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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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diese Frau eine fürchterliche Feindin sein konnte.
    Doch sie interessierte sich weniger für theologische Spitzfindigkeiten als für ihre eigenen Probleme.
    »Wie lange bin ich bereits hier?«
    »Fast drei Tage. Ihr hattet hohes Fieber«, antwortete Isabelle.
    »Drei Tage?« Marie sprang so hastig auf, dass sie den Becher umstieß und das Wasser verschüttete. »Ich muss weiter! Die Frist ist fast abgelaufen.«
    »Das sollte Euch dort, wo Ihr hingeht, nicht mehr bekümmern. Ruht Euch aus. Morgen werden meine Schwestern Euch durch die Reihen der Häscher führen.«
    Isabelle lächelte immer noch, doch dieses Lächeln erreichte nicht die Augen. Diese wirkten kalt, fast wie glitzerndes Eis, und Marie spürte den unbändigen Willen der Frau, ihr Ziel zu erreichen. Darin waren sie beide sich ähnlich. Dabei erschien es ihr mit einem Mal um einiges einfacher, trotz streifender Kriegsscharen nach Böhmen zu reisen und nach Michel zu suchen, als die Macht der katholischen Kirche zu stürzen.

5.
    R uppertus’ Wut kannte keine Grenzen. Seit Tagen durchstreifte er mit Hettenheim und seinen Kriegern das Waldgebirge, aber niemand, dem er begegnete, hatte eine Frau gesehen, auf die Maries Beschreibung zutraf. Mittlerweile reichte es ihm nicht mehr, den Leuten Fragen zu stellen und auf deren guten Willen bei der Antwort zu hoffen.
    Als sie tief in der Nacht das nächste Gehöft erreichten, gab der Inquisitor Eberhard einen Wink. Für das, was jetzt kam, war der Unteroffizier ein besserer Helfer als der Graf, der sich bei aller Roheit noch einen gewissen Ehrenkodex bewahrt hatte. Allerdings wagte Hettenheim es nicht, seinen Befehlen zu widersprechen. Auch jetzt sah der Graf reglos zu, wie seine Soldaten die Haustür einschlugen und die Bewohner ins Freie zerrten.
    »Entzündet Fackeln, damit ich etwas sehen kann!«, befahl Ruppertus und wandte sich an den Bauern. »Ich suche eine allein umherstreunende Frau. Sie muss hier durchgekommen sein.«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Euer Exzellenz, hier ist keine solche Frau vorbeigekommen. Die hätte ich sehen müssen, denn ich habe gestern und heute auf dem Feld gearbeitet. Mein Knecht war dabei und meine Älteste. Einem von uns wäre eine Wanderin aufgefallen.«
    Mit dieser Antwort gab Ruppertus sich nicht zufrieden. Sein suchender Blick fand einen Ochsenkarren. »Bindet ihn an ein Rad und sorgt dafür, dass er ein wenig gesprächiger wird!«
    Eberhard klatschte voller Vorfreude in die Hände und holte sich eine Mistgabel aus dem Stall. »Keine Sorge, Euer Exzellenz! Der Mann wird sprechen – und wenn es das Letzte ist, was er in seinem Leben tut!«, sagte er und trat zu dem Bauern, der eben von mehreren Kriegern bäuchlings an das Rad gefesselt wurde.
    »Noch hast du Zeit zum Reden, Schollenbrecher«, spottete er und holte mit dem Gabelstiel aus.
    »Ich habe keine umherziehende Frau gesehen!« In der Stimme des Bauern schwang Angst, aber auch eine gewisse Sturheit mit, denn er hatte die Wahrheit gesagt.
    »Bitte, Euer Exzellenz! Ihr habt doch nichts davon, wenn ich jetzt sage, ja, ich habe sie gesehen und sie ist da und dahin gegangen. Ihr würdet dann doch nur der falschen Spur folgen. Ihr …« Zu mehr kam der Mann nicht, denn auf ein fast unmerkliches Nicken von Ruppertus schlug Eberhard zu.
    Der Bauer stieß einen erstickten Schrei aus, versuchte, den unterbrochenen Satz zu Ende zu führen, und erhielt den nächsten Schlag. Da Eberhard seine ganze Kraft einsetzte, knirschten die Knochen des Mannes, und man konnte seine Rippen brechen hören.
    Die Frau und die Tochter des Bauern eilten auf Ruppertus zu, knieten vor ihm nieder und fassten nach seinem Steigbügel. »Euer Exzellenz, wir bitten Euch, übt Gnade! Hier ist wirklich kein einzelnes Weib vorbeigekommen.«
    Ruppertus blickte auf die beiden hinab und gab Eberhard den Befehl, weiterzumachen. In das entsetzte Kreischen der Bäuerin und ihrer Tochter mischten sich nun die Schmerzensschreie des Bauern, den Schlag um Schlag traf, bis er verstummte und regungslos in den Fesseln hing.
    Ein Eimer kalten Wassers brachte ihn wieder zu Bewusstsein. »Und wenn Ihr mich totschlagen lasst, ich habe keine Frau gesehen!«, sagte er stöhnend.
    Ärgerlich wandte Hettenheim sich an Ruppertus. »Der Mann weiß wirklich nichts!«
    »Er muss sie gesehen haben!«, kanzelte Ruppertus den Ritter ab und musterte den Geschundenen mit einem Blick, als könne er damit alle Geheimnisse aus ihm herausreißen. »Hast du sonst etwas gesehen, andere

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