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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Fleischfetzen vom Knochen ab und warf ihn dem Wolf hin.
    »Hier, nimm! Du hast es wahrscheinlich nötiger als ich!« Danach drehte sie sich um und ging. Zwar wusste sie ihre Verfolger jetzt vor sich, doch sie glaubte nicht, dass diese sich irgendwo so lange aufhalten würden, dass sie zu ihnen aufschloss.
    Unterwegs riss sie zwei weitere Muscheln von ihrem Armband ab. Die Frist neigte sich dem Ende zu, und ihr Ziel schien unerreichbar fern. Sobald die Zeit abgelaufen war, galt sie tatsächlich als vogelfrei. Verzweiflung packte sie und Wut auf Sigismund, der sie hatte zwingen wollen, einen ihr völlig unbekannten Mann zu heiraten. Ihr Zorn richtete sich auch gegen Isabelle de Melancourt, die sie als Werkzeug benutzen wollte, ohne ihr die geringste Unterstützung zukommen zu lassen. Schließlich haderte sie sogar mit Michel, der einfach in den Krieg gezogen war, und mit Gott, der dies alles geschehen ließ, so als hätte er sich bereits vor langer Zeit von ihr abgewandt.
    Hufgetrappel riss Marie aus ihren Gedanken, und sie rannte blindlings los. Nach ein paar Schritten warf sie einen Blick über die Schulter und entdeckte zwei Nonnen zu Pferd.
    »Ihr Inquisitionskrähen bekommt mich nicht!«, rief sie keuchend und versuchte, zwischen dicht stehende Bäume zu fliehen.
    Da tauchten vor ihr zwei weitere Nonnen auf, und als Marie ihnen ausweichen wollte, prallte sie gegen eine weitere Klosterschwester. Noch während Marie nach ihrem Messer griff, um sich zu wehren, schlug die Ordensschwester zu und betäubte sie.

4.
    A ls Marie erwachte, hatte sie das Gefühl, jemand benutzte ihren Kopf als Trommel. Gleichzeitig war ihr übel. Mühsam öffnete sie die Augen und blickte sich um. Sie lag auf einem einfachen Bett in einer Kammer, deren Mauern aus nackten Steinquadern bestanden. Ich bin in einer Kerkerzelle gefangen, dachte sie erschrocken. Eine einzige Kerze in einem Halter an der Wand erhellte den Raum, der nur ein kleines, einer Schießscharte gleichendes Fenster aufwies, durch das frische Luft hereinströmte.
    Dann stellte sie fest, dass man sie gebadet, ihre Schrunden und Risse mit Salbe behandelt und ihre wunden Füße verbunden hatte. Nun steckte sie in der Tracht einer Nonne, doch das war auch eine Form von Gefangenschaft, zumindest in ihrer Situation.
    Jetzt haben sie mich, dachte sie, und ihr kamen die Tränen. Sie wischte sich diese jedoch resolut ab, denn sie war nicht gewillt, sich jetzt oder zu einer anderen Zeit diesem Schicksal zu ergeben.
    Als sie die Zelle genauer in Augenschein nahm, blieb ihr Blick an einem Wappen hängen, das in die Rückwand eingeschnitten war. Es zeigte ein Pferd, auf dem zwei Reiter saßen, und darunter befand sich ein Tatzenkreuz.
    Verwundert schüttelte Marie den Kopf. Das waren doch die Zeichen der Templer, eines Ordens, der bereits vor vielen Jahren von einem Papst aufgelöst worden war. Die meisten Mitglieder der Templer sollten in Frankreich als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden sein. Dann sagte sie sich, dass das Gemäuer uralt sein musste und das Wappen wohl noch aus früheren Tagen stammte. Möglicherweise hatte der schwarze Mönch es als Gefängnis für sie eingerichtet. Mit diesem Gedanken stand sie auf, ging zur Tür und fand sie wie erwartet verschlossen.
    »Ich bin tatsächlich gefangen«, flüsterte sie und überlegte, welche Möglichkeiten sie hatte, von hier zu fliehen. Solange sie nichts über diesen Ort wusste und über jene, die sie hier festhielten, konnte sie nichts anderes tun als abwarten.
    Marie setzte sich wieder auf ihr Lager und versuchte, das dumpfe Pochen in ihrem Kopf zu verdrängen. Nach einiger Zeit wurde die Tür geöffnet, und eine Nonne trat ein. Sie trug ein Tablett, auf dem ein Napf mit einem Eintopf und ein Löffel lagen. Außerdem standen ein Krug und ein Becher darauf. Eine zweite Nonne stand wachsam an der Tür, während ihre Mitschwester das Tablett auf einem kleinen Tisch abstellte.
    »Wer seid ihr? Was habt ihr mit mir vor?«, fragte sie die beiden.
    Sie gaben keine Antwort.
    »Glaubt mir bitte! Ich weiß nicht, weshalb die Inquisition mich verfolgen lässt. Ich habe nichts getan!«, fuhr Marie fort.
    »O doch, das habt Ihr, meine Liebe! Ihr habt dem Großinquisitor einen Korb gegeben, und das mag er gar nicht gerne«, sagte plötzlich jemand Drittes.
    Die Nonne an der Tür wich zur Seite und gab den Weg frei für Isabelle de Melancourt. Auf deren Zeichen hin verließ die andere Nonne ebenfalls den Raum, und die Äbtissin war

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