosten band, fühlte sie den Schaum um seine Nüstern und seufzte.
    »Bald kannst du dich ausruhen«, versprach sie dem Tier und streichelte seine schweißnasse Halspartie. Eine Weile blieb sie neben ihm stehen und begriff erst allmählich, dass sie im Begriff war, ihrer eigenen Schwäche zum Opfer zu fallen. Mit einem Ruck wandte sie sich ab und trat auf das Pfarrhaus zu. Licht, das hinter einem kleinen Fenster flackerte, zeigte an, dass noch jemand wach war.
    Marie warf einen Blick in den erleuchteten Raum und sah einen breit gebauten Mann in einer Soutane mit dem Rücken zu ihr an einem Tisch sitzen. Seinen Bewegungen nach schien er zu essen. Da sie völlig ausgehungert war, lief ihr bereits beim Gedanken an einen Napf voll Brei das Wasser im Mund zusammen. Daher trat sie rasch an die Tür und klopfte.
    »Wer da?«, vernahm sie.
    »Eine Reisende! Ich bin vom rechten Weg abgekommen, und mein Pferd ist erschöpft. Daher wollte ich fragen, ob ich es zurücklassen und ein anderes dafür bekommen könnte. Auch wäre ich dankbar für etwas zu essen!«
    Marie betete, dass der Priester sich beeilen würde. Wenn er sie hier vor der Tür stehenließ, während er fertigaß, verlor sie erneut wertvolle Zeit.
    Doch da näherten sich bereits Schritte. Einen Augenblick später wurde die Tür geöffnet, und der Priester sah heraus. »Komm herein, meine Tochter! Um das Pferd wird sich mein Stallmeister kümmern. Setz dich und iss! Ich gebe dem Mann Bescheid.«
    »Ich danke Euch, hochwürdiger Herr!« Marie knickste und spähte an dem Priester vorbei auf den Tisch. Dort standen vier Schüsseln. In einer lag ein fast völlig abgenagtes Brathähnchen, in einer weiteren befand sich Suppe, von der auch schon gegessen worden war, die dritte enthielt von fettigen Fingern zerfetztes Brot, und von dem Schweinebraten in der letzten Schüssel waren ebenfalls große Teile weggeschnitten worden. Dennoch erschien Marie der Braten noch am appetitlichsten. Sie schnitt sich eine Scheibe davon ab und löste von dem Brot ein Stück, das noch nicht vor Fett triefte. Sie hätte auch gerne etwas getrunken, aber es stand nur der Becher des Priesters auf dem Tisch, und der glänzte ebenfalls speckig.
    Da der Geistliche ausblieb, suchte Marie sich einen Becher und füllte ihn aus dem Krug, der auf der Anrichte stand. Als sie trank, wurde ihr klar, dass der Wein zu stark für sie war, denn er stieg ihr sofort zu Kopf. Mit einem gewissen Bedauern stellte sie den Becher auf den Tisch und sagte sich, dass das Wasser, das sie unterwegs aus Quellen geschöpft hatte, bekömmlicher für sie gewesen war.
    Da ihr Hunger noch immer nicht gestillt war, zupfte sie noch etwas Brot aus dem Innern des Laibes, denn das fette Fleisch widerte sie an. Es wunderte sie, dass ein gebildeter Mann wie dieser Priester sich beim Essen so benahm wie ein Schwein am Futtertrog. Irgendjemand musste ihm doch Tischmanieren beigebracht haben. Dann lachte sie über sich selbst. In wenigen Minuten würde sie auf ein frisches Pferd steigen, weiterreiten und den Mann bald vergessen haben.
    In dem Augenblick trat der Priester ein. »Mein Stallmeister sattelt gerade mein Ersatzpferd. Er hält es aber für besser als das deine und verlangt einen Aufpreis. Den wirst du mit ihm aushandeln müssen. Mit solch weltlichen Dingen habe ich nichts zu tun!«
    Marie entging nicht, dass der Mann ein überaus zufriedenes Grinsen aufgesetzt hatte, als würde er sich über etwas amüsieren.
    In ihrer Erleichterung, Hilfe bekommen zu haben, dachte sie nicht weiter darüber nach, sondern schluckte den letzten Bissen Brot hinunter. »Ich bin fertig und kann mit Eurem Stallmeister reden,

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